Forschung für die Arbeitssicherheit 16.08.2018, 07:12 Uhr

Diese gefühlvolle Roboterhaut soll Mensch-Roboter-Kollaboration befeuern

Damit Mensch und Roboter gefahrlos miteinander arbeiten können, müssen Roboter auf ihre Kollegen aus Fleisch und Blut aufpassen. Dafür haben Forscher aus den USA ein Material entwickelt, das empfindlicher ist als menschliche Haut. Damit sind auch andere Einsatzmöglichkeiten denkbar.

Zwei Hände in Einmalhandschuhen halten ein gelbes Stück der Sensorhaut

Was unscheinbar aussieht, könnte in naher Zukunft Robotern, Prothesenträgern und Behörden zugute kommen.

Foto: UT Arlington

Amerikanische Forscher der University of Texas at Arlington (UTA) haben eine smarte Roboterhaut entwickelt und diese zum Patent angemeldet. Sie ist laut Aussage der Forscher wesentlich empfindlicher als menschliche Haut. In Hinblick auf den Einsatz von Robotern ist diese Innovation einem Quantensprung gleichzusetzen. Denn vor allem im Montagebereich ist der Einsatz taktiler Roboter von großer Bedeutung, um Prozesse zu beschleunigen.

Arbeitssicherheit steht Mensch-Roboter-Kollaboration entgegen

Vor allem in Montageprozessen spielen Roboter bereits eine bedeutende Rolle und bis zu einem bestimmten Grad funktioniert die Mensch- Roboter-Kollaboration hervorragend. Trotzdem ist es noch ein weiter Weg bis zur Fabrik der Zukunft. Denn immer noch übernimmt der Mensch bis zu 80 Prozent der anfallenden Montagearbeiten oder erhält dabei vom Roboter nur Unterstützung. Die Ursache dafür liegt vor allem in der zu gering ausgeprägten Sensibilität der Roboter und den damit verbundenen Risiken. Die Arbeitssicherheit für den Menschen steht in der Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK) immer im Vordergrund. Und momentan steht sie dem Projekt MRK sogar ein Stück weit im Weg. Doch nicht nur sie, auch die komplexe Programmierung und die hohen Anforderungen an die Sensorik stellen momentan noch einen Hinderungsgrund für ein enger gestaltetes Zusammenspiel zwischen Mensch und Roboter in der Produktion dar. Das ändert sich unter Umständen durch das Material, das Forscher der University of Texas at Arlington (UTA) kürzlich entwickelt haben.

Feinfühlige Roboterhaut arbeitet mit Eigenenergie

Ausgehend von der Vision, das Miteinander von Robotern und Menschen zu optimieren, entwickelte ein Forscherteam um die Elektroingenieurin Zeynep Celik-Butler eine hoch sensible Roboterhaut, die in der Lage ist, eine wesentlich größere Menge an Informationen zu verarbeiten als die menschliche Haut. Die Basis dieser bahnbrechenden Entwicklung bilden mehrere Millionen flexibler Sensoren aus Nanodraht mit einem Durchmesser von 0,2 Mikrometer. Im Vergleich dazu: Ein menschliches Haar weist einen Durchmesser von 40 bis 60 Mikrometern auf. Diese winzigen Sensoren reagieren auf feinste Berührungen und sind unabhängig von einer externen Energiezufuhr. Denn das verwendete Zinkoxyd weist eine Eigenenergie von 3,37 Elektronenvolt auf. Sobald die künstliche Roboterhaut feinste Berührungen registriert, kann der Roboter in Sekundenbruchteilen auf die übermittelten Informationen reagieren.

Nanomaterial könnte auch Prothesen aufwerten

Die verwendeten Sensoren sind nicht nur äußerst berührungsempfindlich und unabhängig von einer externen Energiequelle. Sie besitzen zusätzlich eine überdurchschnittlich hohe Resistenz gegen allerlei Umwelteinflüsse. Denn eine Umhüllung aus Polyamid schützt die Roboterhaut vor Feuchtigkeit und Chemikalien. Das Gesamtergebnis ist beeindruckend. Denn das Resultat der intensiven Forschung und Entwicklung des Forschungsteams aus Texas ist ein äußerst dünnes, hoch flexibles, von externen Energiequellen unabhängiges und gegen Umwelteinflüsse resistentes Produkt. Diese Innovation eignet sich sowohl für den Einsatz am Roboter wie als Prothesenüberzug. So erleichtert diese besondere Haut in naher Zukunft vielleicht auch Menschen mit Arm- oder Beinprothesen das Leben.

