Ausgerechnet China will zur Roboter-Nation werden
China, das Land der unbegrenzten Arbeitskräfte, will sich zur Roboter-Nation wandeln. Bis 2020 will China die Zahl der Roboter in der Produktion vervierfachen. Zu diesen Plänen passt, dass der chinesische Klimaanlagen- und Haushaltsgeräte-Hersteller Midea den führenden deutschen Roboterhersteller Kuka gekauft hat.
Bis spätestens 2020 sollen pro 10.000 Arbeitnehmern 150 Roboter mitarbeiten. Das erklärte Wang Ruixiang, Präsident des chinesischen Maschinenbau-Verbandes CMIF, jetzt während des „China International Summit of Robot Industry“ in Shanghai. Damit will das Reich der Mitte zu den zehn am weitesten automatisierten Ländern der Welt aufsteigen.
Großteil der Roboter soll künftig „Made in China“ sein
Das Ziel ist ambitioniert: Derzeit liegt das Land mit 36 Robotereinheiten pro 10.000 Arbeitnehmern auf Rang 28 der Roboter-Weltstatistik, die von der International Federation of Robotics (IFR) geführt wird. Innerhalb der nächsten vier Jahre will China seinen Robotereinsatz also vervierfachen.
Dieser Trend ist aber schon seit einigen Jahren zu beobachten. So übernehmen beim Auftragsfertiger Foxconn, der unter anderem das iPhone für Apple produziert, immer mehr Arbeitsschritte von Robotern übernommen. Das gilt auch für andere große chinesische Unternehmen.
Damit nicht genug: Ein großer Teil der mechanischen Kollegen soll dann auch aus heimischer Produktion kommen. 100.000 Einheiten pro Jahr „Made in China“ hat Wang als Zielmarke bis 2020 ausgerufen. Noch sind die meisten Roboter Einwanderer – die Quote der im Ausland hergestellten Einheiten liegt bei derzeit etwa 69 Prozent.
Reich der Mitte ist auf Shoppingtour
Damit hat China bereits kräftig aufgeholt: Noch vor drei Jahren lag der Anteil der Importe bei 75 Prozent. Dr. Daokui Qu, Chef des chinesischen Roboterbauers Siasun, sieht angesichts dieses Trends gute Chancen, 2020 die 50-Prozent-Marke für Eigenproduktionen zu erreichen, sagte er jetzt auf dem IFR CEO Round Table in München. Die Regierung in Peking fördert dieses Ansinnen ebenfalls mit der Agenda „Made in China 2025“, die unter anderem auch den schnellen Ausbau der Automation im Blick hat.
Zu diesen Plänen passt, dass China gerade kräftig auf Shoppingtour ist. Erst kürzlich hat der chinesische Midea-Konzern, der bisher vor allem als Klimaanlagen- und Haushaltsgerätehersteller in Erscheinung getreten ist, seine Finger nach dem Augsburger Roboter-Spezialisten Kuka ausgestreckt – mit Erfolg.
Kuka ist führend bei Industrierobotern, etwa für die Autoindustrie. Neuerdings entwickelt Kuka auch Roboter, die beispielsweise Pflegepersonal entlasten soll.
Anfang Juli waren zwei Großinvestoren auf das Angebot des chinesischen Kaufinteressenten eingegangen und hatten sich von ihren 10-Prozent- bzw. 25,1-Prozent-Aktienpaketen getrennt. Anschließend besaß Midea insgesamt 52 Prozent und damit die Mehrheit. Die hat sich in den vergangenen Wochen noch auf fast 86 Prozent erhöht, weil noch weitere Aktionäre den Aufschlag der Chinesen auf den Börsenpreis der Anteile mitnehmen wollten und verkauft haben.
Chinesen haben Aktienmehrheit von fast 90 Prozent
Auch für Kuka läuft damit alles nach Plan: Der Vorstand hatte bereits zuvor einen Investorenvertrag mit den Chinesen geschlossen, der bis Ende 2023 gültig ist. Gleichzeitig hatte er seinen Aktionären empfohlen, auf das Kaufangebot von Midea einzugehen. Laut Vertrag sollen nicht nur die Investoren profitieren: Auch für Mitarbeiter und Kunden gebe es umfangreiche Garantien, heißt es.
Die IG Metall ist dennoch alles andere als begeistert: Sie hatte bis zum Schluss gehofft, dass die deutschen Investoren ihre Anteile behalten würden und so ein Signal der Nachhaltigkeit der deutschen Wirtschaft setzen würden. Wie viel von Kuka Midea am Ende besitzt, steht erst Anfang August fest: Bis zum 3. August können bisher unentschlossene Aktionäre ihre Anteile noch tauschen.
Trotz der überragenden Mehrheit dauert es allerdings noch seine Zeit, bis alles in trockenen Tüchern ist: Die kartellrechtlichen Prüfungen stehen noch aus. Dass da aber noch etwas schief geht, glaubt kaum jemand: Schließlich hat Midea bisher noch keine Roboter im Portfolio. Damit wird die Übernahme von Kuka durch Midea wahrscheinlich Ende März nächsten Jahres vollzogen.
Ob die Chinesen durch ihre Liebe zum Tischtennis auf Kuka aufmerksam geworden sind? Ausgerechnet der deutsche Tischtennisprofi Timo Boll ist nämlich Kukas Markenbotschafter im asiatischen Raum. Boll ist auch in China sehr bekannt. Und er ist auch schon zum PR-Match gegen den Kuka-Roboter Agilus angetreten.
Kuka bleibt unabhängig bis mindestens 2023
Ob die Roboter, die dann von Kuka hergestellt werden, tatsächlich zur „einheimischen Produktion“ gehören, die sich Wang Ruixiang wünscht, ist Auslegungssache: Bis mindestens 2023 wird das deutsche Unternehmen seine Unabhängigkeit behalten dürfen. Das haben die Chinesen zugesagt.
So oder so dürfte Kuka ein guter Fang für Midea sein: Für das zweite Quartal 2016 hatte Kuka einen Rekord beim Auftragseingang zu vermelden, der mit 890 Millionen Euro deutlich über den Erwartungen lag. Insgesamt rechnet Kuka in diesem Jahr mit drei Milliaren Euro Umsatz.
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