Automation in der Rotorblattproduktion kommt voran
Die Hersteller von Rotorblättern für Windenergieanlagen stoßen mit neuen Längen in bisher ungeahnte Dimensionen vor. Immer wichtiger werden für die Hersteller daher automatisierte und damit reproduzierbare Produktionsverfahren. Anlagen dazu sind bereits in der Entwicklung.
Im Wettrennen um leistungsstarke Windkraftanlagen jagt derzeit ein Rekord den anderen. Der dänische Weltmarktführer LM Glasfiber entwickelt für die 6-MW-Offshoremaschine von Alstom Blätter mit einer Länge von 73,5 m. Vestas will für die neue Offshoreturbine V164 mit 7 MW gleich die Marke von 80 m knacken. Die Hersteller erreichen diese Längen nach wie vor mit glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK). Dieser ist wesentlich billiger als der leichtere und steifere kohlenstofffaserverstärkte Kunststoff (CFK), der im Flugzeugbau den Takt angibt. Bisher kommt aber nur die günstige Industrievariante (Heavy Tow) für den Bau von Gurten zum Einsatz, um Gewicht zu sparen. Die Gurte sind die dicksten Stellen im Blattquerschnitt. An ihnen sind die innen liegenden Stützstreben befestigt.
„Im Moment gibt es aufgrund der Kosten keine andere Lösung als GFK“, erläutert Georg Adolphs von OCV Reinforcements. Der global aktive Hersteller entwickelt wie viele andere Unternehmen neue Glasfasern, Gewebe und Harze mit besseren Eigenschaften, um die Blattkonstruktionen steifer zu machen. „Das Design geht dahin, die Profiltiefe im mittleren Bereich zu reduzieren und so die Aerodynamik zu verbessern. Eine schlankere Struktur führt z. B. bei einem Offshoreblatt von 60 m Länge dazu, dass sich etwa 18 % an Material und damit Gewicht einsparen lassen“, berichtete er unlängst auf einer Fachkonferenz in Essen.
Für neue Längen und schlanke Blätter gelten die gleichen Rahmenbedingungen wie für bisherige Produkte. Die geforderten Lasten bei rund 10 Mio. Zyklen in 20 Jahren müssen jedoch mit einer anderen Materialverteilung realisiert werden. Deshalb sind nicht nur neue Glasfasern und Harze notwendig, um die Blattstruktur in der Längs- und Querrichtung steifer und fester zu machen und die Durchbiegung zu minimieren. Es geht auch um automatische Verfahren, welche die vorherrschende Handarbeit im Blattbau ablösen. Denn nach Aussagen des Sachverständigen Otto Lutz aus Bundorf entstehen vier von fünf Blattfehlern bereits in der Fertigung.
Die Sandwichbauweise beherrscht bislang die Rotorblattproduktion
In der eigentlichen Produktion setzten die Hersteller bislang überwiegend auf die Sandwichbauweise. Dabei werden zwei Blatthälften parallel produziert, miteinander verklebt und die Schalen, Gurte oder Schubstege weitgehend per Hand mit Glasgeweben belegt. Das Tränken der Glasgelege in den Blattschalen mit Harz erfolgt meist mit einem Vakuuminjektionsverfahren.
Die bisherigen Automationsansätze beziehen sich bisher vor allem auf das Schleifen und Lackieren der Oberflächen, die Positionierung von Stegen und Gurten oder das Fräsen von Löchern für den Blattanschluss an die Nabe: „Es macht wenig Sinn, nur Teile einer Produktion zu optimieren oder zu automatisieren. Eine Umstellung muss den gesamten Ablauf berücksichtigen und die Produkte zudem dreidimensional visualisieren“, verdeutlichte dazu Joachim Brauer von Dassault Systèmes.
Besondere Aufmerksamkeit gilt dabei den Blattschalen. Das betrifft z. B. die lange Aushärtungsphase des flüssigen Harzes unter konstanten Temperaturen. Diese sind für eine optimale Struktur notwendig, weil GFK sich um bis zu 10 cm ausdehnen kann. Als Lösung dafür hat Fibretech Composites, Bremen, beheizbare Formwerkzeuge entwickelt, die sich in die Vakuuminjektionsverfahren integrieren lassen und schon von großen Herstellern genutzt werden.
Die Heizfelder sorgen laut Hersteller bei einem Stromverbrauch von 500 W/m² für einen gleichmäßigen Prozess. „Die Technik schafft Temperaturen zwischen 55° C und 60° C . Damit können die Schalen schnell beheizt und wieder abgekühlt werden. Die Aushärtzeit reduziert sich auf bis zu 2 h“, erklärte Jens Brandes von Fibretec. Um Energiekosten zu sparen, sei es möglich, nur Teile großer Schalen zu beheizen. Durch zusätzliche Wärmebildkameras lassen sich zudem Fehler im Glasgelege erkennen.
MAG forscht mit Unterstützung der US-Regierung an Automation im Rotorblattproduktion
Über die Automation hat sich auch MAG International Automation Systems im Rahmen eines von der US-Regierung mit 5 Mio. $ geförderten Forschungsvorhabens Gedanken gemacht und sich zunächst im Flugzeugbau umgesehen. „Grundsätzlich muss eine Automation mindestens die Investitionen wieder einspielen“, schilderte Gunter Connert von MAG. Connert weiter: „Weil im Rotorblattbau aber ganz andere Massen bewegt werden als in der Luftfahrt, haben wir zunächst mit Simulationen und verschiedenen Materialien gearbeitet und verfolgen einen neuen integrierten Ansatz für die Fertigung. Unser Ziel ist es, durch gleiche Prozesse mehr Qualität und eine Optimierung der Kosten zu erreichen.“
In Kooperation mit einem amerikanischen Blatthersteller baut MAG zwei Maschinen. Die Viper 6000 wurde für die Produktion von Gurten aus industriellem CFK entwickelt. Von diesem Heavy Tow kann die Maschine zwischen 300 kg/h und 1045 kg/h ablegen. Eine größere Dimension soll die Viper 7000 haben, die auf 32 gesteuerten Bahnen die Gelege automatisch in den Blattschalen ablegt. Diese Anlage mit einer Arbeitsgeschwindigkeit von 1,5 m/s sei in der Blattproduktion flexibel einsetzbar, da sie stündlich bis zu 1250 kg Carbon oder 1600 kg Glasfasern verarbeiten kann, heißt es. „Die Viper 7000 ist für Blätter von bis zu 60 m konzipiert, lässt sich aber erweitern, um auf neue Blattlängen und Produktzyklen reagieren zu können“, sagte Connert.
Solent Composite testet Sensoren zur Überwachung des Produktionsprozesses
Die englische Solent Composite Systems beschäftigt sich ebenfalls mit automatisierten Lösungen. Gemeinsam mit Partnern wie Moog, Insensys, GE oder Gamesa war das Unternehmen am gerade abgeschlossenen Projekt Airpower (Affordable Innovative Rapid Production Wind Energy Rotor Blades) beteiligt, wo es darum ging, solide und leichtere Offshoreblätter maschinell herzustellen.
Dafür wurde eine Testanlage konstruiert, die ein 7 m langes Teilstück automatisch herstellt und gegenüber herkömmlichen Verfahren ein neues vorimprägniertes Glasfasergewebe verarbeitet. Neben einer Heizung, die laut dem Projektteam nur 50 W/m² für die Aushärtung verbraucht, kommen dabei eingebaute Sensoren zum Einsatz, die sowohl den Produktionsprozess überwachen als auch bei den Belastungstests Ergebnisse für jedes Blatt liefern.
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