Forschung bringt Roboter näher an den Menschen
Der Mensch umgibt sich mit immer mehr Technik – sie soll ihm künftig dabei helfen, auch den Alltag im Alter zu meistern. Im „Foresight“- Prozess der Bundesregierung werden dazu programmatische Eckdaten aufgezeigt, in welche Richtung zukünftige Forschung in Deutschland geht.
Roboter haben ein entscheidendes Problem: Zwar können sie in der industriellen Produktion für schwere, eintönige oder gefährliche Tätigkeiten eingesetzt werden – ihre Ungelenkigkeit und fehlende Sensibilität macht die Zusammenarbeit mit Menschen allerdings schwer. Wissenschaft und Industrie arbeiten aus gutem Grund aber längst an Lösungen.
„Im Jahr 2035 wird die Hälfte aller Bewohner Deutschlands über 65 Jahre alt sein“, sagt z. B. Hubert Grosser vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA), Stuttgart. „Hilfen, wie eben Roboter, die uns dann im Alltag unterstützen, werden nicht mehr wegzudenken sein“, erklärt er. Ähnlich wie heute bei Treppenliften werde die Akzeptanz für die automatischen Helfer groß sein.
Etwaige rechtliche Fragen, die mit dem Einsatz zusammenhingen, könnten aber erst geklärt werden, wenn die ersten Prototypen gebaut sind und die Serienfertigung bevorsteht. Grosser glaubt generell, dass sich ältere Menschen künftig mit unterstützender Technik leichter tun werden als heutzutage: „Die kommende Generation ist mit Hochtechnologie aufgewachsen“, sagt er. Soziokulturelle Probleme beim Umgang zwischen Mensch und Maschine sieht er daher zunächst einmal nicht.
Dafür sorgen soll auch die Vorgabe, dass zumindest Hilfssysteme aus Deutschland auch künftig eindeutig als Maschinen zu identifizieren sein werden – menschenähnliche Roboter und Hilfssysteme stünden nicht auf der Entwicklungsagenda. Generell könnten deutsche Forschungsgesellschaften hier viel tun und neue Wege in der Forschung aufzeigen. „Ich bin fest überzeugt: So wie wir heute auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien punkten, werden wir es in Zukunft auf dem Feld der ‚Autonomik‘ tun“, sagt Grosser. Den aktuellen Foresight-Prozess der Bundesregierung unterstützt er deshalb überzeugt. „Das geht genau in die richtige Richtung.“
Dort ist eines der wichtigsten Zukunftsfelder die „Mensch-Technik-Kooperation“. Angesichts immer unmittelbarer an den Menschen heranrückender Technologien und einer fortschreitenden Technisierung der Lebenswelt gelte es, neuartige Konstellationen von Mensch und Technik in ihrer ganzen Vielschichtigkeit in den Blick zu nehmen. Es bedürfe daher einer zusätzlichen Forschung, in der geistes- und sozialwissenschaftliche sowie technikwissenschaftliche Erkenntnisse gleichermaßen einfließen, heißt es vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Ziel sei, einen gesellschaftlichen Diskurs über ethische, rechtliche und soziokulturelle Rahmenbedingungen für den Umgang mit solchen Technologien zu entwickeln.
„Der Foresight-Prozess ist ein strategischer Prozess, der zusätzliche Informationen generiert, um die Entscheidungsfindung für die Weiterentwicklung der Förderpolitik in Deutschland zu unterstützen“, erklärt denn auch Benedikt Wolbeck vom BMBF. Zahlreiche Experten hatten zwischen September 2007 und Ende 2009 an der Foresight-Untersuchung mitgewirkt.
In sieben Zukunftsfeldern haben die Fraunhofer-Institute für System- und Innovationsforschung (ISI) und für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) darin im Auftrag des Ministeriums eine Vielzahl von langfristigen Forschungsfragen formuliert. Sie sollen einen Beitrag dazu leisten, den globalen Herausforderungen zu begegnen – eben etwa der zunehmenden Alterung der Gesellschaft. Für die Weiterentwicklung der Hightechstrategie sind die Informationen aus der Foresight-Untersuchung ebenso wichtig wie für die Ausarbeitung von Programmatiken für den Forschungs- und Innovationsstandort Deutschland.
Resultat: Alle Zukunftsfelder vereinen unterschiedliche Forschungsstränge. So speist sich beispielsweise das Forschungsfeld „Produzieren – Konsumieren 2.0“ aus Produktions-, Dienstleistungs-, und Umweltforschung sowie Biotechnologie, Material- und Sozialwissenschaften. In dem Strang soll z. B. der Frage nachgegangen werden, ob und wie der Konsum von Milliarden Menschen bei knapper werdenden Ressourcen und dem Erhalt der Lebensumwelt aufrechterhalten werden kann.
Insgesamt soll beim „Foresight“-Prozess technischer Wandel als eine Dimension gesellschaftlichen Wandels verstanden werden, Kernthese: Technik und Gesellschaft entwickeln sich nicht isoliert voneinander, sondern seien in vielfältiger Weise miteinander verbunden. „Mit diesen neuen Informationen verfügt man dann über ein wertvolles Reservoir, aus dem man bei der Weiterentwicklung der Hightechstrategie ebenso schöpfen kann wie bei der Ausarbeitung der Forschungsagenda. Diese Themen werden dann in die Programmarbeiten unseres Ministeriums aufgenommen“, sagt Wolbeck.
Neue Ansätze für die Robotik könnte dabei beispielsweise ein bionisches Handhabungssystem liefern, das an einen Elefantenrüssel erinnert. Es besteht aus einem Kunststoffrüssel mit integrierter Pneumatik und Steuerungselektronik sowie einem Greifer mit drei Fingern. Das System ist sehr flexibel und anpassungsfähig. Die Finger des Greifers können dabei sehr behutsam selbst rohe Eier, Tomaten oder ein Glas zuverlässig anpacken.
Voraussetzung für die Feinfühligkeit des „bionischen Handling-Assistenten“ ist seine Leichtbauweise, die auf einem 3-D-Druckverfahren basiert. Dabei wurden schrittweise dünne Pulverschichten eines biegsamen Kunststoffs übereinander aufgetragen und per Laser verschmolzen. Auf diese Weise fertigten die Forscher den kompletten künstlichen Rüssel samt seiner beweglichen Teile. Einsatzgebiet könne künftig beispielsweise die Unterstützung von kranken oder gebrechlichen Menschen sein.
Das Handhabungssystem wurde von Festo, Esslingen, gemeinsam mit dem Fraunhofer IPA entwickelt. Das Projekt steht im Wettbewerb um den Deutschen Zukunftspreis, der am 1. Dezember von Bundespräsident Christian Wulff verliehen wird. Bei den nominierten Projekten stehen Zukunftsthemen im Mittelpunkt – z. B. wie moderne Technik einer immer älter werdenden Gesellschaft helfen kann. Gleichzeitig ist der Preis in den „Foresight-Prozess“ eingebettet. O. KLEMPERT
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