Neue Möglichkeiten für Soft-Robotik 22.11.2023, 10:34 Uhr

Roboterhand mit Knochen, Sehnen und Bändern aus dem 3D-Drucker

Dank einer neuen Laser-Scanning-Technologie können Forschende nun spezielle Kunststoffe, die sich durch eine aussergewöhnliche Elastizität auszeichnen, im 3D-Druckverfahren verarbeiten. Diese Entwicklung ermöglicht die Herstellung von menschenähnlichen Strukturen und eröffnet der Soft-Robotik völlig neue Perspektiven.

Skelett 3D-Druck

Erstmals lassen sich Sehnen, Bänder und Knochen einer Roboterhand aus verschiedenen Materialien in einem 3D-Druckgang herstellen.

Foto: ETH Zürich

Auf den ersten Blick sehen sie aus wie menschliche Skeletthände, doch in Wirklichkeit handelt es sich um einen Roboter aus dem 3D-Drucker. Einem Forschungsteam der ETH Zürich und einem amerikanischen Start-up-Unternehmen ist es erstmals gelungen, mit einer Kombination unterschiedlich schnell aushärtender Kunststoffe Handstrukturen nachzubilden, die menschlichen Knochen, Bändern und Sehnen ähneln. Diese Technologie könnte die Entwicklung von Soft Robots vorantreiben, die beispielsweise geschickt mit zerbrechlichen Gegenständen umgehen können. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht.

Erstmals können langsam härtende Kunststoffe verwendet werden

Der 3D-Druck hat bedeutende Fortschritte erzielt, insbesondere durch die erweiterte Materialvielfalt. Neu entwickelte, langsam härtende Kunststoffe ergänzen nun die bisher vorherrschenden schnell härtenden Varianten. Diese neuen Kunststoffe bieten wesentliche Vorteile wie verbesserte Elastizität, Langlebigkeit und Robustheit.

So ist es nun laut Forschungsteam möglich, in nur einem 3D-Druckvorgang komplexe, widerstandsfähige Roboter aus verschiedenen hochwertigen Materialien zu fertigen. Diese Methode erlaubt auch die problemlose Kombination von weichen, elastischen und festen Materialien. Darüber hinaus können Forschende komplexe Teile mit Hohlräumen und filigranen Strukturen erstellen.

So funktioniert die neue Methode

Um den Einsatz langsam härtender Kunststoffe im 3D-Druck zu ermöglichen, modifizierte das Forschungsteam der ETH Zürich unter Thomas Buchner den Druckprozess. Gewöhnlich wird jede Schicht aus zähflüssigem Kunststoff durch eine UV-Lampe gehärtet, gefolgt von einem Abstreifer, der für eine glatte Oberfläche sorgt, bevor die nächste Schicht aufgetragen wird. Langsam härtende Polymere wie Thiolene und Epoxide sind jedoch zu diesem Zeitpunkt noch zu flüssig und würden den Abstreifer verkleben.

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Als Lösung ersetzte Buchners Team den Abstreifer durch einen 3D-Laser-Scanner. Dieser überprüft jede gedruckte Schicht auf Unebenheiten und korrigiert diese automatisch in der folgenden Schicht. So wird beispielsweise eine hervorstehende Erhöhung in der ersten Schicht durch eine entsprechende Vertiefung in der nächsten Schicht ausgeglichen.

„Ein Feedback-​Mechanismus gleicht diese Unebenheiten beim Druck der nächsten Schicht aus, indem er in Echtzeit punktgenau nötige Anpassungen der zu druckenden Materialmengen berechnet“, erklärt Wojciech Matusik, Professor am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in den USA und Mitautor der Studie. Für die Entwicklung der neuen Drucktechnologie war die Firma Inkbit, ein Spin-​off des MIT verantwortlich.

Fast menschliche Roboterhand

Die Entwicklung des Züricher Forschungsteam ermöglicht es, schnell und langsam härtende Kunststoffe im 3D-Druck zu kombinieren. Dadurch können Objekte mit präzisen Hohlräumen und filigranen Strukturen erstellt werden, die besonders in der Robotik Anwendung finden. Das Forschungsteam um Buchner hat bereits eine Reihe komplexer Verbundsysteme und Roboter mit hoher Auflösung produziert.

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Ein Beispiel dafür sind die menschenähnlichen Roboterhände auf dem Foto. Sie imitieren menschliche Knochen, Sehnen und Bänder. Die Nachbildung der Bänder wurde erst durch den Einsatz von langsam aushärtenden Thiolen-Polymeren möglich. Roboter aus weichen Materialien, wie die von uns entwickelte Hand, haben Vorteile gegenüber herkömmlichen Robotern aus Metall: Weil sie weich sind, sinkt die Verletzungsgefahr, wenn sie mit Menschen zusammenarbeiten, und sie eignen sich besser für den Umgang mit zerbrechlichen Gütern“, erklärt Buchners Kollege Robert Katzschmann.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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