Mies van der Rohe: Meister des Modernismus
Ludwig Mies van der Rohe gilt als einer der führenden Köpfe der Bauhaus-Epoche. Lernen Sie den Architekten kennen und erfahren Sie, welche Bauwerke er entworfen hat.
Ludwig Mies van der Rohe prägte das 20. Jahrhundert mit seiner Philosophie „Weniger ist mehr“. Seine klaren Linien und die innovative Verwendung von Stahl und Glas hinterließen einen bleibenden Einfluss auf die Architektur und das Design. Grund genug, uns einmal etwas eingehender mit ihm zu beschäftigen.
Wer war Mies van der Rohe?
Ludwig Mies van der Rohe war ein renommierter deutsch-amerikanischer Architekt des 20. Jahrhunderts. Er ist für seine Beiträge zur modernen Architektur und sein ikonisches Motto „Weniger ist mehr“ bekannt. Er wurde am 27. März 1886 in Aachen geboren. Mies van der Rohe wuchs mit einem Bruder und zwei Schwestern in einer Zeit technologischer Fortschritte auf. Seine Kindheit war von handwerklicher Tradition in der Familie geprägt – sein Vater war Steinmetzmeister. Das mag zu seiner späteren Vorliebe für präzises Handwerk und klare Linien in der Architektur beigetragen haben, sicher sagen lässt es sich nicht.
Nach seiner Ausbildung an der Gewerbeschule Aachen arbeitete er von 1905 bis 1907 als Möbelzeichner bei Bruno Paul in Berlin. In dieser Zeit wurde er von Architekten wie Peter Behrens beeinflusst, bei dem er ab 1908 arbeitete. Diese Einflüsse waren entscheidend für seine spätere berufliche Entwicklung. 1912 machte sich Mies van der Rohe selbstständig. Eines seiner größten Projekte war die Leitung bei der Entwicklung der Weißenhof-Siedlung in Stuttgart 1927, bei dem er als einer der führenden Vertreter des Internationalen Stils hervortrat – gemeinsam mit 17 weiteren Architekten der Moderne. Darunter Walter Gropius und Charles Edouard Jeanneret‐Gris, besser bekannt als „Le Corbusier“. Mies van der Rohes Fähigkeit, Stahl und Glas auf innovative Weise zu nutzen, trug zu seiner Stellung in der modernen Architektur bei. 1930 übernahm er die Leitung des Bauhauses Dessau von Hannes Meyer.
1938 emigrierte Mies van der Rohe in die Vereinigten Staaten, wo er als Direktor der Architekturschule am Illinois Institute of Technology (IIT) in Chicago tätig war. Während seiner Zeit in den USA schuf er einige seiner berühmtesten Werke, darunter das Farnsworth House und das Seagram Building in New York City. Mies van der Rohe beeinflusste zahlreiche Architekten und Designer und prägte die moderne Baukunst. Seine minimalistische Herangehensweise hat seinen Platz in der Geschichte der Architektur fest verankert. Heute wird er als einer der bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts betrachtet, dessen Werke weltweit studiert werden. Er starb am 17. August 1969 im Alter von 83 Jahren in Chicago. Ursache war eine Lungenentzündung, die er sich bei einem Klinikaufenthalt wegen seines Speiseröhrenkrebses zugezogen hatte.
Mies van der Rohes architektonisches Erbe verleiht ihm in der Architektur eine Bedeutung, die vermutlich nur mit der von Le Corbusier und Frank Lloyd Wright vergleichbar ist. Er dominierte das Baugeschehen bis in die späten 1960er-Jahre weltweit. In jüngerer Zeit ist sein Werk aber auch vermehrt zur Zielscheibe von Kritik postmoderner Architekten geworden.
