Die High Line in New York – einst Hochbahntrasse, nun Park und Vorbild
Die High Line war einst eine Hochbahntrasse und ist heute ein blühender Park. Und dazu noch eine der beliebtesten Touristenattraktionen New Yorks. Im Jahr 2024 feierte das Projekt sein 15-jähriges Bestehen und hat weltweit zahlreiche Nachahmer inspiriert.
Fast wäre der Park auf der New Yorker High Line nie entstanden. Der Abriss der verfallenen Hochbahntrasse im Südwesten Manhattans war bereits beschlossen. Doch Joshua David und Robert Hammond gaben nicht auf. Die beiden Nachbarn trafen sich 1999 bei einem Gemeindetreffen, bei dem die meisten für den Abriss waren. „Ich blieb danach noch da und suchte jemanden, der die High Line auch retten wollte“, erinnert sich Hammond. „Es gab niemanden, außer dem Typen neben mir. Er sagte, er heiße Josh.“ Aus dieser Begegnung wurde ein blühendes Erfolgsprojekt. Doch beginnen wir am Anfang der Geschichte.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte der High Line
Die Hochbahntrasse wurde 1934 gebaut, um Güterzüge direkt in die oberen Stockwerke der Fabriken und Lagerhäuser an Manhattans Westseite zu liefern. Die Strecke erstreckte sich ursprünglich über 21 Straßenblocks von der 34th Street bis zur St. John’s Park Freight Terminal in der Spring Street.
Mit der zunehmenden Nutzung von Lastwagen wurde die Strecke immer weniger befahren. In den 1960er Jahren wurde der südliche Abschnitt der High Line zwischen Gansevoort Street und Clarkson Street abgerissen. Übrig blieben das St. John’s Park Terminal und ein kurzes Teilstück durch das ehemalige Bell Telephone Laboratories-Gebäude, das heute die Westbeth Artists Community beherbergt.
1980 fuhr der letzte Zug über die High Line, beladen mit gefrorenen Truthähnen. Danach verfiel die Trasse, und die umliegenden Viertel wurden von der stinkenden Fleischindustrie, Müllbergen, Straßenstrich, Kriminalität und Drogen geprägt. Kurz gesagt: Die Strecke wurde zu einem Schandfleck von New York und sollte schnellstmöglich verschwinden. Doch da haben die Stadtväter ihre Rechnung ohne Joshua David und Robert Hammond.
David und Hammond entwickeln eine Vision
David und Hammond entwickelten eine neue Vision: Die High Line sollte ein Park werden. Inspiriert wurden sie von der Promenade Plantée in Paris, die in den 1990er Jahren im 12. Arrondissement vom Place de la Bastille bis zum Boulevard périphérique entstand. Die beiden setzten sich gegen den Abriss zur Wehr, gewannen prominente Unterstützer wie Schauspieler Edward Norton und Designerin Diane von Fürstenberg und sammelten Millionen.
Ihr Einsatz zahlte sich aus. Am 8. Juni 2009 wurde das erste Teilstück der High Line als Park eröffnet und wurde sofort ein großer Erfolg. Dieses Projekt veränderte das städtebauliche Denken weltweit und inspirierte viele ähnliche Projekte, über die Sie später mehr erfahren werden.
Die High Line wurde ständig erweitert
Nach der Eröffnung des südlichen Teils der High Line im Jahr 2009 folgte 2014 der nördliche Abschnitt. 2019 wurde der letzte Seitenabstecher, „The Spur“, renoviert und 2023 durch eine neu gebaute Trasse mit dem Bahnhof Penn Station verbunden. Die alten Schienen sind vielerorts erhalten geblieben, aber zwischen ihnen blühen jetzt Astern, Petunien und Goldruten. Wege und Bänke laden auf den rund 2,5 Kilometern zu Panoramablicken auf das Empire State Building und die Freiheitsstatue ein.
