Ford testet neue Fahrzeugsitze mit Gesäß-Roboter
Belastungstests für Matratzen, Sofas oder Autositze wurden früher mithilfe von Pneumatik-Zylindern durchgeführt. Ford nutzt dafür einen Roboter, der intern „Robutt“ genannt wird. Und „butt“ bedeutet vornehm ausgedrückt „Gesäß“.
So ein Autositz hat ja eine Menge auszuhalten. Ein Fahrersitz als Beispiel: In zehn Jahren, bei einer angenommenen Laufleistung des Autos von 150.000 Kilometern und einer realistischen Durchschnittsgeschwindigkeit von 50 km/h wird er 3.000 Stunden belastet – oder 125 Tage rund um die Uhr. Kein Sofa im Wohnzimmer hält das unbeschadet aus.
Schon seit langem prüfen Autohersteller ihre neu entwickelten Sitze in einer simulierten Dauerbelastung. Das geschah früher mithilfe relativ simpler, pneumatisch betriebener Stempel. Deren Nachteil aber war, dass sie nur vertikale oder horizontale Bewegungen ausführen konnten. Der menschliche Fahrer aber sitzt ja nicht einfach still, manche liegen halb, andere hängen beinahe mit dem Kinn auf dem Lenkrad, und die ganz coolen neigen sich lässig zur Seite. Derartige Bedingungen realitätsnah nachempfinden kann nun der Roboter, den die Ford-Mitarbeiter im Kölner Fiesta-Werk „Robutt“ nennen. Der Name passt, schließlich geht es um einen Roboter, dessen Ausleger dem menschlichen Gesäß (engl. butt) sehr ähnlich sieht.
Weitaus realistischere Ergebnisse
Der Robutt nimmt 25.000 Mal auf dem Sitz Platz und kann so innerhalb von drei Wochen eine zehnjährige Nutzung simulieren. „Mit dem neuen Roboter können wir nun sehr viel genauer nachvollziehen, wie die Menschen im Auto wirklich sitzen“, sagt Svenja Fröhlich, Durability Engineer bei Ford. Das liegt unter anderem daran, dass der Roboter unterschiedliche Sitzmuster lernen kann. Referenz ist ein Mann mit durchschnittlichen Körperabmessungen.
Weiterer Vorteil der Methode: Auch die Bequemlichkeit der Sitze wird mit Hilfe eines ähnlichen Gerätes geprüft. Ein „Metallgesäß“ wird auf dem Sitz platziert, um exakt zu messen, wie tief ein Mensch einsinken würde. Die neue Technologie kam erstmals beim neuen Ford Fiesta zum Einsatz, der seine Markteinführung in Deutschland im Juli hatte, und soll nun nach und nach auf alle künftigen Ford-Baureihen in Europa ausgeweitet werden. Die aufwendigen Testreihen werden auch deshalb immer wichtiger, weil immer mehr Modelle auch unterhalb der Luxusklasse über Sitzheizungen verfügen – und die dürfen durch mechanische Belastung nicht gleich zerstört werden.
Auch ungeduldiges Hampeln wird simuliert
Details über die Robotertechnik, die Messsysteme und die Sensorik verrät Ford allerdings nicht. Die Kölner sind übrigens auch nicht das erste Unternehmen, das derartige Technologie für den Sitztest nutzt. So hat Volvo schon vor ein paar Jahren einen Roboter vorgestellt, der sogar noch ein bisschen mehr kann. Denn er simuliert auch einen Fahrer oder Mitfahrer, der ungeduldig vor der Ampel herumhampelt, sich zum Kind hinüberbeugt oder ein dickes Portemonnaie in der Tasche hat.
„Reibende und rotierende Bewegungen“ hat der Volvo-Roboter dementsprechend im Programm. Außerdem finden die zehnwöchigen Dauertests bei den Schweden auch noch in einer Klimakammer statt, die unterschiedliche Temperaturen und Luftfeuchtigkeit erzeugen kann. Die Ergebnisse sind damit noch ein Stück realistischer. Nur so ein hübschen Namen wie der „Robutt“ von Ford hat der Volvo-Roboter nicht.
Virtual Reality haben die Designer und Ingenieure bei Ford eingesetzt, um das Cockpit des Fiesta vollständig zu simulieren, ohne einen physisch existierenden Prototyp bauen zu müssen. Erstmals haben die Entwickler beim Fiesta per VR-Technik die Position der Bedienelemente, die Gestaltung des Armaturenträgers sowie die Sitzpositionen optimiert. Lesen Sie hier mehr darüber.
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