Deutsche Ingenieure wollen Weltkulturerbe Pompeji retten
Die Ruine der antiken Stadt Pompeji ist vom Einsturz bedroht: Verwitterung und 2,5 Millionen Touristen bedrohen die Stadt. Jetzt will ein internationales Forscherkonsortium Techniken entwickeln, mit der die Zerstörung der Stadt aufgehalten werden kann.
Die Tragödie der Stadt Pompeji geht zurück in das Jahr 79. Am 24. August explodierte der Gipfel des Vulkans Vesuv, eine riesige schwarze Wolke stieg aus seinem Trichter. Die Bewohner der nächstgelegenen Stadt Herculaneum wurden unter Schlamm, Lava und Wasserfluten begraben. Nicht besser erging es den Menschen in Pompeji. Alle, die nicht rechtzeitig flohen, starben an tödlichen Phosphordämpfen oder wurden von Gesteinsbrocken erschlagen. Am Ende des Tages wurde eine sieben Meter hohe Schicht aus Asche und Bimsstein zu ihrem Grab.
Diese Tragödie wurde für die Archäologie zu einem Glücksfall: Über Jahrhunderte schlummerte die antike Stadt am Golf von Neapel verschüttet in ihrem Grab und überdauerte so 1500 Jahre. Erst um 1600 erblickte sie wieder das Tageslicht, als Arbeiter bei Entwässerungsarbeiten auf ihre Überreste stießen. Dann begann der archäologische Run: Bis Ende der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts legten Forscher gut zwei Drittel des antiken Stadtgebietes frei. Von Wäschereien bis zu Bordellen ist alles erhalten. Das lockt Menschen an: Über zweieinhalb Millionen Touristen tummeln sich jährlich in den Ruinen.
Immer mehr freigelegte Gebäude sind vom Einsturz bedroht
Mittlerweile ist die Stadt ein zweites Mal in Gefahr: Mauern, Fresken und Mosaike halten der Witterung nicht länger stand. Teilweise stürzen mühsam freigelegte Gebäude ein. „Das tut uns in der Seele weh“, sagt Dr. Ralf Kilian vom Holzkirchener Fraunhofer-Institut für Bauphysik (IBP). Der Restaurator legte gemeinsam mit dem Archäologen Dr. Albrecht Matthaei im Jahr 2012 den Grundstein für das Pompeji Sustainable Preservation Project, das die Ruinen schützen soll. „Zwar wird in Pompeji beständig restauriert, doch fordert allein schon die schiere Größe der Stadt immer wieder neue Anstrengungen, wenn man dauerhaft und nachhaltig im gesamten Gebiet der Stadt konservatorisch arbeiten will.“
Fraunhofer Forscher wollen neue Restaurierungsmaterialien entwickeln
Gemeinsam mit internationalen Partnern und Behörden vor Ort wollen die Fraunhofer Forscher eine nachhaltige Lösung für den Schutz des Weltkulturerbes finden. Vor Ort sollen nicht nur Archäologen und Restauratoren den Ton angeben, sondern auch Naturwissenschaftler und Techniker. „Wir wollen beispielsweise bestehende Restaurierungsmaterialien wie Mörtel dahingehend optimieren, dass sie mit dem Originalmaterial kompatibel und länger haltbar sind“, erklärt Kilian im Gespräch mit ingenieur.de. „Das macht unter anderem mikroskopische Analysen des Originalmörtels vor Ort notwendig.“ So ließen sich Mauern und Gebäude vor dem Einsturz bewahren, ohne dabei ihr Aussehen zu verändern.
Ist die Erste Hilfe geschafft, geht es im zweiten Schritt darum, die Stadt vor Wind und Wetter zu schützen. „Die sogenannte Präventive Konservierung ist ein recht junger Zweig der Restaurierung“, sagt Kilian weiter. „Wir wollen ein Konzept entwickeln, das die Installation von Schutzdächern und Wasserableitungen vorsieht. Denkbar ist auch die lokale Temperierung sensibler Bereiche in den antiken Bauten.“ Die Wissenschaftler packen ihren Werkzeugkoffer für diese Aufgaben mit hochmodernen Instrumenten: unter anderem mit Geoinformationssystemen und 3D-Laserscannern.
Projekt ist auf zehn Millionen Euro Förderhilfe angewiesen
Doch bevor es an die Rettung geht, ist das Forschungskonsortium auf Geld von Sponsoren angewiesen. „Das Projekt steht und für den Start haben wir vom Vorstand der Fraunhofer-Gesellschaft eine Anschubfinanzierung erhalten. Nun suchen wir nach Geldgebern, die uns in den kommenden zehn Jahren das für die Umsetzung unseres Vorhabens notwendige Budget in Höhe von zehn Millionen Euro zur Verfügung stellen“, erklärt Kampagnenleiterin Nina Martens. „Mit einer ehrgeizigen Fundraising-Strategie möchten wir Förderer für das Projekt gewinnen, deren Herz ebenfalls für den Erhalt dieses unwiederbringbaren Zeugnisses abendländischer Kultur schlägt.“
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