Russland hat 40 Milliarden Euro in Architektur investiert
Russland lässt es als Gastgeber der 22. Olympischen Winterspiele ordentlich krachen: Rund 40 Milliarden Euro hat das Land investiert, um in den vergangenen sechs Jahren Spielstätten, Parks mit tanzenden Fontänen, einen Yachthafen, Hotels und Autobahnen aus dem Boden zu stampfen. Allein in den Bau einer Autobahn flossen sieben Milliarden Euro. Damit kostete Russlands teuerste Straße mehr als die Winterspiele in Vancouver 2010 insgesamt. Kritiker werfen dem Organisationskomitee Gigantismus vor.
Ein Augenschmaus für Freunde moderner Architektur dürfte das Fisht Olympiastadion in Sotschi sein. Hier finden unmittelbar an der Küste des Schwarzen Meeres Eröffnungs- und Abschlussfeier statt. Rund 40.000 Zuschauer können am 7. Februar Zeuge des Spektakels werden. „Sie alle können sowohl auf die Berge, als auch auf das Meer sehen“, erklärt der zuständige Manager Roman Kostenko.
Besonders stolz sind die Architekten auf die Nachhaltigkeit des 36 Meter hohen Gebäudes, das nach einem 3000 Meter hohen Berg im Nordkaukasus benannt ist. So lässt sich beispielsweise mit einem neuen Dachmaterial Energie für Beleuchtung sparen. Denn es ist trotz hoher Stabilität lichtdurchlässig. Selbst Regenwasser wird nicht verschwendet, sondern durch Filteranlagen in die Toilettenspülung geleitet. Das 46,5 Millionen Euro teure Stadion soll sich zudem doppelt bezahlt machen: Sie wird auch Austragungsstätte bei der WM 2018.
Auch die zehn weiteren Spielstätten sollen mit ihrer Architektur die Weltöffentlichkeit zum Staunen bringen. Etwa der Bolschoi-Eispalast für Eishockey-Wettkämpfe, der mit Glasfassade und Kuppel an die Form eines gefrorenen Wassertropfens erinnert. Spezielle Mehrschichtscheiben schützen das 220 Millionen Euro teure Gebäude vor den milden Temperaturen der subtropischen Region. Oder aber das Ice-Cube-Curling-Center, dessen Fassade gleichzeitig ein riesiger Screen ist, auf dem Passanten andere olympische Wettkämpfe verfolgen können. Kostenpunkt des Zwerges der olympischen Anlage, der lediglich 3000 Zuschauern Platz bietet: rund zwölf Millionen Euro.
Skigebiete und Schanzen für 270 Million Euro
Bei der Planung des Skisprungstadions in den Bergen rund um Dorf Krasnaja Poljana hatten deutsche Architekten ihre Finger im Spiel. Das Architekturbüro Renn aus Fischen im Allgäu konzipierte im Jahr 2007 die Anlage. „Wir waren zu Beginn mit der Entwurfs- und Genehmigungsplanung beauftragt. Im Laufe der Zeit ist unsere Einbindung ins Projekt allerdings stark zurückgegangen“, bedauert Geschäftsführer Hans-Martin Renn im Gespräch mit INGENIEUR.de. „Neue Planer kamen hinzu, anderen wurden ausgetauscht. Von unserem eigentlichen Design ist schlussendlich nicht viel übriggeblieben. Es ist in den Strukturen der Organisation untergegangen.“ Geplant war unter anderem ein großer Kristall, der nachts mit einer Beleuchtung für einen markanten visuellen Effekt hätte sorgen können.
Die Zuschauerarena der Skisprunganlage bietet rund 9600 Zuschauern Platz. Die Anlage kostete insgesamt rund 50 Millionen Euro. Ein Klacks im Vergleich zum Skigebiet Rosa Khutor, das mehrere Pisten für Abfahrt, Riesenslalom und Super-Kombination bietet und insgesamt 220 Millionen Euro verschlungen hat.
Beheizbare Pools und Spielezimmer im Olympiadorf
Auch die Sportler brauchen bei ihrer Unterkunft ausreichend Komfort, das setzt das Olympische Komitee IOC voraus. Gastgeber Russland lässt sich das nicht zweimal sagen: Das olympische Dorf bietet 2200 Athleten Platz. Wenn die Sportler nicht in ihren großzügig angelegten Zimmern ruhen, können sie zwischen gepflanzten Palmen in beheizbaren Pools schwimmen, gemeinsam in einer riesigen Mensa essen oder ihre Freizeit in Spielezimmern und Geschäften verbringen. Nach den Spielen will man die Appartements für 3300 Euro pro Quadratmeter verkaufen.
Kritiker werfen Russland Gigantismus vor
Die protzige Ausstattung der Winterspiele kommt nicht bei allen Beobachtern gut an, Kritiker werfen dem Organisationskomitee Gigantismus vor. Dmitri Tschernyschenko, Präsident des Organisationskomitees, verteidigt das Konzept: „Die Tatsache, dass keine Sportstätten vorhanden waren, stellte sich als wichtiger Vorteil heraus. Dadurch konnte die Firma Olympstroi alles so planen und errichten lassen, dass es die hohen Standards des Internationalen Olympischen Komitees erfüllt.“ Zudem will man viele Spielstätten nach den Wettkämpfen demontieren und in anderen Regionen weiternutzen. Kritiker bezweifeln aber, dass diese Taktik aufgeht. Aufgrund begangener Planungsfehler sei es billiger, die Hallen woanders einfach neu zu bauen.
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