Harting verlegt Hauptquartier in die Schweiz: Was bedeutet das für Espelkamp?
Kommendes Jahr will die Harting Technologiegruppe ihr neues Hauptquartier in der Schweiz beziehen. Heute wurden Details bekannt.
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Bereits im Sommer hatte der Steckverbinderspezialist Harting mit Stammsitz in Espelkamp den Aufbau eines globalen Hauptquartiers in der Schweiz angekündigt. Anlässlich der Verkündung der Jahresbilanz 2024 ließ Philip Harting, CEO der Technologiegruppe, nun Details durchblicken. Nach seiner Aussage betrifft der Umzug insgesamt 16 Führungskräfte. Die würden künftig statt nach Espelkamp in die Schweiz pendeln. Bisher seien es fünf. In München und Frankfurt beheimatete Kollegen reisten nun nach Zürich und bräuchten von dort etwa 18 min per Bahn ins Büro. Dazu kämmen künftig noch internationale Führungskräfte, z. B. aus den USA und Asien.
Das neue Headquarter soll seine Funktion zum neuen Geschäftsjahr am 1. Oktober 2025 aufnehmen. „Es geht um die zentrale Steuerung des Unternehmens“, so der Manager. Zwischen den Zeilen klingt jedoch auch durch, wie schwierig es zuletzt für das Unternehmen zu sein schien, internationale Führungskräfte in die Region Ostwestfalen zu holen.
Harting: Großteil des Umsatzes wird inzwischen außerhalb von Europa erwirtschaftet
Den konsequenten Schritt, mit der Zentrale ins Ausland zu gehen, begründete Harting mit der schrittweisen Verlagerung der Umsatzanteile aus Deutschland ins Ausland: „Gerade die Regionen Asiens und Amerikas stehen mittlerweile für über 40 % Umsatzanteil. Zudem beschäftigen wir heute schon 60 % der Mitarbeiter außerhalb von Deutschland.“ Und er fügte hinzu: „Der Trend wird weitergehen.“
Bereits 2023 habe sein Unternehmen in der Schweiz ein neues Entwicklungszentrum gegründet. „Wir wollen uns entwickeln zu einem globalen Hersteller von Steckverbinder- und Kabellösungen“, betonte Philip Harting. Zusammen mit der vor zweieinhalb Jahren erworbenen Schweizer Firma Studer Cables wolle man das weiter vorantreiben. Dadurch, dass hier nun auch die Chefentwickler zusammengebracht würden, solle zusätzliches Tempo bei der Entwicklung von Produkten für die „All Electric Society“ erzeugt werden. Der Unternehmer geht dabei davon aus, dass sich der Trend zur Elektrifizierung in China sowie weltweit weiter fortsetzen und auch nicht mehr umkehren werde.
Espelkamp bleibt für Harting wichtig
Der Harting-CEO unterstrich gleichzeitig, dass der Sitz der Harting Stiftung sowie die Produktion weiterhin in Espelkamp und der Region verbleiben würden. „Die Beschäftigung wird stabil bleiben und es wird keine Produktion verlagert“, betonte er. Konkret hatte die Beschäftigtenzahl des Unternehmens in Deutschland in der Vergangenheit stets um die 2500 betragen.
Auch angesichts der aktuellen Geschäftszahlen wird deutlich, warum die Harting Technologiegruppe auf internationale Märkte setzt. Mit 940 Mio. € lag der Umsatz im Geschäftsjahr 2023/2024 um 9,2 % unter dem Ergebnis des vorherigen Geschäftsjahres mit damals 1036 Mio. €. Auch die Beschäftigtenzahl sank von weltweit 6205 auf 6049. Das betraf insbesondere den Standort Deutschland, wo die Beschäftigtenzahl von 2478 im vorherigen Geschäftsjahr auf nun 2334 sank.
Trotzdem zeigte sich Philip Harting nicht unzufrieden: „Damit haben wir uns unter sehr herausfordernden Rahmenbedingungen besser geschlagen, als das Marktumfeld und unsere Prognose bestätigt.“ Mit Blick auf die Rahmenbedingungen am Standort Deutschland verwies er auf internationale Nachteile durch hohe Energiekosten und Bürokratie. Dennoch droht er nicht mit Produktionsverlagerung ins Ausland. Im Gegenteil: „Wir ziehen uns nicht aus Deutschland zurück!“ Er geht davon aus, dass sein Unternehmen auch in den kommenden Jahren über 2000 Menschen in der Region Minden-Lübbecke beschäftigen wird.
Harting investiert regional stark in Fachkräfte und Automatisierung
Und was tut das Unternehmen, um weiterhin international mithalten zu können? Das Unternehmen setzte auf Automatisierung und Digitalisierung sowie die Fachkräfte in der Heimat. „Wir investieren viel in die Ausbildung“, hob Philip Harting hervor. Er verwies auf Initiativen, mit denen sein Unternehmen bereits an Kindergärten ansetze, um Kinder früh an Technik heranzuführen, aber auch das Ausbildungszentrum der Technologiegruppe (Nazha).
„Wir brauchen Fachkräfte. Wir brauchen Menschen, die sich für Technik begeistern“, so Harting. Er weiß aber, dass sich sein Unternehmen auch beim Ringen um Fachkräfte künftig noch mehr anstrengen muss. „Als wir das Nazha 2008 eröffnet haben, hatten wir für 30 bis 35 Plätze etwa 1400 Bewerberinnen und Bewerber. Mittlerweile ist die Zahl auf deutlich unter 1000 zurückgegangen. Da kommt der demografische Faktor zum Tragen.“
In Sachen Automatisierung würden in Deutschland Konzepte entwickelt, mit denen Bestellungen aus dem Internet direkt in die Produktion übertragen werden könnten. Verstärkt gehe es hier darum, durch die Digitalisierung der Prozesse die Produktivität weiter zu steigern und die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.
Darüber hinaus hat Harting eine Biogasanlage zur Energieversorgung des Standorts Espelkamp erworben. Damit wolle das Unternehmen unabhängiger von den Energiemärkten werden.
2025 will Harting wieder wachsen
Im kommenden Jahr soll es laut dem Firmenchef aber insgesamt wieder bergauf gehen. Für 2025 erwartet die Harting Technologiegruppe angesichts anziehender Auftragseingänge erneut das Überschreiten der Milliardenumsatzmarke und ein Wachstum zwischen 6 % und 9 %. „Auch wenn wir uns derzeit in unsicheren Zeiten befinden, schaue ich dennoch optimistisch in die Zukunft“, verkündete Philip Harting. Gleichzeitig beobachte das Management die Marktentwicklungen genau, um gegebenenfalls schnell reagieren zu können.
Mittelfristig strebt die Technologiegruppe ein planvolles Wachstum an. Dazu müsse sich das Unternehmen regionaler und gleichzeitig internationaler aufstellen. Philip Harting: „Diese Internationalisierung wird daher auch im kommenden Jahr der Schwerpunkt aller Aktivitäten sein.“
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