Ein Bootslift als Touristenmagnet 16.11.2024, 14:00 Uhr

Falkirk Wheel – ein schottisches Riesenrad für Schiffe

Es ist so hoch wie acht englische Doppeldeckerbusse übereinander gestapelt und besteht aus 1.200 Tonnen Stahl. Das Falkirk Wheel in Schottland ist ein Riesenrad für Schiffe, das architektonisch und technisch einmalig auf der Welt ist.

Falkirk Wheel

Das Falkirk Wheel ist ein Meisterwerk der Ingenieurskunst und Touristenmagnet.

Foto: PantherMedia / Manuel Lesch

Kanäle und Schiffshebewerke gibt es nicht nur in Deutschland. Auch in Schottland gehören solche Schiffsstraßen und Schleusen zum Landschaftsbild. Eine ganz besondere Schleuse befindet sich drei Kilometer östlich der Ortschaft Tamfourhill. Bei der Ortschaft handelt es sich um ein Wohnviertel, oder besser gesagt um einen Vorort der Stadt Falkirk. Und diese Stadt gab der besonderen Schleuse auch ihren Namen. Das „Falkirk Wheel“ erinnert aufgrund seiner Architektur und Konstruktion an ein Riesenrad und ist in dieser Art einzigartig auf der Welt. Grund genug, uns das technische Meisterwerk einmal genauer anzuschauen.

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Verbindung zweier Schiffskanäle

Dieses besondere Schiffshebewerk verbindet zwei Kanäle miteinander: den 56 Kilometer langen Forth-and-Clyde-Canal und den Union Canal. Der Forth-and-Clyde-Canal stellt eine Verbindung her zwischen Clyde in Bowling, das südöstlich von Dumbarton liegt, und den Firth of Forth in der Nähe von Grangemouth. Erbaut wurde der Kanal zwischen 1768 und 1790. Der Union Canal ist zwischen 1818 und 1822 gebaut worden und verläuft zwischen Falkirk und Edinburgh.

Ursprünglich waren die beiden Kanäle dazu da, den Güterverkehr zu gewährleisten. Denn Falkirk entwickelte sich schnell zu einer zentralen Region der Industriellen Revolution in Schottland. Vor allem die Eisen- und Stahlindustrie etablierte sich dort. Doch ab den 1930er Jahren wurden die künstlichen Wasserstraßen nicht mehr benötigt und deshalb auch nicht mehr befahren. Der Forth-and-Clyde-Canal wurde sogar 1963 ganz offiziell aufgegeben. In den darauffolgenden Jahren und Jahrzehnten erlebten die beiden Kanäle allerdings eine Wiederbelebung: Es erfolgten Renovierungsarbeiten, damit Freizeitschiffe sie befahren können.

Bau des Falkirk Wheel unterstützte Strukturwandel

Damit der Freizeitverkehr zwischen den beiden Kanälen auch möglich ist, war es notwendig, eine neue Schleuse zu bauen. Die heute als „Falkirk Wheel“ bekannte Schleuse wurde zu einem sogenannten Millennium-Projekt. Einerseits, weil es um die Jahrtausendwende gebaut wurde und mit dem rotierenden Bootslift ein Leuchtturmprojekt in einer Region entstand, in der einst Teerwerke und Schwerindustrie das Landschaftsbild prägten. Andererseits, weil dabei erhebliche Kosten entstanden, konkret 17 Millionen Pfund. Finanziert wurde der Bau aus dem sogenannten staatlichen Lotteriefond.

Falkirk Wheel ersetzt elf Schleusen

Der Bau des Falkirk Wheel ersetzt zugleich insgesamt elf Schleusen, die zuvor notwendig waren, um das Niveau zwischen den Kanälen entsprechend auszugleichen. Darüber hinaus stellt die Schleuse aufgrund ihrer Konstruktion und ihres Aussehens in vielerlei Hinsicht etwas Besonderes dar. Sie steht als Symbol für die Verschmelzung von Kunst und Technik sowie für eine Region, die stark vom Strukturwandel betroffen ist.

Nach dem Niedergang der Schwerindustrie sind es vor allem Einzelhandel und Tourismus, welche die Region wirtschaftlich beleben. Nur wenige größere Industrieunternehmen haben sich dort angesiedelt. Die Konzentration auf Tourismus und Einzelhandel macht deshalb auch die Bedeutung des Falkirk Wheel aus wirtschaftlicher Perspektive so besonders.

Vier Minuten für 24 Meter Fahrt nach oben

In nur vier Minuten schafft es das Falkirk Wheel heute, die Höhenmeter zwischen den beiden Kanälen zu überwinden. Dafür hebt das Stahlrad die Schiffe 24 Meter hoch. Das Hebewerk selbst ist insgesamt 35 Meter hoch. 1.200 Tonnen Stahl kamen zum Einsatz, die von 15.000 Schrauben zusammengehalten werden.

