Futuristische Architektur für eine 90 Jahre alte Jugendherberge
Mit einem kühnen Entwurf hat das Berliner Architekturbüro Graft den Wettbewerb zur Modernisierung der Jugendherberge in der Münchener Innenstadt gewonnen. Die älteste Stadtjugendherberge Deutschlands soll zukunftsweisend umgebaut und erweitert werden.
Muckefuck und Hagebuttentee in Blechkannen, miefige Schlafsäle und eine Architektur, an der jeglicher Gestaltungswille oft spurlos vorüber gegangen zu sein scheint: Die 500 deutschen Jugendherbergen haben teilweise noch mit einem Image zu kämpfen, das der Modernisierung bedarf.
Vor allem bei den jugendlichen Globetrottern dürften Jugendherbergen, wie es sie hier bereits seit 1909 gibt, im Vergleich zu den hippen Hostels, denen sie auf ihren Rucksackreisen rund um den Globus begegnen, nicht gerade schnittig vorkommen. In München soll sich das jetzt ändern.
DJH-Motto „Gemeinschaft erleben“ kombiniert mit virtuellem Zeitgeist
Der Landesverband Bayern des Deutschen Jugendherbergswerks (DJH) hat fünf internationale Architekturbüros zum Wettbewerb geladen, um die älteste Stadtjugendherberge Deutschlands aus dem Jahr 1929 auch architektonisch an die Zukunft anzuschließen. Das denkmalgeschützte Haus, das zentral in der Münchener Innenstadt liegt, wird sicher manches „Ah“ und „Oho“ auslösen, wenn der Graft-Entwurf umgesetzt wird.
Mit einem Konzept, bei dem virtueller Zeitgeist und das DJH-Motto „Gemeinschaft erleben“ in geschwungene Formen fließen, hat das Architekturbüro Graft aus Berlin den ersten Platz belegt. Die Formen fließen, runde, geschwungene Elemente beherrschen alle Räume, Holz und große Fensterflächen sorgen für ein ansprechendes Raumgefühl. Uhrzeit, Wetterbericht und Nachrichten werden an die geschwungene Decke projiziert, Bildschirme in den Wänden sind das Tor zum Internet.
Dem DJH gefiel der Siegerentwurf deshalb so gut, weil er „Räume mit einer Aufenthaltsqualität bietet, die einlädt mit Reisenden aus der ganzen Welt ins Gespräch zu kommen und Freundschaften zu schließen“, heißt es in der Begründung der Jury für den Siegerentwurf.
Die Pläne des Berliner Architekturbüros Graft schließt die derzeit offene Blockrandbebauung und verlegt den Haupteingang zum Winthirplatz. Der Platz mit seiner kleinen Parkanlage wird virtuell zum „Vorgarten“ der Jugendherberge. Die dortige Natur wird in eine organische Architektursprache übersetzt, die als Hauptmotiv das Gebäude bis zum Innenhof durchdringen soll. Die geschwungene Fassade wird großflächig verglast und schafft einen Sichtbezug von außen nach innen, wo das zweigeschossige Foyer sichtbar wird.
Erste Design-Jugendherberge steht in Berchtesgaden
Eine fließende Raumbewegung soll das neue Gebäude, den Innenhof und das denkmalgeschützte Haus miteinander verbinden. In diesem Bereich, der Kombination des Foyers mit Empfang, Lounge, Speisesaal und den Seminarzonen bis in den Innenhof, sollen die Besucher „zeitgemäßes Design fühlen“, so die DJH-Jury. Alle individuell genutzten Zimmer – die meistbesuchte Jugendherberge Bayerns hat 446 Betten – sind trotz ihrer rechteckigen Geometrie flexibel nutz- und belegbar.
Die Modernisierung der Münchener Jugendherberge ist nicht der erste Schritt, den der DJH in Richtung eines zeitgemäßen Designs unternimmt. Erst 2011 wurde in Berchtesgaden die erste Design-Jugendherberge nach einem Entwurf des Stuttgarter Architekturbüros LAVA – Laboratory for Visionary Architecture – eröffnet. Auch hier wurde die bestehende Bausubstanz modernisiert, um die geänderten Nutzungsbedürfnisse der jungen Gäste und Familien zu berücksichtigen. Die früher starr festgelegte Nutzung der einzelnen Räume ist nun offener und flexibler. Statt Stapelbetten gibt es nun Schlaf-Cocoons in Nischen.
Die oberen Betten können hochgeklappt werden, um eine Sitznische oder ein großzügiges Bett zu schaffen. Jedes Zimmer hat eine Dusche und WC, deren Anordnung je nach Zimmertyp variiert. So ist die Nutzung als Einzelzimmer, Doppelzimmer, Mehrbettzimmer bis zur Suite möglich.
Ein Beitrag von: