Europa führend beim Einsatz von Industrierobotern
Die Roboterdichte ist nirgends so hoch wie in Europa. An welchen Industrien das liegt und ob China seine ambitionierte Automatisierungsstrategie wird umsetzen können, lesen Sie hier.
Bis 2022 werden rund um den Globus rund 4 Millionen Industrieroboter im Einsatz sein. So lautet die Prognose des Weltbranchenverbandes International Federation of Robotics (IFR) in seinem aktuellen Welt-Roboter-Report 2019. Der weltweite Wettlauf um die Automation im produzierenden Gewerbe ist in vollem Gange. 422.000 Einheiten wurden allein im vergangenen Jahr weltweit ausgeliefert, 6 % mehr als 2018. Dieser Trend soll trotz des Handelsstreits zwischen den USA und China und trotz sich eintrübender Weltkonjunktur bestehen bleiben. 2022 rechnet der IFR mit 584.000 verkauften Einheiten.
Zuletzt verkauften die Roboterhersteller Produkte im Wert von 16,5 Milliarden US-Dollar. Und ließen dabei Rekorde purzeln: Noch nie wurden mehr als 400.000 Robotereinheiten pro Jahr verkauft und noch nicht wurde so viel Geld umgesetzt. Und das „obwohl die Hauptabnehmer für Roboter – die Industrien für Automobile und Elektronik / Elektrotechnik – ein schwieriges Jahr hatten“, bilanziert IFR-Präsident Junji Tsuda. Die 5 wichtigsten Märkte für die Roboterhersteller sind für 74 % des Umsatzes mit Industrierobotern verantwortlich und haben 2018 Roboter in folgendem Ausmaß installiert:
- China (39.351 Einheiten)
- Japan (17.346 Einheiten)
- Deutschland (15.673 Einheiten)
- USA (15.246 Einheiten)
- Südkorea (11.034)
Robotermarkt Deutschland und die EU
In Deutschland kommen auf 10.000 Beschäftigte 338 Industrieroboter, das bedeutet Rang 3 weltweit. Entsprechend hat sich die Zahl verkaufter Roboter auf zuletzt 27.000 Einheiten erhöht – einem Plus von 26 % im Vergleich zum Vorjahr. Mehr Roboter setzen nur noch Südkorea (831) und Singapur (774) ein. Hinter den deutschen Unternehmen folgen Japan, Schweden, Dänemark, Taiwan und die USA. Anders als vielleicht vermutet, belegt die Europäische Union damit den klaren Spitzenplatz in der Rangliste der Regionen. Sie liegt mit durchschnittlich 114 Robotern pro 10.000 Beschäftigte deutlich über dem globalen Durchschnitt von 99.
Die hohe Roboterdichte ist vor allem auf die Automatisierung in den großen Branchen, allen voran der Automobilindustrie zurückzuführen. Sie bestellt knapp ein Drittel aller Industrieroboter weltweit. Ihre Zulieferer haben sich diesem Trend bisher weniger schnell angeschlossen, die Automatisierung hält aber auch dort Einzug. Das werde noch zunehmen, lässt das IFR wissen, „da Roboter immer kleiner, flexibler, einfacher zu programmieren und kostengünstiger werden“.
Neben der Automobilindustrie ist es in Europa vor allem der Maschinenbau und die Metallindustrie, die für reichlich Nachfrage nach Industrierobotern sorgen. Im vergangenen Jahr installierten die Unternehmen dieser Branchen allein 43.500 Roboter in ihren Werkshallen.
Chinas großer Plan für Industrieroboter
Führender Absatzmarkt bei den Industrierobotern ist China, wo im vergangenen Jahr 154.000 Einheiten verkauft wurden. Das allein macht 36 % der weltweiten Anschaffungen aus. China bezieht damit mehr Roboter als Europa und Amerika zusammengenommen. Das Niveau wurde damit im Vergleich zum Vorjahr gehalten, allerdings stieg die Investitionssumme. Chinesische Unternehmen investierten 2018 rund 5,4 Milliarden US-Dollar in ihre neuen Industrieroboter – ein Plus von 21 % gegenüber dem Vorjahr.
Ein Großteil der Industrieroboter wird übrigens importiert, bzw. von im Land produzierenden ausländischen Firmen vertrieben. Der Inlandsmarktanteil chinesischer Roboterhersteller ist zwar gestiegen, liegt aber noch immer bei schwachen 27 %. Das aber wird nicht so bleiben. Denn China hat große Pläne.
