Europäische Robotikkonferenz ERF 2025 erstmals in Deutschland
Beim ERF in Stuttgart im März wird neben wissenschaftlichen Erkenntnissen auch um den Wettbewerb mit den USA und China gehen.
Erstmals findet das European Robotics Forum (ERF) in Deutschland statt. Der Veranstalter, die Branchenvereinigung euRobotics, legt dabei einen besonderen Fokus auf den Technologietransfer. „Wir bilden das komplette Forschungsökosystem in Europa ab“, hebt Werner Kraus hervor. Der Leiter des Forschungsbereichs Automatisierung und Robotik am Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA ist „General Chair“ des diesjährigen ERFs.
Das Motto lautet dieses Jahr: „Boosting the Synergies between Robotics and AI for a stronger Europe“. Es untermauert den Anspruch, die Forschung und Industrie in Europa zusammenzubringen und die kommenden technologischen Entwicklungen mitzugestalten. Dazu soll der aktuelle Stand von Robotik und KI auf großer Bühne präsentiert werden. Und die erwarteten mehr als 1200 Teilnehmenden erhalten Einblicke in Forschungseinrichtungen – unter anderem ins Fraunhofer IPA – sowie in namhafte Robotikfirmen aus der Region. Auch Start-ups spielen beim ERF eine wichtige Rolle, sei es durch Workshops zu neuen Geschäftsmodellen und Anwendungen oder auch durch den Renaud Champion Entrepreneurship Award und nicht zuletzt, indem sich einige mit Ständen in der Ausstellung präsentieren.
Europa soll bei Entwicklung von KI und Robotik mitgestalten
Fraunhofer-Präsident Holger Hanselka hebt die wirtschaftliche Bedeutung der Forschung zu KI und Robotik hervor: „In der zunehmenden Verbindung von künstlicher Intelligenz, kognitiven Systemen und maschinellem Lernen mit der Robotik liegt gewaltiges Potenzial für unsere Wirtschaft und Gesellschaft.“ Mit Blick auf den internationalen Wettbewerb in dem Bereich stellt er fest: „Dabei ist es gerade für Deutschland und Europa essenziell, nicht nur Nutzer, sondern Entwickler dieser Technologien zu sein.“
„Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels gilt die Robotik als die Technologie zur Wohlstandssicherung“, zeigt sich auch Fraunhofer-Wissenschaftler Kraus überzeugt. Er sieht dafür in diesem Jahr besondere Anreize für überregionale ERF-Gäste: „Baden-Württemberg gestaltet diese Zukunft mit dem starken Robotikökosystem aus Anwendern und Lieferanten von KI-Robotik-Lösungen mit. Man denke zum Beispiel an die Weltmarktführer im Bereich Greif- und Sicherheitstechnik.“
Rolle der KI in der Robotik
Zur Anwendung von KI sagt Kraus: „In der Bildverarbeitung ist KI mit den Deep-Learning-Architekturen beispielsweise für die Qualitätssicherung und Pick-und-Pack-Aufgaben heute nicht mehr wegzudenken. Zunehmend geht es auch um ,embodied AI‘, also die Bewegungsplanung bis zum KI-basierten Steuern des Roboters, um zum Beispiel feinfühlig montieren zu können. Was noch fehlt, sind hardwareseitig die Architekturen, insbesondere für KI-basierte und mobile Roboter.“ Er vergleicht das mit den Anfängen der Elektromobilität: „Am Anfang wurden Verbrennerautos einfach zum Elektroauto umgebaut. Das war nicht optimal.“
KI-basierte Robotik gilt als ein wichtiger strategischer Eckpfeiler in der deutschen und europäischen Wirtschafts- und Wissenschaftspolitik, um gesellschaftliche Herausforderungen wie den demografischen Wandel und den Arbeitskräftemangel stemmen zu können. Wichtige Impulse hierfür sollen dazu auch von der ins ERF integrierten Konferenz „KI-basierte Robotik 2025“ (KIRO) ausgehen. Diese wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) durchgeführt. Außerdem geben große nationale und internationale Initiativen wie das „Robotics Institute Germany“, „RoX – Digitales Ökosystem für KI-basierte Robotik“ oder das ROS-Industrial-Konsortium für Open-Source-Software Einblicke in ihre Arbeit.
ERF schafft Brückenschlag zu Entwicklungen in den USA
Auch wenn es beim ERF 2025 vor allem um die Entwicklungen in Europa geht, sind die engen Beziehungen zu US-Konzernen dennoch deutlich zu erkennen. Denkanstöße sollen beispielsweise von Dieter Fox kommen. Der Professor der University of Washington gehört zum Entwicklungsteam für die Robotik beim US-Technologieunternehmen Nvidia. Er wuchs in Bonn auf, wo er 1998 am Institut für Informatik der Universität Bonn promovierte. Er soll Einblicke in die generative KI für die Robotik liefern. Der ERF-Chair Kraus spricht in Anlehnung an das Sprachmodell ChatGPT von einem „RobotGPT“.
Ähnliches wie für Fox gilt auch für Torsten Kröger von Intrinsic. Der Deutsche arbeitete für Unternehmen wie die Volkswagen AG, Manz und Kuka, bevor er in die USA ging und 2014 erstmals in die Roboterentwicklung bei Google einstieg. Heute ist er Chief Science Officer bei Intrinsic, der Robotereinheit im Google-Mutterkonzern Alphabet. Intrinsic unterstützt das ERF als Sponsor. Der Deutsche CSO pendelt zwischen den beiden Unternehmensstandorten in Deutschland und dem Silicon Valley.
„Endlich findet das ERF in Deutschland statt. Es ist das erste Mal und ich rechne mit einem Teilnehmerrekord“, freut sich Kröger. Seine Begründung: „Die Automatisierung wird aus Deutschland heraus betrieben. Hier gibt es wichtige Anbieter und Anwender, die Standards und Informationsmodelle für die Industrie entwickeln.“ Zur Rolle Europas beim Zukunftsthema KI erklärt er: „Europa ist stark in der Anwendung der KI, in der industriellen Anwendung sehe ich Europa weltweit als Spitzenreiter.“ Es gibt für ihn aber auch einen Wermutstropfen: „Die Kernentwicklungen der KI passieren aber in den allermeisten Fällen nicht in Europa.“
Für den Roboterforscher Kraus ist das ERF dabei durch seine Vielfältigkeit ein einzigartiges Event in der europäischen Robotik-Community. Es vereint Keynotes, Vorträge und Workshops. Auf der Agenda stehen dabei diesmal Themen wie Anwendungstrends in der Industrie- und Servicerobotik, generative KI in der Roboterprogrammierung und -steuerung, die KI-Verordnung (AI Act) oder humanoide Roboter.
Humanoide Roboter sind ein Thema auf dem ERF 2025
Zum Thema „humanoide Roboter“, welches die International Federation of Robotics (IFR) zu den internationalen Top-5-Trends zählt, verweist Kraus auf eine Studie des Fraunhofer IPA mit über 100 Teilnehmenden: „Etwa die Hälfte der Befragten waren nur am Oberkörper interessiert. Der humanoide Oberkörper mit Armen könnte also genauso gut auch auf Rädern stehen.“ Als bevorzugter Anwendungsbereich wurde die Handhabung beispielsweise zur Beladung von Maschinen und in der Logistik identifiziert. „Wenn der humanoide Roboter von seiner Produktivität her der Leistung eines halben Personentags nahekommt, erschienen dabei Anschaffungskosten von 100.000 € als akzeptabel.“
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