Bedienung von Industrierobotern muss einfacher werden
Industrieroboter könnten schon bald neue Kundenkreise erobern – geht es etwa um Anwendungen im Baubereich oder wenn Robotik für Serviceaufgaben gefragt ist. An den Bedien-, Programmier- und Einarbeitungskonzepten muss allerdings noch „gefeilt“ werden, wie auf der Konferenz „Robot Fabrication in Architecture, Art and Design“ (RobArch) kürzlich in Wien deutlich wurde.
Einmal gab es während der RobArch Szenenapplaus: Als Ralph Bärtschi von der Zürcher ROB Technologies AG sich vor den 200 Teilnehmern der Konferenz über Roboter in der Architektur darüber beklagte, dass jeder Roboterhersteller seine eigene Programmiersprache verwendet, brandete spontan Beifall auf. Viele der Zuhörer hatten sich zuvor in dreitägigen Workshops selbst mit der Bedienung von Industrierobotern vertraut gemacht. Das Klatschen war so etwas wie ein kollektiver Seufzer: Leute, eure Roboter sind toll, aber macht’s bitte nicht so kompliziert!
Steuerung der Roboter eines der Schlüsselprobleme
Die Steuerung ist für die Anbieter von Robotern eines der Schlüsselprobleme beim Kampf um neue Kunden. Bislang werden Roboter im industriellen Einsatz nicht nur in jeweils eigenen Sprachen, sondern auch über ebenfalls herstellerspezifische Programmierhandgeräte (PHG) bedient. Für neue Anwendungen im mittelständischen Bereich bedeutet das einen erheblichen und oft zu kostspieligen Einarbeitungsaufwand – während der etablierte Kundenstamm mit eben dieser Hard- und Software vertraut ist und auf Veränderungen empfindlich reagiert.
Frei konfigurierbare PHG könnten helfen, diesen Spagat zu meistern. So hat die Firma Reis Robotics in Obernburg jetzt das „reisPad“ vorgestellt, das fast vollständig ohne Hardwaretasten auskommt. Stattdessen werden die Befehle über einen Touchscreen eingegeben. Der kann die Tastatur eines herkömmlichen PHG wiedergeben, kann aber auch den Bedürfnissen des jeweiligen Nutzers angepasst werden. Das Gerät sei derzeit ein „großer Renner“, sagt Franz Som, Leiter der Steuerungsentwicklung bei Reis.
Intuitive Bedienung vor allem für mittelständische Unternehmen wichtig
Eine andere Alternative besteht darin, auf PHG ganz zu verzichten und den Roboter im wörtlichen Sinn an die Hand zu nehmen: Ein Mensch macht dem Roboter die Bewegung vor, indem er ihn an die gewünschten Punkte schiebt. „Wenn es um die Einrichtung einer Fertigungsstraße für Automobile geht, die mehrere Jahre laufen soll, fällt es nicht besonders ins Gewicht, wenn die Programmierung zwei Wochen dauert“, sagt Rebecca Hollmann, die am Stuttgarter Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) das Verfahren „InTeach“ mit entwickelt hat. „Mittelständische Unternehmen arbeiten aber meistens mit kleinen Fertigungsserien und hoher Produktvielfalt. Da kommt es auf eine intuitive, schnelle Bedienung an.“
Für InTeach sind im ersten Schritt zunächst keinerlei Programmierkenntnisse erforderlich. Die Bewegung des Roboters von Hand kann jedoch nicht mit der Präzision erfolgen, die später im automatischen Betrieb gefordert ist. Abweichungen vom Idealpfad, die beim Vormachen unvermeidlich sind, müssen daher anschließend am Computer mithilfe eines 3-D-Modells korrigiert werden.
Der Umgang mit dreidimensionalen Computermodellen ist indessen vielen potenziellen Roboternutzern vertraut. Auch für Architekten gehören CAD-Daten zum Berufsalltag. Die Umsetzung solcher Daten in Steuerkommandos für Roboter ist jedoch keine Kleinigkeit. Neben den drei Dimensionen des Modells muss beim Roboter auch die Ausrichtung im Raum berücksichtigt werden, also drei Freiheitsgrade mehr. Da ist schon die Modellierung einer Bewegungslinie eine Herausforderung.
Bärtschi stellte bei der Konferenz an der TU Wien „BrickDesign“ vor, ein Plug-in für die CAD-Software Rhinoceros. Das Programm erlaubt die Modellierung von Ziegelsteinfassaden mit mehreren zehntausend Ziegelsteinen und deren individuelle Platzierung durch Roboter. Es ist hervorgegangen aus Forschungen an der ETH Zürich. Beim Bau einer Fassade des Schweizer Weinguts Gantenbein im Jahr 2006 legte ein Roboterarm 20 000 Ziegel auf Lücke und in unterschiedlichen Winkeln zueinander, sodass sie interessante Lichtmuster erzeugen, zugleich die dahinter liegenden Gärungsräume vor direkter Sonneneinstrahlung schützen und dem Betrachter von außen aus manchen Blickwinkeln den Anblick von Trauben bieten.
Open-Source-Prgramm ROS treibt Entwicklung von Robotersoftware voran
Die Entwicklung von Robotersoftware wird derzeit insbesondere durch das Open-Source-Programm ROS (Robot Operating System) vorangetrieben, das durch die US-Firma Willow Garage im kalifornischen Menlo Park initiiert wurde. Es zielt in erster Linie auf Serviceroboter und soll helfen, diesen neuen Geschäftszweig in Schwung zu bringen. ROS sei eine „Flutwelle, die alle Boote in der Welt der Personalrobotik hebt“, sagt Willow-Garage-Chef Steve Cousins.
Diese Flutwelle hat jetzt auch die Industrierobotik erreicht: Der zweiarmige Roboter „Baxter“, den das US-Unternehmen Rethink Robotics, Boston, kürzlich nach mehrjähriger geheimer Entwicklungsarbeit vorstellte, nutzt neben ROS auch das Open-Source-System Linux. Es dürfte zudem der erste Industrieroboter mit einem Gesicht sein: Zwei Augen auf einem flachen Monitor zeigen, worauf die Aufmerksamkeit des Roboters gerade gerichtet ist.
Wenn das Handgelenk gegriffen wird, stellt Baxter sofort seine Tätigkeit ein, richtet die Augen auf den Menschen und wartet dessen Kommandos ab. Durch manuelles Bewegen des Arms mit integrierter Bedienungstastatur, unterstützt durch Menüs auf dem Bildschirm, soll sich dem Roboter so Weise leicht und schnell erklären lassen, was er wo greifen und wo wieder ablegen soll. Investoren war das Baxter-Projekt bislang 62 Mio. $ wert.
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