Im nationalen Zehn-Jahres-Plan „Made-in-China-2025“ sieht Peking bis 2020 eine Roboterdichte von 150 Einheiten vor. Das Ziel dürfte als erreicht gelten, immerhin hat China derzeit 140 Roboter je 10.000 Beschäftigte im industriellen Einsatz. Und das Wachstum ist rasant: Allein im Jahresvergleich 2017/18 erhöhte die Volksrepublik die Roboterdichte von 97 auf 140 Einheiten. Um die selbstgesteckten Ziele zu erfüllen, muss China nun noch bei der Produktion eigener Industrieroboter nachlegen. Das selbst gesteckte Ziel hier lautet 100.000 Einheiten im Jahr 2020, aktuell liegt das Land bei weniger als der Hälfte.
Über die Roboter-Pläne Chinas haben wir hier berichtet
Asien – Produzent und Nutzer von Industrierobotern
In Asien liegt die Roboterdichte bei rund 91 Einheiten pro 10.000 Beschäftigte und damit knapp unter dem weltweiten Durchschnitt von 99. Das liegt am sehr geringen Automatisierungsgrad vieler Länder bei gleichzeitigem Spitzenlevel anderer.
Die beiden Spitzenreiter Singapur und Südkorea etwa haben ihre Roboterdichte im vergangenen Jahr weiter ausgebaut. Das liegt vor allem daran, dass die dort führenden Industrien zu den größten Nachfragern von Industrierobotern zählen. In Singapur, wo 831 Roboter auf 10.000 Beschäftigte kommen, treiben die Elektro- und Elektronikindustrie sowie die Automobilindustrie die Nachfrage. Dabei hat sich die Nachfrage nach Elektronikprodukten wie Batterien, Chips und Displays abgeschwächt. Der IFR führt das auf die Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China zurück, der sich auf den Konsumentenbereich besonders stark auswirkt. Allerdings nicht so stark, dass es zu schmerzhaften Einbußen käme: „Roboter schaffen es sehr kleine Teile mit hoher Geschwindigkeit und Präzision zu bearbeiten, sodass die Elektronikhersteller gleichzeitig ihre Qualität sichern und die Produktionskosten optimieren können.“
Südkorea schließlich bietet ebenfalls großen Unternehmen beider Industrien eine Heimat, weshalb es nicht verwunderlich ist, dass das Land beim Einsatz von Industrierobotern auf einem ähnlichen hohen Niveau liegt (774). Der größte Hersteller von Industrierobotern ist allerdings Japan. Jeder zweite Industrieroboter kommt von dort.
Wie wirken sich Roboterinstallationen auf den Arbeitsmarkt aus?
Der Branchenverband IFR betont immer wieder, dass die „enormen Roboterinstallationen einen positiven Effekt auf die Beschäftigung“ hätten. Hier stützt sich der Roboterweltverband auch auf eine Studie, die das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) gemeinsam mit der Universität Utrecht durchgeführt hat. Die Studie, die auf 27 EU-Länder zwischen 1999 und 2010 bezogen ist, hatte die Auswirkungen des technologischen Wandels auf die Arbeitsnachfrage untersucht. Die Wissenschaftler kamen darin zu dem Schluss, dass „Automatisierung durch sinkende Produktionskosten für Unternehmen und dadurch sinkende Angebotspreise zu höherer Produktnachfrage geführt hat. Die gestiegene Produktnachfrage wiederum führt zu einem Anstieg der Arbeitsnachfrage“.
Das sei aber nicht gleichbedeutend damit, dass mehr Jobs in der Realwirtschaft entstünden. „Aufgrund kurz- oder mittelfristiger Anpassungskosten infolge von Verschiebungen zwischen Berufen, Sektoren oder Regionen lassen sich die Effekte nicht eins-zu-eins in die Anzahl neuer Arbeitsplätze übersetzen“, sagte Ulrich Zierahn, Wissenschaftler am ZEW und Mitautor der Studie.
Dass sich Mensch und Roboter am Arbeitsplatz immer näher kommen, berichteten wir bereits vor einigen Jahren. Damals entstand der Begriff Cobot, der einen Roboter beschrieb, der die Mensch-Maschinen-Kollaboration auf die Spitze trieb. Er sollte Hand in Hand mit den Beschäftigten aus Fleisch und Blut zusammenarbeiten. Bis heute allerdings fristen diese Robotertypen mit 14.000 Einheiten ein Nischendasein. Sie machen gerade einmal 3 % des Weltmarktes für Industrieroboter aus. Ein Grund dafür könnte sein, dass es eine riesige Herausforderung ist, intuitive Roboter zu entwickeln. Das erklärte und Dominik Bösl, Vice President Consumer Driven Robotics bei der Kuka AG. Der übrigens trotz seines Jobs nicht an die Vollautomation der Produktion glaubt.
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