Fraunhofer: Dieses 3D-Druckverfahren ist achtmal schneller
Forscher des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik haben mit einem Industriepartner ein Highspeed-3D-Druckverfahren entwickelt. Das ist nicht nur achtmal schneller als herkömmlicher 3D-Druck, sondern kann auch Standard-Kunststoffgranulat verarbeiten.
Der 3D-Druck ist innovativ, weil er neue Produkte und Fertigungsansätze ermöglicht, aber auch noch recht teuer und vor allem zu langsam für die Industrie. Hier gilt es, große Stückzahlen in möglichst kurzer Zeit zu wettbewerbsfähigen Kosten herzustellen. Forscher des Fraunhofer-Instituts für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik IWU tüfteln seit einiger Zeit an 3D-Druckverfahren. Der Durchbruch gelang ihnen mit SEAM, dem industriellen Highspeed-3D-Druck für Hochleistungskunststoffe.
SEAM, Screw Extrusion Additiv Manufacturing, macht das herkömmliche Druckverfahren nicht nur achtmal schneller, sondern lässt auch die Verwendung von preisgünstigem Standard-Kunststoffgranulat zu. Das SEAM-System besteht aus einer extrusionsbasierten Plastifiziereinheit und einem sogenannten Hexapod. Diese sechsarmige Steuerungsmaschine liegt auf einem Drucktisch aus Metall auf. Das spezielle Bewegungssystem bietet innerhalb des 3D-Druckverfahrens eine hohe Dynamik und geringe bewegte Massen. Deshalb lässt es sich besonders genau positionieren und fährt auch Bahnen ebenso präzise ab. Das Besondere daran: Es ist als Komplettsystem nutzbar und die einzelne Plastifiziereinheit auch in andere Maschinen und Anlagen integrierbar.
Highspeed-3D-Druck kann Standard-Material verarbeiten
Der Druckprozess mit dem SEAM-Komplettsystem funktioniert wie folgt: Das Kunststoffgranulat wird über eine modifizierte Extrusionsschnecke in den Extruder eingezogen und dort plastifiziert. Das kann bei Geschwindigkeiten von bis zu einem Meter pro Sekunde erfolgen. Daraus entsteht Kunststoffschmelze, die im Anschluss auf der Bauplattform abgelegt wird. Da hier mit Parallelkinematik gearbeitet wird, lässt sich die Bauplattform in der X-, Y-, und Z-Achse kippen und in diesen Positionen auch unter der Düse der Plastifiziereinheit entlangbewegen. Das Ergebnis: Die zuvor programmierte Bauteilform kann nahezu stützstrukturfrei in einem realen 5-Achs-3D-Druckprozess hergestellt werden. Damit ist auch die Fertigung großvolumiger, belastbarer Bauteile möglich.
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Im SEAM-Verfahren ist es möglich, rieselfähiges und preisgünstiges Standard-Kunststoffgranulat zu verarbeiten. Die Materialkosten sinken damit um das bis zu 200-fache, im Vergleich zum klassischen Fused-Layer-Modeling (FLM)-Verfahren, bei dem nur teures Filament verarbeitet werden kann. Das Team am Fraunhofer IWE hat bereits verschiedene Kunststoffe getestet, unter anderem thermoplastische Elastomere, Polypropylene und auch Polyamid-6 mit 40% Kohlenstofffaseranteil.
Metrom GmbH testet den Highspeed-3D-Druck in der Fertigung
Den Einsatz in anderen Maschinen und Anlagen testeten die Forscher des Fraunhofer IWU in enger Zusammenarbeit mit der Metrom Mechatronische Maschinen GmbH aus Hartmannsdorf in Sachsen. Metrom integriert den Druckkopf wie ein Werkzeug in die eigenen Maschinen. Zusätzlich entwickelte das Unternehmen ein Schnellwechselsystem. Damit ist es möglich, automatisch zwischen Druck und mechanischer Bearbeitung zu wechseln. „Mit der Integration von Zusatzprozessen in unsere Bearbeitungsmaschinen haben wir bei Metrom schon vor über zehn Jahren begonnen. Die neueste Entwicklung ist die Integration der von Fraunhofer patentierten SEAM-Extrusionseinheit“, sagt Susanne Witt, Geschäftsführende Gesellschafterin der Metrom GmbH. „Bei dem Verfahren wird Kunststoffgranulat aufgeschmolzen, um großvolumige Bauteile zu drucken. Danach können wir die gedruckten Strukturen auf der gleichen Maschine spanend nachbearbeiten, um die Oberflächenqualität zu erhöhen sowie Details und Funktionsflächen auszubilden. Die großen Vorteile des SEAM-3D-Drucks liegen dabei auch in der Möglichkeit, dem Grundmaterial Zusatzstoff beizugeben, sowie in der hohen Belastbarkeit und der Vakuumdichtheit der Bauteile“, so Witt.
Martin Kausch, Abteilungsleiter für Systeme und Technologien für textile Strukturen am Fraunhofer IWU erklärt: „Wir entwickeln gemeinsam mit unseren Forschungspartnern aus der Schweiz und der Kunststofftechnik Weißbach GmbH den Prozess für die Verarbeitung des Massenkunststoffes Polypropylen weiter, um große Kunststoffstrukturen beispielsweise für Anwendungen im Bauwesen oder Trink- und Abwasserbereich individuell und effizient im 3D-Druck zu fertigen.“
Bessere Wirtschaftlichkeit für zahlreiche Branchen dank Highspeed-3D-Druck
Von dem SEAM-Verfahren profitieren besonders die Luftfahrt- und Automobilindustrie sowie die Möbelproduktion. Denn es geht nicht nur um schnelle und günstige Herstellungsverfahren, sondern auch darum, die neuen Anwendungsfälle, die sich ergeben, adäquat umzusetzen. Susanne Witt sieht darin auch die Möglichkeit, in der Vor- und Großserie eine bessere Wirtschaftlichkeit zu erreichen. Das von ihr geführte Unternehmen gibt es seit 2001 und stellt Werkzeugmaschinen auf Basis einer patentierten Kinematik her.
Das gemeinsame Projekt wurde ermöglicht durch eine Förderung aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und Landesmitteln des Freistaates Sachsen.
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