Diese Hochhäuser aus Holz sind wie gestapelte Dörfer
Kann ein Hochhaus gleichzeitig ein Dorf sein? Den Beweis antreten will das Pariser Architekturbüro Vincent Callebaut, das im indischen Neu-Delhi sechs Hochhaustürme bauen will, die aussehen wie gestapelte grüne Dörfer. Verbaut werden soll überwiegend regional erzeugtes Holz. Und die Bewohner sollen in den Hochhausdörfern ihr eigenes Obst und Gemüse anbauen.
Schon die Bilder zeigen, dass Hyperions, so der Name des Hochhausprojektes, ein ganz ungewöhnlicher Entwurf ist. Das ist auch das Markenzeichen des belgischen Architekten Vincent Callebaut, der sich in Paris niedergelassen hat. Callebaut hat sechs Türme gezeichnet, die aussehen wie in die Höhe gebaute Dörfer. 2020 bis 2022 sollen diese Türme sogar wirklich in den Himmel der indischen Stadt Jaypee ragen, ganz in der Nähe von Neu-Delhi.
Wohnungen haben im Durchschnitt 85 Quadratmeter
Diese sechs Himmelsstürmer werden ein autarkes in die Höhe gebautes Dorf bilden. Rund 1000 Wohnungen und Büros haben in den grünen Türmen mit einer Höhe von 128 m auf jeweils 36 Stockwerken Platz. Insgesamt sollen die Hyperions ein Fläche für das Wohnen von 119.582 Quadratmetern bieten. Im Durchschnitt haben die Wohnungen 85 Quadratmeter Platz. Alle Wohnungen, die großen und auch die kleinen Studentenbuden, sind mit begrünten Balkonen ausgestattet.
Die sechs Türme bestehen zu 75 Prozent aus natürlichem Material, hauptsächlich Holz aus einem nahe gelegenen und nachhaltig bewirtschafteten Wald. Einzig für das Fundament und das Grundgerüst sollen Beton und Stahl zum Einsatz kommen.
Die Konstruktion besitzt damit genügend Stabilität, um auch ein Erdbeben unbeschadet zu überstehen. Außerdem ist diese Struktur brandresistent und besitzt gute Schallschutz- und Wärmeisolationseigenschaften.
Auf den Dächern Obst- und Gemüsegärten
Auf den großen runden Dächern der sechs Hyperion-Türme wird es Obst- und Gemüsegärten geben, aus dem sich die Bewohner mit Früchten versorgen können. Das Dach ist gleichzeitig der offene Treffpunkt der Hyperion-Bewohner. Nachbarn, Familien und Freunde können hier oben zusammenkommen und plaudern, joggen oder eine Runde im Pool drehen. Die Hyperion-Türme sollen nach dem Willen Callebauts fast vollständig autark sein und sogar mehr Energie produzieren, als deren Bewohner verbrauchen.
Das soll ein ineinander greifendes System aus mehren Energiequellen sicherstellen. An den Turmfassaden und auf den Balkonen und Dächern wandeln Solarzellen das Sonnenlicht in Strom um. Zusätzliche Energie soll die Verwertung des organischen Abfalls liefern.
Auf den Brücken zwischen den Türmen stehen „Wind-Lampenpfosten“. Diese beleuchten die Wege mit der Energie, die mit Hilfe von an den Pfosten angebrachten Windturbinen gewonnen wird.
90 Prozent weniger Wasserverbrauch als Durchschnitt
Auch beim Thema Wasserverbrauch will Callebaut mit dem Hyperion-Projekt neue Maßstäbe definieren. 90 Prozent unter dem Durchschnitt soll dieser liegen. Das soll durch Auffangbecken an den Brücken gelingen, die Regenwasser zu Speichern weiterleiten. Ein konsequentes Recycling-System bereitet verbrauchtes Wasser so wieder auf, dass damit die Obst- und Gemüsegärten bewässert werden können. Ein Aquaponik-System sorgt für frischen Fisch.
Ebenfalls neu ist die Idee für die Beheizung und Klimatisierung der Hyperion-Türme. Im Inneren des Komplexes sollen sich sogenannte Windschloten befinden. Die Luft in diesen Schloten wird durch die Erdwärme je nach Jahreszeit entweder abgekühlt oder aufgewärmt.
Der belgische Architekt Vincent Hallenbau hat mit den Hyperion-Türmen nicht die erste futuristische Projektidee vorgelegt. Spektakulär ist sein Aequrea genanntes Projekt schwimmender Inseln aus Plastikmüll und Algen vor der Küste Rio de Janeiros. Callebaut hat bereits an die Arche Noah erinnernde Inseln mit den Namen Lilypads entwickelt, auf denen bis zu 50.000 Menschen leben sollen. Aus seiner Feder stammen riesige Hochhäuser mit Wäldern an den Fassaden, oder in Form eines transparenten Segels, das Callebaut für New York entworfen hat.
Aber zurück zu Hyperion und der Frage, wie denn der Name zustande kommt. Hyperion ist in der griechischen Mythologie der Sohn der Höhe, der Titan Hyperion. Gleichzeitig steht der Name für einen Küstenmammutbaum, der im Redwood-Nationalpark im US-Bundesstaat Kalifornien mit einer Wuchshöhe von 115,55 m als der höchste Baum der Erde gilt. Beides sind doch schöne Herleitungen für in die Höhe gebaute Dörfer in Indien.
Übrigens ist Vincent Callebaut nicht der erste Architekt, der Hochhäuser aus Holz bauen will. Bereits in der Umsetzung ist das Holzhochhaus im Stadtteil Aspern in Wien. Es ist 84 m hoch und hat 24 Stockwerke. Der Baubeginn soll noch dieses Jahr erfolgen. Derzeit werden die Gewerke vergeben. Bis zur Realisierung des Hyperion-Projektes wird das Hochhaus in Wien das höchste Holzhochhaus der Welt sein.
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