BIM: Digitalisierung der Bauwirtschaft legt einen Zahn zu
Die virtuelle Realität hält Einzug in der Bauwirtschaft. Das neue Zauberwort in der Baubranche heißt BIM und steht für Building Information Modeling oder Gebäudedaten-Modellierung. Diese moderne Planungs- und Arbeitsmethode beim Bauen integriert seit jüngstem auch Virtual-Reality-Fähigkeiten.
Architekten und Baufirmen arbeiten schon länger mit computerisierten 3D-Modellen – die Londoner Crossrail, das derzeit größte Infrastrukturprojekt in Europa, ist ein Paradebeispiel dafür. Mit Hilfe von Virtual Reality Headsets wird es nun aber sogar möglich einen 360-Grad- Rundum-Blick in den lebensnahen virtuellen Gebäuden zu bekommen. Es ist damit auch möglich mit Kollegen auf der anderen Seite der Welt, die ebenfalls ein VR-Headset tragen, zu kommunizieren und in Echtzeit über Änderungen oder Anpassungen zu sprechen.
Die in San Francisco ansässige Vizerra hat jüngst sowohl die „Gamification“, das ist die Anwendung spieltypischer Elemente und Prozesse in spielfremdem Kontext, sowie Virtual-Reality-Eigenschaften in ihre neuesten Gebäudedaten-Modellierungs-Produkte eingebaut.
Ein Haus erst digital bauen
Wie in einem Video-Spiel können sich Architekten und Bauherren in 3D-Modellen mit Hilfe von VR-Headsets bewegen und in eine virtuelle Welt eintauchen. Die 3D-Visualisierung in Virtual-Reality-Systemen macht es damit möglich, ein Haus zuerst digital zu bauen. Profis und Laien können das digitale Modell bereits in der Planungsphase prüfen. Strukturelle und projektrelevante Probleme und Fragen können in diesem Prozess schnell identifiziert werden, so dass das Haus dann quasi fehlerfrei gebaut werden kann.
Nach Aussagen von Experten haben 3D-Visualisierungen diverse Vorteile gegenüber klassischen 2D-Bauzeichnungen. Dazu gehört beispielsweise, dass sie auch für Laien verständlich sind. Unabhängig von ihrer Vorbildung können sich die Betrachter vorstellen, wie ein Bau nach der Fertigstellung aussehen wird und wie sich dieser Bau in sein Umfeld einfügt. Baupläne zu lesen, das heißt wirklich zu verstehen, ist den meisten Menschen hingegen nicht gegeben.
Hohe Kosteneinsparungen
Ein weiterer Vorteil liegt in hohen Kosteneinsparungen. Nach Aussagen von Vizerra können Kunden bis zu 40 % der abzurechnenden Zeit einsparen. Das liegt daran, dass Fehler – beispielsweise inadäquate Beleuchtung oder die ungünstige Platzierung von Säulen – schon vor Baubeginn entdeckt werden können. Üblicherweise werden derartige Entscheidungen erst während der Bauphase getroffen, was unweigerlich zu Verzögerungen und zu Kostensteigerungen führt. „In den meisten Bauprojekten werden rund 30 Prozent des Gesamtbudgets für die Korrektur von Fehlern, die in der Design-Phase nicht sichtbar sind, ausgegeben“, erläutert Arman Gukasyan, Chief Executive von Revizto, einem ebenfalls auf diesem Gebiet tätigen Unternehmen. „Wir wollen eine umwälzende Technologie bieten, die zeigt, wie die Spiele-Technologie auch in anderen Branchen Einzug finden kann“, betont Gukasyan.
Andere große Anbieter in diesem wachsenden Markt sind AutoCAD, Revit und Vectorworks Architect. Das Marktforschungsunternehmen Research & Markets prognostiziert, dass dieser Markt schon 2022 einen Wert von weltweit mehr als 12 Milliarden Dollar erreichen dürfte.
Bundesregierung setzt auch auf BIM
Auch in Deutschland ist das digitale Bauen inzwischen ein wichtiges Thema. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt stellte jüngst einen Stufenplan zur schrittweisen Einführung der digitalen Planungsmethode bei Infrastrukturprojekten und anderen großen Bauvorhaben vor. Nach einer aktuellen Studie des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO ist die Baubranche in der Praxis aber von der durchgängigen digitalen Prozesskette noch weit entfernt. BIM kommt bisher vorwiegend nur in wenigen Großprojekten zum Einsatz. Die meisten Büros arbeiten bislang – nicht zuletzt aufgrund der hohen Softwarekosten – noch mit 2D-Dateien und Papierplänen. Experten rechnen aber damit, dass die Zukunft des Bauens digital ist und es schon bald bei öffentlichen Aufträgen zu einschlägigen gesetzlichen Vorschriften kommen wird.
Eine Mammutaufgabe hat sich Singapur vorgenommen: Im Projekt „Virtual Singapore“ werden sämtliche Gebäude, die Infrastruktur und nahezu alle Lebensaspekte bis hin zu jedem einzelnen Baum visualisiert und dann als interaktive 3D-Reproduktion angezeigt. Mehr über den digitalen Zwilling des Stadtstaates finden Sie hier.
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