Ikonisches Zeichen 03.03.2014, 15:03 Uhr

Futuristischer Funkturm bietet weiten Blick über die Dardanellen

Architekten aus Rotterdam werden in der Westtürkei den Funkturm von Çanakkale bauen. Das Büro Powerhouse Company setzte sich beim Architekturwettbewerb mit einer kühnen Vision durch: Ein endlos-geschwungenes Band verbindet ein Besucherzentrum mit einem Aussichts-Rundweg und mündet im 100 Meter hohen Turm mit seinen Verstärkerantennen.

Diese Entwürfe schafften es in die engere Auswahl beim Architekturwettbewerb für den Funkturm von Çanakkale.   

Diese Entwürfe schafften es in die engere Auswahl beim Architekturwettbewerb für den Funkturm von Çanakkale.   

Foto: Arkitera

Er wird ein wahrer Himmelsstürmer, der Funkturm mit Aussichtsplattformen, entworfen vom Rotterdamer Architekturbüro Powerhouse Company. Mit ihrem Entwurf haben die Architekten um Nanne de Ru und Charles Bessard die Aufgabe gemeistert, ein „ikonisches Zeichen“ zu setzten, wie es der Auslober des Wettbewerbs formulierte.

Es ist die ziemlich exponierte Lage im Wald oberhalb der 100.000-Seelen-Stadt Çanakkale im Westen der Türkei, die dazu herausfordert, hier mehr zu errichten, als einen Standard-Funkturm. Denn Çanakkale liegt direkt an der Meerenge der Dardanellen, die die Ägäis mit dem Marmara-Meer verbindet. Diese Meerenge ist somit eine Pflichtpassage für alle, die vom Mittelmeer nach Istanbul und weiter zum Schwarzen Meer wollen.

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Powerhouse Company aus Rotterdam gewinnt Wettbewerb

Acht Teilnehmer sind jetzt auf der Shortlist des schon etwas ungewöhnlichen Wettbewerbs gelandet, einen Funkturm durch architektonische Ideen zu einem „ikonischen Zeichen“ aufzuwerten. Gewonnen hat diesen jetzt die Powerhouse Company gemeinsam mit der Inter.National.Design. (IND). Der zweite Preis ging an das Büro Snøhetta & Özer/Ürger Architects & Battle McCarthy, der dritte Preis an das Büro AL_A. Darüber hinaus gab es fünf lobende Erwähnungen von Beiträgen unter anderem vom Büro Ian Ritchie Architects.

Die Internationalität der teilnehmenden Architekturbüros ist bemerkenswert. Denn es geht um den Entwurf für einen Funkturm, nicht für einen Wolkenkratzer oder eine Oper. Der Entwurf des Gewinnerbüros Powerhouse Company besticht vor allem durch die Kraft der Form: Es ist ein kontinuierliches, ein endloses Band, welches sich im Architektenentwurf durch den Wald oberhalb von Çanakkale windet. Dieses Band ist ein aufgeständerter Rundweg um die Hügelspitze herum, der immer wieder überraschende Panorama-Ausblicke aus dem Wald auf die Stadt und auf die berühmte Meerenge offeriert.

Am Ende des Besucherzentrums schießt der Antennenturm in den Himmel

Auf dem bewaldeten Hügel oberhalb von Çanakkale entsteht eine öffentliche Freizeiteinrichtung mit Ausstellungsflächen, Erholungseinrichtungen und Aussichtsplattformen. Und alle diese Einrichtungen sollen laut Powerhouse Company in „eine räumliche Geste“ münden. Bei den Architekten aus Rotterdam mündet der aufgeständerte Rundweg in ein Besucherzentrum, das über den Bäumen thront. Am Ende des Besucherzentrums schließt sich der Antennenturm an, der laut Powerhouse Company „in den Himmel schießt“.

Der von der Powerhouse Company & IND geplante Funkturm setzt wahrlich ein Zeichen.

Der von der Powerhouse Company & IND geplante Funkturm setzt wahrlich ein Zeichen.

Quelle: Arkitera

In der Tat verjüngt sich das im grellen Orange leuchtende Material auf beiden Seiten des Rundweges und schießt gut einhundert Meter hoch in den Himmel, um seiner Funktion als Funkturm gerecht zu werden. Und an dieser Stelle ist Vorsicht geboten, denn ein Funkturm ist bestückt mit Tonnen von Verstärkerantennen. Deren Strahlung kann Menschen ganz erheblich gefährden. Deshalb haben die Architekten den himmelsstürmenden Funkturm weit weg vom Besucherzentrum angelegt.

Gärten unter dem Rundweg dienen der Entspannung

Es reicht in der modernen Architektur nicht mehr, einfach eine Funktion in ein Bauwerk umzusetzen. Deshalb war die Aufgabe für diesen Çanakkale-Funkturm auch breit gefächert: Es galt die reine Funktion des Funkturms zu vereinen mit einem Besucherzentrum, mit Blickbeziehungen zur Meerenge der Dardanellen und mit Anlagen zur Entspannung. Diese sind nun als Gärten unter dem aufgeständerten Rundweg geplant.

Die Architekten möchten mit ihrem Entwurf auch ein zivilisationskritisches Statement abgeben: „An der Schwelle zum 21. Jahrhunderts betreten wir ein neues Kapitel der Modernisierung. Reine Funktionalität ist nicht mehr alles. Vielmehr werden Komfort und emotionale Erfahrung zu dominanten Antrieben für Qualität. Das 21. Jahrhundert bietet uns die Chance, neue Erfahrungen und Identitäten durch die Integration von Technologie und Natur zu machen. Die Besucher sollen die Antenne als Teil der Landschaft wahrnehmen.“

Erinnerung an die Schlacht von Gallipoli

Es ist ein straffer Zeitplan, den die Betreiber des zukünftigen Funkturms den Architekten vorgeben: Schon 2015 muss der Turm mit seinem endlos-geschwungenen Rundweg und Besucherzentrum fertig errichtet sein. Denn es ist dann genau einhundert Jahre her, dass auf der türkischen Halbinsel Gallipoli, der Hafenstadt am Ausgang der Dardanellen, die Schlacht von Gallipoli während des ersten Weltkrieges ausgetragen wurde. Die Entente-Mächte wollten in einer gemeinsamen Operation die Halbinsel besetzen und sie als Ausgangsbasis für die Eroberung der osmanischen Hauptstadt Konstantinopel nutzen. Sie scheiterten jedoch an den vehementen Verteidigern. Die Schlacht von Gallipoli kostete rund 100.000 Soldaten das Leben.

Den Funkturm der Moderne kann niemand übersehen

An diese Schlacht möchte die Region um Çanakkale mit der Fertigstellung ihres Funkturms erinnern. Mit einem unendlichen gewundenen Band für Ausblicke auf die Meerenge, die Schauplatz war für die Gräueltaten im Ersten Weltkrieg. Und mit einem „ikonischen  Zeichen“ des Sehens und des Gesehen-Werdens. Denn übersehen kann diesen Funkturm der Moderne niemand, dazu ist er einfach ein viel zu großer Himmelsstürmer.

Ein Beitrag von:

  • Detlef Stoller

    Detlef Stoller ist Diplom-Photoingenieur. Er ist Fachjournalist für Umweltfragen und schreibt für verschiedene Printmagazine, Online-Medien und TV-Formate.

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