Teleoperation 05.03.2024, 13:29 Uhr

Forschende steuern Gabelstapler mit 5G und Internet

Ein Forschungskonsortium hat eine Lösung entwickelt, um das Risiko für Menschenleben bei Unfällen mit gefährlichem Material zu mindern. Das Autonomie-Kit verwandelt Baumaschinen wie Bagger und Traktoren in unbemannte Bergungsgeräte. Es wird von 5G-Netzwerken und speziellen Automatisierungstechnologien unterstützt.

Fernsteuerung über 260 Kilometer: Der Stapler "MATS" wurde von einem Standort in Karlsruhe aus gesteuert, während er sich in Ilmenau, Thüringen, befand. Foto: Fraunhofer IOSB / indigo

Fernsteuerung über 260 Kilometer: Der Stapler "MATS" wurde von einem Standort in Karlsruhe aus gesteuert, während er sich in Ilmenau, Thüringen, befand.

Foto: Fraunhofer IOSB / indigo

Um das Risiko für Menschenleben bei Unfällen mit gefährlichem Material zu reduzieren, hat ein Forschungskonsortium eine alternative Lösung entwickelt. Anstatt teurer ferngesteuerter Fahrzeuge, die erst zum Unfallort gebracht werden müssen, wurden kostengünstigere Optionen getestet.
Der Fokus der Arbeit lag auf der Entwicklung eines Autonomie-Kits, das es ermöglicht, weltweit verfügbare Baumaschinen und Arbeitsfahrzeuge wie Bagger und Traktoren schnell und einfach durch den Einbau von Sensoren und anderen Komponenten in unbemannte Bergungsgeräte umzurüsten.

Dieses Autonomie-Kit unterstützt durch Funktionen wie autonome Navigation in unstrukturierten Umgebungen, assistierte 3D-Objektmanipulation und situationsangepasste Vernetzung die Bergungskräfte optimal und ermöglicht so eine schnelle Beseitigung von Gefahrenquellen. Durch die Umsetzung als Nachrüst-Kit müssen keine speziell umgebauten Fahrzeuge weltweit vorgehalten werden.

Stapler über eine Entfernung von 260 Kilometern steuern

Nun haben die Forschenden am Fraunhofer-Institut IOSB-AST erfolgreich das modifizierte System „Mats“ von Palfinger gesteuert, um einen Stapler über eine Entfernung von 260 Kilometern zu bedienen.

Für diese Aufgabe wurden ein lokales 5G-Netzwerk und spezielle Automatisierungstechnologien eingesetzt, um die Vielzahl der Sensordaten zu verarbeiten und auszuwerten. Potenzielle zukünftige Anwendungsgebiete könnten die Fernsteuerung mobiler Arbeitsmaschinen in verschiedenen Szenarien sein.

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Ein bemerkenswertes Merkmal des Staplers „MATS“ ist seine generalisierbare Schnittstelle, die von Wissenschaftlern des Fraunhofer IOSB-AST entwickelt wurde. Diese ermöglicht eine Fernsteuerung über verschiedene Kontrollzentren, was die Flexibilität des Systems erhöht. Während des erfolgreichen Tests im Rahmen der ROBDEKON-Partizipationsveranstaltung wurde beispielsweise der „shared autonomy“ Leitstand des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz GmbH (DFKI) aus Bremen verwendet.

Eine Art digitaler Zwilling geschaffen

Durch die Verwendung von Robotermodellen und den bereits vorhandenen 3D-Umgebungsdaten des Staplers wird ein virtueller Zwilling erzeugt. Mit diesem digitalen Zwilling kann der fernsteuernde Bediener virtuelle Kamerapositionen erstellen, um die Situation aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und entsprechend zu handeln. Ähnlich wie bei Spurhalteassistenten im Automobil helfen Autonomiefunktionen dabei, Kollisionen mit Objekten im Sichtfeld des Staplers zu vermeiden. Die Forscher am IOSB betonen, dass bereits heute Projekte in Zusammenarbeit mit Industriepartnern laufen, um Lasten in Fabriken per Fernsteuerung zu manipulieren. Die Erkenntnisse aus diesen Projekten sollen dabei helfen, praxistaugliche Lösungen für die Industrie zu entwickeln.

„Schon heute sind wir schon mit Partnern aus der Industrie in Projekten tätig, um teleoperiert Lasten in Fabriken zu manipulieren. Die Erkenntnisse aus dem AKIT-PRO-Projekt helfen uns dabei sehr für die Umsetzung industriegehärteter Lösungen“, so Prof. Andreas Wenzel, Leiter der Abteilung Eingebettete Intelligente System am Fraunhofer IOSB-AST.

Der Stapler „MATS“ wurde bereits bei einer Technologiedemonstration im Rahmen des Forschungsprojekts AKIT-PRO im Sommer 2023 in Celle/Scheuen eingesetzt. Dabei lag der Fokus auf dem Zusammenspiel verschiedener autonomer Arbeitsmaschinen zur Bergung von Gefahrgut. Bei der kürzlich durchgeführten erfolgreichen Teleoperation zwischen Ilmenau und Karlsruhe im Rahmen des ROBDEKON-Projekts ging es darum zu zeigen, dass die durch Automation unterstützte Manipulation von palettierten Gütern nicht nur über kurze Strecken von einigen hundert Metern, sondern über weit größere Distanzen möglich und technisch umsetzbar ist.

Menschenleben schützen und die Sicherheit der Einsatzkräfte erhöhen

Das AKIT-Projekt umfasst zunächst ein Bergefahrzeug (Bagger) für die Beräumung sowie ein Support-Shuttle, das als Werkzeugträger und zur Materialbeförderung dient.

Die Implementierung von Autonomiefunktionen in herkömmliche Arbeitsfahrzeuge birgt, wie bereits erwähnt, ein enormes Potenzial für die Durchführung riskanter Aufgaben. Wenn alltägliche Baumaschinen in die Lage versetzt werden, autonom zu agieren, kann dies dazu beitragen, Menschenleben zu schützen. Insbesondere in Katastrophenszenarien wie Reaktorunfällen, Explosionen oder bei der Entsorgung von Kampfmitteln bietet dieser Ansatz vielversprechende Möglichkeiten, um die Sicherheit der Einsatzkräfte zu erhöhen.

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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