Die zwei Gondeln der Schleuse wiegen zusammen 600 Tonnen und fassen 500.000 Liter Wasser – so viel, wie etwa in ein Schwimmbecken passt, das Wettkampfbedingungen entspricht. Zehn Hydraulikmotoren sorgen für den notwendigen Antrieb. Sie benötigen dafür pro Runde allerdings nur 1,5 Kilowattstunden Strom.

Falkirk Wheel

Während für ein Schiff die Fahrt nach oben geht, schwebt ein zweites Boot nach unten.

Foto: PantherMedia / Manuel Lesch

Erinnerungen an eine Kirmes

Was das Falkirk Wheel auch rein optisch so besonders macht: Es ähnelt einem Schaufel- oder Gondelsystem,  erinnert aber auch ein wenig an ein Kirmes-Fahrgeschäft. Was wie eine Gondel oder Schaufel aussieht, sind zwei wassergefüllte Tröge, die einander gegenüberliegen. Eine horizontale Drehachse mit Radnabe und Zahnradtechnik machen es möglich, dass sich Tröge oder Gondeln bewegen und drehen.

Die Touristenboote, auch Narrowboats genannt, fahren durch eine kleine Schleuse in Richtung Falkirk Wheel und parken praktisch auf der sich im Wasser befindlichen Gondel ein. Danach dreht sich das Falkirk Wheel und die Boote gelangen so in den jeweils anderen Kanal. Sie fahren dann auch selbstständig wieder aus der Gondel hinaus.

Archimedisches Prinzip sorgt für Bewegung

Der rotierende Bootslift nutzt das Prinzip der Reibung. Während sich die eine Gondel in die Höhe bewegt, sorgt die gegenüberliegende Gondel für das Gegengewicht und fährt herab. So bleibt das Rad stets im Gleichgewicht. Es ist auch nicht erforderlich, dass sich in einer Gondel unbedingt ein Boot befinden muss, damit sich das Falkirk Wheel bewegt.

Denn dank des archimedischen Prinzips verdrängt es die Wassermenge, die seinem Eigengewicht entspricht. Das archimedische Prinzip besagt, dass die Auftriebskraft eines Objekts in einem Medium, zum Beispiel in Wasser, exakt der Gewichtskraft des Mediums entspricht, das durch das Objekt verdrängt wird.

Zehn Hydraulikmotoren erzeugen das notwendige Drehmoment

Damit sich das Falkirk Wheel bewegt, erzeugen zehn Hydraulikmotoren das notwendige Drehmoment. Diese sind in zwei Fünfergruppen konzentrisch um die Drehachse angeordnet und befinden sich an Land. Die Gondeln fassen rund 300 Tonnen Wasser und bieten Platz für Boote mit einer Länge von 21,33 Metern, sechs Metern Breite und 1,37 Metern Tiefgang.

Der Bootslift ist von den Kanälen nochmals durch eine zusätzliche Schleuse abgetrennt. Zuerst müssen die Boote diese passieren und gelangen dann in das Wasserbecken, in dem sich immer eine Gondel befindet. Das Falkirk Wheel ist einer von zwei Aufzügen, die Boote anheben, in Großbritannien. Der zweite befindet sich in Cheshire, in Nordwest-England, und heißt Anderton Boat Lift. 

Falkirk Wheel

Blick in einer der beiden „Gondeln“ des Falkirk Wheel.

Foto: PantherMedia / Manuel Lesch

Falkirk Wheel: Touristenmagnet und Wahrzeichen

Das Falkirk Wheel wurde im Jahr 2002 feierlich von Elisabeth II., der damaligen Königin von England, eröffnet. Der Bootslift hat sich schnell zu einer Touristenattraktion entwickelt. Als solche war sie allerdings auch von Beginn an geplant. Deshalb gibt es auch ein dazugehöriges Besucherzentrum, in dem sich Interessierte über das Kanalsystem und den Bau des Bootslifts informieren können. Man geht von mehr als fünf Millionen Menschen aus, die das Falkirk Wheel besucht haben.

Inzwischen gibt es in der Nähe des Falkirk Wheel sogar einen kleinen Freizeitpark. Darüber hinaus befindet sich auch der römische Antoninuswall in der Nähe. Er stellte die nördlichste Grenze Roms dar und gilt als eine der beeindruckendsten Grenzbefestigungsanlagen seiner Zeit. Das Falkirk Wheel ist inzwischen sogar eines der Wahrzeichen für Schottland und ziert den 50-Pfund-Schein der Bank of Scotland. Alles in allem hat der Bootslift als Touristenmagnet natürlich auch sehr positive Auswirkungen auf die Region.

Ein Beitrag von:

  • Nina Draese

    Nina Draese hat unter anderem für die dpa gearbeitet, die Presseabteilung von BMW, für die Autozeitung und den MAV-Verlag. Sie ist selbstständige Journalistin und gehört zum Team von Content Qualitäten. Ihre Themen: Automobil, Energie, Klima, KI, Technik, Umwelt.

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