Diese Brücke über den Bosporus stellt Weltrekorde auf
Diese Brücke hält gleich mehrere Weltrekorde: die höchsten Pylone, so breit wie keine andere, längste Bahnbrücke, über die Hochgeschwindigkeitszüge rasen, und dann auch noch erdbebensicher. Die neue Schrägseil- und Hängebrücke über den Bosporus in Istanbul ist ein technisches Meisterwerk.
Die gerade eingeweihte dritte Brücke über den Bosporus ist ganz nach dem Geschmack des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Sie hat die mit 322 m höchsten Pylone der Welt, ist mit 59 m die weltweit breiteste Brücke. Und sie ist eine der wenigen Brücken mit einer einzigen Ebene für den Bahn- und Straßenverkehr.
Zudem ist sie mit einer Spannweite von gut 1400 m eine der längsten Hängebrücken der Welt. Wobei Hängebrücke nicht ganz korrekt ist. Sie sieht zwar auf den ersten Blick so aus. Doch in Wirklichkeit hängt nur das mittlere Drittel der Fahrbahn an den gewaltigen Tragseilen. Die übrigen Drittel halten Schrägseile.
Steif und wenig anfällig gegen Wind
Für diese Hybridlösung haben sich die Planer, Jean-François Klein vom Genfer Ingenieurbüro T-ingénierie und der beratende Pariser Brückenbauer Michel Virlogieux, entschieden, um die für den Eisenbahnverkehr nötige Steifheit zu erreichen und sie gegen Erdbeben immun zu machen.
„Eine Hängebrücke ähnlicher Spannweite würde sich horizontal unter Wind um circa sieben bis acht Meter verschieben“, sagt Klein in einem Interview mit der Schweizer Bauzeitung. „Bei uns sind es 1,7 m. In vertikaler Richtung würde sie sich unter Verkehrslast um 9 m durchbiegen. Bei uns sind es 3,2 m.“
Gleise werden später verlegt
Der Verkehr fließt auf jeweils vier Fahrstreifen von Europa nach Asien und umgekehrt. Sie ist Teil der neuen, 260 km langen Nord-Marmara-Autobahn, die den Transitverkehr bewältigen soll, der von den beiden innerstädtischen, völlig überlasteten Bosporusbrücken abgezogen wird.
Die Gleise für eine geplante Hochgeschwindigkeitsbahn werden später verlegt. Die Bahn soll den neuen Flughafen der 15-Milionen-Stadt erschließen, der im Bau ist. Mit einer Kapazität von 150 Millionen wird er der größte der Welt sein.
Ein bisschen deutsche Beteligung
Am Bau der Pylone waren auch deutsche Unternehmen beteiligt. Akçansa, ein 1996 gegründetes Gemeinschaftsunternehmen von HeidelbergCement und der Sabanci Holding, der zweitgrößten Industrie- und Finanzgruppe der Türkei, lieferte den Beton für Pylone und Fahrbahn. Akçansa ist der führende Zement- und Transportbetonhersteller in der Türkei.
Eine besondere Herausforderung war die Verschalung, also die Hülle, in die Abschnitt für Abschnitt Beton gegossen werden musste, bis die Pylone ihre Sollhöhe erreicht hatten. Dafür war Peri zuständig, ein Spezialist aus dem bayrischen Weißenhorn. Er lieferte eine Schalung, die selbstständig an den Pylonen emporkletterte. Da sie sich verjüngen, je höher sie wurden, musste diese Schalung jeweils angepasst werden.
Leicht verspätete Fertigstellung
Eins ist den Baumeistern allerdings nicht gelungen: Die Brücke pünktlich fertigzustellen. Ursprünglich sollte die Sultan-Yavuz-Selim-Brücke am 19. Oktober 2015 eingeweiht werden, dem Tag der Republik. Erdogan machte das Beste aus der Verzögerung. Er verlegte die Eröffnung auf den 26. August, den Jahrestag der Schlacht von Manzikert im Jahr 1071. Mit diesem Sieg über das christliche Byzanz begann das Erstarken der Türkei.
Übrigens fließt der Verkehr zwischen dem europäischen und asiatischen Teil Istanbuls nicht nur über Brücken. Besonders spektakulär ist auch der Marmaray-Tunnel unter dem Meer. Ebenfalls ein technisches Meisterwerk.
Hier finden Sie die zehn größten Brückenbauwerke der Welt.
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