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Taktile Roboter im praktischen Einsatz – Status Quo

Dass die Wettbewerbsfähigkeit immer mehr von intelligenten Automatisierungslösungen abhängt und sich dieser Anspruch zukünftig erhöht, ist eine Tatsache. Doch wie präsentiert sich die aktuelle Situation in diesem Bereich? Zu interessanten Ergebnissen kam EDAG-Mitarbeiter Sebastian Häring im Rahmen seiner Masterarbeit zum Thema „Konzeption einer MRK-Anlage zur Vormontage“. Das Ausgangsproblem war die Montage der Abdeckung einer Fahrzeug-Mittelkonsole. Dabei unterschied er zwischen vier verschiedenen Fällen in der Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK).

  • Fall 1: Sensoren gewährleisten den Abstand zwischen Mensch und Roboter.
  • Fall 2: Roboter ist inaktiv; der Mensch aktiviert ihn.
  • Fall 3: Sensoren stellen den korrekten Abstand her.
  • Fall 4: Prozess ist so gestaltet, dass sich Mensch und Roboter berühren können.

In den Fällen eins bis drei verhindern Sensoren oder die Aktivierung durch den Menschen die gegenseitige Berührung mit aus Sicht der Arbeitssicherheit negativen Folgen. Im Fall 4 ist das Risiko der Berührung groß. Um dem Menschen ausreichend Zeit für Schutzreaktionen zu geben, muss der Roboter entsprechend langsam arbeiten. Zugleich muss der maximale Druck auf das menschliche Gewebe im Berührungsfall genauestens definiert sein. Die Folgen sind eine komplexe Programmierung und ein verlangsamter Prozess.

Fraunhofer IFF forscht ebenfalls an taktilen Sensorsystemen

Weil in dieser Situation die Arbeitssicherheit – logischerweise – an erster Stelle steht, wirken sich die damit einhergehenden Vorgaben auf die Prozesseffizienz aus. Der Roboter könnte den Arbeitsschritt theoretisch wesentlich schneller und effizienter ausführen. Allerdings behindert die Anwesenheit des Menschen eine schnellere Ausführung. Andererseits ist die Anwesenheit des Menschen bei diesem Arbeitsschritt aktuell noch unverzichtbar. Die von der UTA patentierte Roboterhaut würde das Problem durch die hohe Berührungsempfindlichkeit der Roboterhaut lösen.

Auch das Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und –automatisierung IFF forscht aktuell an taktilen Sensorsystemen als Eingabegeräte. Die Forscher gehen von einer auf dem Roboter aufgebrachten drucksensitiven Haut zur Kollisionserkennung aus. Ein weiteres Ziel ist der Einsatz dieser drucksensitiven Oberflächen in der berührungsbasierten Roboterbedienung. Im oben genannten Beispiel wären das die Fälle eins bis drei zur Aktivierung und zur flexiblen Abstandsoptimierung. In jedem Fall optimieren druckintensive Oberflächen die Prozesse im Produktions- und Montagebereich.

Taktile Roboter als technische Revolution der Zukunft

Die für Roboter entwickelte hochempfindliche Haute bietet zusätzlich zur Integration in Produktionsprozesse und der damit verbundenen Beschleunigung von Prozessen weitere interessante Anwendungsbereiche. So bietet sich diese innovative Technologie gleichermaßen im medizinischen Bereich für Prothesenträger an wie zur Identifikation über Fingerabdruck. Eingewebt in Schutzkleidung oder Uniformen könnte das Material giftige Stoffe identifizieren. Der voranschreitenden Integration von Robotern in das menschliche Umfeld hat diese Entwicklung jedenfalls ein Kapitel hinzugefügt.

 

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Ein Beitrag von:

  • ingenieur.de

    Technik, Karriere, News, das sind die drei Dinge, die Ingenieure brauchen.

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