Es gibt Essensstände, Führungen durch die Blumenbeete, kostenlose Sportkurse, gemeinsames Sterne-Gucken, Konzerte und Angebote für Kinder. Der Unterhalt des Parks, der mehrere Millionen Dollar pro Jahr kostet, wird durch Spenden und städtische Zuwendungen finanziert. „Wir haben eine neue Art und Weise geschaffen, wie man in New York und überall sonst über öffentlichen Raum nachdenkt“, sagt Gründer David.
Kunst und Wandel auf der High Line
Die High Line bietet viel Kunst mit ständig wechselnden Installationen und Werken, die oft speziell für diesen Ort geschaffen werden. Dies hält auch das Interesse der New Yorker lebendig. Zu den beeindruckenden Kunstwerken gehörten eine Freiheitsstatue mit Comic-Gesicht von Paola Pivi, ein pinkfarbener Baum von Pamela Rosenkranz und ein interaktives Werk von Julia Phillips. Phillips montierte ein Fernglas auf die High Line, das mit Kameras verbunden war, sodass auf einem Bildschirm daneben die Augen desjenigen zu sehen waren, der gerade durch das Fernglas schaute.
Mehr als sieben Millionen Menschen besuchen jährlich die High Line. An sonnigen Tagen kommt es fast zu einem Dauerstau. Die High Line hat auch die umliegenden Viertel stark verändert. Der Meatpacking District und Chelsea, wo die High Line beginnt und entlangführt, haben sich zu begehrten Szenevierteln entwickelt. Prominente und Gutverdienende ziehen hierher, und die Straßen sind von neuen Luxus-Wohntürmen, Haute-Couture-Läden, Galerien, Cafés und teuren Restaurants geprägt.
Die High Line und ihre Umgebung
Das „Standard“-Hotel, das quer über die High Line gebaut wurde, zählt zu den angesagtesten der Stadt. Am südlichen Ende lockt das Whitney Museum, das von der Upper East Side hierher gezogen ist. Am nördlichen Ende sind mit den Hudson Yards neue Luxus-Hochhäuser entstanden. Viele Menschen und Ladenbetreiber konnten sich die gestiegenen Mieten nicht mehr leisten und mussten wegziehen.
Die High Line symbolisiert den Trend zu mehr Natur und Bewegung in New York, sagte der aus der Stadt stammende Senator Charles Schumer einmal. „Früher bauten wir U-Bahnen und verwandelten Farmen in Stadtviertel. Jetzt bauen wir Parks.“ Die High Line ist zu einer der bekanntesten Touristenattraktionen der Stadt geworden. „Früher hieß es: ‚Wenn du nach New York fährst, musst du dir das Empire State Building anschauen.‘ Heute sagen die Leute: ‚Du musst über die High Line laufen.’“
High Line Vorbild für viele weitere Projekte
Der High Line Park diente als Vorbild für zahlreiche ähnliche Projekte weltweit. Zu diesen gehören unter anderem die Petite Ceinture in Paris, die „Linear Landscapes“ auf der Zulaufstrecke des ehemaligen Nordwestbahnhofs im 20. Wiener Gemeindebezirk Brigittenau und der „High Line Park Vienna“, welcher die ehemalige Trasse der Wiener Dampfstadtbahn beziehungsweise der Wiener Elektrischen Stadtbahn in Wien-Heiligenstadt nutzt.
Ebenfalls inspiriert wurde die geplante, jedoch nicht verwirklichte „Garden Bridge over the Thames“ von Thomas Heatherwick, dem Designer des Britischen Shanghai Expo Pavillons. Weitere Beispiele sind die Parkschneise am ehemaligen Bahnhof München Olympiastadion, der Parkbogen Ost in Leipzig sowie die vom Kölner Architekten Paul Böhm geplante Umgestaltung des Kölner Bahnnetzes. Letztere beinhaltet eine schienenfreie Umgestaltung der Hohenzollernbrücke zu einer öffentlichen Parkanlage im Rahmen des Projekts „neue Mitte Köln“. (Mit Material der dpa)
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