Gemischte Teams aus Mensch und Maschine im Katastropheneinsatz
In einem europäischen Forschungsprojekt werden Technologien entwickelt, die gemischte Teams aus Menschen und Robotern bei Katastropheneinsätzen unterstützen. Mensch und Maschine arbeiten sich gegenseitig zu, um bei schwierigen Einsätzen das optimale Vorgehen im Gelände zu erkennen.
Umgebungen von Industrie- oder Naturkatastrophen sind hoch dynamisch. Ständig müssen sich die Rettungskräfte auf neue Situationen einstellen. Auf unübersichtlichen Werksgeländen treten brennbare Flüssigkeiten oder giftige Gase aus und führen zu lokalen Brandherden oder durch eine Explosion instabil gewordene Stückgutlager verrutschen vollends. In Hochwassergebieten erodieren Flussufer, Deiche werden unterspült, sperrige Güter werden von der Strömung mitgerissen und stranden. Die Erkundung eines Katastrophengebiets ist nicht mit Beginn der Rettungsarbeiten abgeschlossen, sondern begleitet die Mission während ihrer gesamten Dauer.
Aus Einzelbildern entsteht ein lückenloses 3D-Modell der Gesamtsituation
Nun ist ein internationales Forschungsprojekt gestartet, in dem die Teamarbeit zwischen Menschen und Robotern bei der Bewältigung von komplexen Katastropheneinsätzen im Vordergrund steht. Das Ziel von TRADR (Long-Term Human-Robot Teaming for Robot Assisted Disaster Response) ist es, das Erfahrungswissen der Roboter zu speichern, zu verarbeiten und bei künftigen Einsätzen zu nutzen. Für die nächsten vier Jahre wird das Projekt, in dem zwölf Partner aus sechs Ländern miteinander kooperieren, von der EU gefördert. Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken leitet das Projekt. Während das gemischte Mensch-Roboter-Team das Gelände untersucht, entwickelt es nach und nach ein Verständnis des Katastrophengebiets, erledigt synchron und asynchron unterschiedliche Aufgaben und erstellt daraus ein Konzept über das optimale Vorgehen im betroffenen Gebiet.
Ferngesteuert von einem sicheren Beobachtungsposten aus, erkunden unbemannte teilautonome Bodenroboter in Einzelmissionen oder als Teams die Unglücksstelle, sammeln Material- und Gesteinsproben und bringen sie zum Kommandoposten zurück. Mit Laserscannern und Kameras, die in alle Richtungen Aufnahmen machen, erheben die Bodenroboter visuelle Daten ihrer direkten Umgebung. Hinzu kommen unbemannte Mikrokopter, die über das Gelände schweben und den Unglücksort während des gesamten Einsatzes beobachten. Das geschieht zeitversetzt und aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Manche Aufnahmen bilden vielleicht dieselbe Stelle auf dem Unglücksgelände ab, aber nicht dieselbe Situation. Zusammengesetzt aus den Einzelbildern entsteht daraus ein möglichst lückenloses 3D-Modell der Gesamtsituation.
Der Roboter passt sein Vorgehen an die veränderte Situation an
Dazu werden die Sensorinformationen einzelner Roboter und unterschiedlicher Teams zusammengebracht, damit der Roboter sein Vorgehen an die veränderte Situation anpassen und unter Umständen sogar seine nächste Herausforderung vorhersehen kann. Ein Bodenroboter könnte zum Beispiel die Luftaufnahme einer Drohne nutzen, um ein Hindernis auf seinem Weg zu überwinden. Das erworbene Know-how speichert er und fragt, wenn er wieder mit einem ähnlichen Hindernis konfrontiert ist, eine aktuelle Luftaufnahme der Drohne an. Die Forscher wollen die Roboterteams nach und nach in immer komplexeren Szenarien miteinander kollaborieren lassen.
Grundlage für das jetzt gestartete Forschungsvorhaben sind die Ergebnisse des NIFTi-Projekts (Natural Human-Robot Cooperation in Dynamic Environments), das ebenfalls von der EU gefördert und im Januar 2014 abgeschlossen wurde. Auch hier stand die Kooperation von Mensch und Roboter bei Katastropheneinsätzen im Vordergrund. Insbesondere wollten die Forscher herausfinden, wie sie den „menschlichen Faktor“ in die streng kognitive Arbeit des Roboters einschleusen können. Die Wahrnehmung des Roboters sollte mit Modellen von menschlichen Entscheidungsprozessen kombiniert werden. So könnte der Roboter einschätzen, wie der Mensch sich aller Voraussicht nach in einem dynamischen Umfeld verhalten und welche Entscheidungen er treffen würde. Das NIFTi-Projekt brachte in den vergangenen vier Jahren eine Reihe integrierter Systeme hervor, die auch erprobt wurden. Rettungskräfte und NIFTi-Roboter wurden in Teams zusammengebracht und erhielten in realistischen Missionen und in echtem Trainingsgelände verschiedene Rettungsaufgaben.
Als im Mai und Juni 2012 Norditalien durch eine Reihe von Erdbeben erschüttert wurde, schickten die NIFTi-Forscher ein Team aus Robotern und Rettungskräften in die Stadt Mirandola. Dort sollten die Schäden, die in mehreren Kirchen entstanden waren, erfasst und bewertet werden.
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