Mies van der Rohes Philosophie und Designprinzipien
Ludwig Mies van der Rohe vertrat eine Philosophie der Reduktion und Klarheit in seiner Architektur. Sein berühmter Leitspruch „Weniger ist mehr“ verkörpert seine Überzeugung, dass Einfachheit und Minimalismus in der Gestaltung die höchste Form der Eleganz darstellen. Er legte großen Wert auf klare Linien, offene Grundrisse und die sorgfältige Auswahl von Materialien. Er glaubte, dass die Struktur und Funktionalität eines Gebäudes deutlich sichtbar sein sollten, ohne unnötige Ornamente oder überflüssige Details. Seine Vorliebe für Stahlträger, Glasfassaden und offene Räume spiegelt diese Philosophie wider.
Die Klarheit in seiner Arbeit zeigte sich auch in der Transparenz seiner Gebäude. Mies van der Rohe strebte danach, Innen- und Außenbereiche nahtlos miteinander zu verbinden und die natürliche Umgebung in das Design zu integrieren. Dies schuf eine besondere Harmonie zwischen Architektur und Umwelt. Insgesamt suchte der Architekt nach einer zeitlosen, universellen Ästhetik. Sein Einfluss auf die moderne Architektur ist groß, da er nicht nur Gebäude entwarf, sondern auch eine Philosophie, die die Architekturwelt nachhaltig geprägt hat.
Mies van der Rohe: Wichtige Werke und Projekte
Frühe Werke in Europa:
- Haus Tugendhat (1928-1930): Dieses Wohnhaus in Brünn, Tschechoslowakei (heute Tschechien), gilt als eines der Meisterwerke der modernen Architektur. Es zeichnet sich durch seinen offenen Grundriss, die Verwendung von Glas und Stahl sowie minimalistisches Design aus.
- Barcelona-Pavillon (1929): Entworfen für die Internationale Ausstellung in Barcelona, Spanien, ist der Barcelona-Pavillon ein Paradebeispiel für Mies van der Rohes visionäre Ideen zur Raumgestaltung und zur Verbindung von Innen- und Außenbereichen.
- Werkbundausstellung Barcelona Chair (1929): Als Sitzgelegenheit für das spanische Königspaar bei ihrem Besuch des deutschen Pavillons bei der Weltausstellung entwarfen die Möbeldesignerin Lilly Reich und Ludwig Mies van der Rohe einen Sessel aus Stahlrohr und Leder: den Barcelona-Sessel. Er ist auch als MR90 bekannt und gilt als Ikone des modernen Designs.
- Weißenhof-Siedlung (1927), Stuttgart: Realisiert im Jahr 1927 im Rahmen der Deutschen Werkbundausstellung. Die Siedlung wurde von renommierten Architekten, darunter Ludwig Mies van der Rohe entworfen.
- Neue Nationalgalerie in Berlin (1962): Kurz nach der Eröffnung der Neuen Nationalgalerie starb Mies van der Rohe. In dem charakteristischen Stahldach und der gläsernen Halle wird sein Motto „Weniger ist mehr“ deutlich.
Arbeiten in den USA:
- Farnsworth House (1945-1951): Das Privathaus in Plano, Illinois, gilt als architektonisches Meisterwerk. Es besteht hauptsächlich aus Glas und Stahl und bietet einen atemberaubenden Blick auf die umgebende Natur.
- Seagram Building (1954-1958): Dieser Wolkenkratzer in New York City ist ein Symbol des internationalen Stils in der Architektur. Mit seiner bronzefarben schimmernden Fassade und seiner klaren Linienführung war er wegweisend für den Bürogebäudebau.
- IBM Plaza / IBM Building (1970-1973): Auch bekannt als 330 North Wabash, Chicago, Illinois ist ein Wolkenkratzer mit 52 Etagen. Mies van der Rohe stellte den Entwurf noch fertig, starb aber vor Baubeginn.
Weniger bekannte, aber dennoch wichtige Bauten:
- Resor House (1937-1939): Das Resor House, auch Jackson Lake Lodge, ist das erste Projekt Mies van der Rohes in den USA, in Jackson (Wyoming). Das Gebäude gilt als eines der wenigen architektonischen in den USA außerhalb von Großstädten, die der Architekt realisiert hat.
