Mini-Reaktor aus 3D-Druck kann Krankheiten erkennen
Günstig und schnell hergestellt, könnte der Mini-Reaktor der MIT-Forschenden ein echter Durchbruch sein. Denn das mikrofluidische Gerät kann Flüssigkeiten transportieren, chemische Reaktionen auslösen, Krankheiten erkennen und Substanzen analysieren.
In der Mikrofluidik geht es darum, Flüssigkeiten in kleinsten Mengen sowie in winzigen Kanälen und Netzwerken exakt zu steuern und gleichzeitig ihre Wirkung zu analysieren. Komponenten aus der Mikrofluidik kommen in der Medizintechnik, Biotechnologie, Prozesstechnik, Sensortechnik und auch bei Konsumgütern zum Einsatz. Will man auf diese Art und Weise chemische Reaktionen auslösen und beobachten, sind dafür miniaturisierte Maschinen notwendig. Normalerweise werden diese in einem Reinraum hergestellt. Die Heizelemente bestehen in der Regel aus Gold oder Platin. Insgesamt ist der Herstellungsprozess deshalb teuer und kompliziert.
Roboterhand mit Knochen, Sehnen und Bändern aus dem 3D-Drucker
Genau hier setzte eine Forschergruppe des MIT an. Sie stellten die Mini-Maschinen im Multimaterial-3D-Druck her – und zwar schon mit eingebauten Heizelementen. Diese Geräte können Flüssigkeiten auf eine bestimmte Temperatur erhitzen. Zugleich ist ihre Technik so anpassbar, dass sich die Flüssigkeit nur in einem bestimmten Bereich des Geräts erhitzt, eine gewisse Temperatur erreicht wird oder ein festgelegtes Heizprofil möglich ist. Das neue Verfahren senkt die Herstellungskosten erheblich. Nach Angaben der Forschenden kostet ein Mini-Gerät rund zwei US-Dollar.
Mini-Reaktor lässt sich mit einstufigem Druckverfahren produzieren
„Insbesondere Reinräume, in denen man diese Geräte normalerweise herstellt, sind in Bau und Betrieb unglaublich teuer. Aber wir können mithilfe der additiven Fertigung sehr leistungsfähige selbsterhitzende Mikrofluidgeräte herstellen, und zwar sehr viel schneller und kostengünstiger als mit diesen herkömmlichen Methoden. Dies ist wirklich eine Möglichkeit, diese Technologie zu demokratisieren“, sagt Luis Fernando Velásquez-García, leitender Wissenschaftler in den Microsystems Technology Laboratories (MTL) des MIT. Aus diesem Grund sehen die Forschenden in ihrer Entwicklung auch besonderes Potenzial für den Einsatz in abgelegenen Regionen von Entwicklungsländern. Denn in solchen Gegenden ist teure Laborausrüstung nicht verfügbar.
Und so funktioniert die Herstellung im Detail: Bei dem Multimaterial-Extrusions-3D-Druck können mehrere Materialien durch verschiedene Düsen des Druckers gespritzt werden. So baut sich Schicht für Schicht ein Gerät auf und am Ende entsteht in einem Schritt, ohne Nachmontage, ein fertiges, selbsterhitzendes mikrofluidisches Gerät. Als Materialien nutzten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen ein biologisch abbaubares Polymer, konkret die Polymilchsäure (PLA) und eine modifizierte Version der PLA. Der modifizierten PLA mischten die Forschenden noch Kupfer-Nanopartikel bei, um einen elektrischen Leiter herzustellen. So wird unter Hinzugabe von Strom Wärme erzeugt. Zusätzlich fertigten die Forschenden einen Heizwiderstand aus kupferdotierter PLA und druckten in einem Schritt gleich das Gerät direkt darauf. Durch das gleiche Material der Komponenten weisen sie ähnliche Drucktemperaturen auf und sind entsprechend kompatibel.
Erster Prototyp des Mini-Reaktors
Ebenfalls aus dem 3D-Drucker stammt eine dünne, durchgehende Schicht PLA, die zwischen Widerstand und Mikrofluidik liegt. Diese muss extrem dünn sein, damit die Wärme vom Widerstand auf die Mikroflüssigkeit übertragen werden kann. Aber sie darf auch nicht zu dünn sein, dass Flüssigkeit in den Widerstand eindringen kann. Ebenfalls wichtig: Das PLA-Material muss transparent sein, damit die Flüssigkeit im Gerät zu sehen ist. Das von den Forschenden hergestellte mikrofluidisches Gerät hat Kanäle die etwa 500 Mikrometer breit und 400 Mikrometer hoch sind. Es kann in wenigen Minuten produziert werden.
Mithilfe des einstufigen Herstellungsprozesses haben die Forschenden bereits einen Prototyp hergestellt. Dieser erwärmte die Flüssigkeit während des Fließens um vier Grad Celsius. „Mit diesen beiden Materialien können Sie chemische Reaktoren bauen, die genau das tun, was Sie erreichen möchten. Wir können ein bestimmtes Heizprofil einrichten und dabei weiterhin alle Möglichkeiten der Mikrofluidik nutzen“, sagt Velásquez-García. Hinsichtlich der Temperatur gibt es aufgrund der Materialeigenschaften aber auch Grenzen: PLA hält Temperaturen bis etwa 50 Grad Celsius aus. Chemische Reaktionen, zum Beispiel für PCR-Tests, erfordern aber Temperaturen von 90 Grad und mehr. Um die Temperatur im Gerät präzise steuern zu können, wäre ein drittes Material notwendig.
MIT-Forschende entwickeln weitere Lösungsansätze
Die Forschenden haben auch schon eine Idee, wie sie diese Grenzen beseitigen können: Magnete könnten die Lösung sein. Sie ermöglichen chemische Reaktionen, die die Partikel sortieren und ausrichten können. Zugleich forschen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch schon an anderen passenden Materialien. Dafür wollen sie aber zuerst die PLA besser verstehen, vor allem, die Zusammenhänge der elektrischen Leitfähigkeit innerhalb des Materials.
Die Möglichkeit, mikrofluidische Chips mit Fluidkanälen und elektrischen Merkmalen gleichzeitig direkt zu drucken, eröffne sehr spannende Anwendungen bei der Verarbeitung biologischer Proben, etwa zur Verstärkung von Biomarkern oder zum Betätigen und Mischen von Flüssigkeiten. Auch implantierbare Anwendungen seien nach Ansicht der Forschenden vorstellbar, bei denen sich Chips mit der Zeit auflösen und resorbieren.
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