- 860-880 Lake Shore Drive Apartments (1949-1951): Ein Wohnkomplex in Chicago, Illinois. Der Apartment-Komplex besteht aus zwei identisch gestalteten Hochhäusern, die am Ufer des Michigansees liegen.
- Bacardi-Bürogebäude (1958-61): Das Haus in Tultitlán de Mariano Escobedo, Mexiko, ist ein markantes Architekturprojekt der späten 1950er-Jahre, erbaut im Auftrag des Bacardi-Konzerns. Das Gebäude zeichnet sich durch seine klare Linienführung und seine minimalistische Ästhetik aus, die charakteristisch für Mies van der Rohes Stil ist.
- Crown Hall (1950-1956): Das Gebäude am Illinois Institute of Technology in Chicago ist ein Beispiel für Mies van der Rohes Beitrag zur Bildungseinrichtungsarchitektur. Es zeichnet sich durch eine offene Struktur und die Verwendung von Stahlträgern aus.
Mies van der Rohe und die Moderne
Ludwig Mies van der Rohe spielte eine zentrale Rolle in der Entwicklung der modernen Architektur im 20. Jahrhundert. Seine Verbindung zum Bauhaus, einer der einflussreichsten Design- und Kunstschulen seiner Zeit, war von großer Bedeutung. Als er 1930 zum Direktor des Bauhauses Dessau berufen wurde, versuchte er, durch die Einführung strenger Regeln wieder geordnete Verhältnisse an der Hochschule herzustellen. Dort war es nach Absetzung seines Vorgängers durch die Stadt Dessau zu heftigen Turbulenzen gekommen.
Die politischen Verhältnisse im Deutschland der frühen 1930er-Jahre machten es ihm unmöglich, das Bauhaus zu retten. Ein Neustart in Berlin scheiterte ebenfalls an den Repressionen der nationalsozialistischen Reichsregierung. Am 10. August 1933 wurde das Bauhaus aufgelöst. Für Mies van der Rohe war es trotz aller Bemühungen ein logischer Schluss: Nach politischen Vorgaben zu bauen, war mit seiner Vorstellung von Architektur nicht vereinbar.
Mies van der Rohe pflegte enge Beziehungen zu anderen prominenten modernen Architekten seiner Zeit, darunter Le Corbusier und Walter Gropius. Diese beiden teilten ähnliche Ansichten hinsichtlich der Notwendigkeit, die Baukunst zu rationalisieren, die Form zu vereinfachen und die Funktion in den Vordergrund zu stellen. Sie beeinflussten einander und trugen zur Verbreitung der Ideen des Internationalen Stils in der Architektur bei.
Der Einfluss der Materialien auf Mies van der Rohes Design kann gar nicht stark genug betont werden. Er nutzte für die damalige Zeit innovative Baustoffe wie Stahl, Glas und Beton. Die Verwendung von Stahlträgern erlaubte es ihm, weitgespannte Flächen ohne störende Säulen zu schaffen. Sein Streben nach Einfachheit und Klarheit wurde durch die Fortschritte in der Bau- und Fertigungstechnik ermöglicht, dank derer er seine Visionen umsetzen konnte.
Vermächtnis und andauernde Relevanz
Ludwig Mies van der Rohe hat die Architektur und das Design tiefgreifend beeinflusst und sein Erbe bleibt bis heute präsent. Seine Arbeit prägte die Moderne und setzte Maßstäbe für zeitlose Eleganz und Funktionalität in der Baukunst. Sein Credo „Weniger ist mehr“ und seine Vorliebe für Klarheit und Minimalismus haben zahlreiche Architekten und Designer inspiriert. Sein Einfluss zeigt sich in der anhaltenden Beliebtheit von klaren Linien, offenen Grundrissen und der Verwendung von Stahl und Glas.
Trotz seiner Bedeutung war Mies van der Rohes Arbeit nicht ohne Kritik. Einige empfanden seine Gebäude als kalt und unpersönlich, während andere das Entfernen von Ornamenten und Dekorationen als Verlust kultureller Vielfalt betrachteten. Die Debatte über die Balance zwischen Funktionalität und Ästhetik in der Architektur ist weiterhin präsent.
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