Die Herausforderung, intuitive Roboter zu entwickeln
Die Nachfrage nach Robotern ist riesig, die Anwendungsfelder zahlreich. Dennoch spricht sich Dominik Bösl, Vice President Consumer Driven Robotics bei der Kuka AG, gegen den blinden Einsatz von Robotern aus. Für Informatiker und Ingenieure gebe es in der Entwicklung noch viel zu tun.
ingenieur.de: Herr Bösl, viele schauen beim Thema Robotik nach Asien. Nicht zuletzt, weil China zuletzt sehr viel mehr Roboter implementierte als ganz Europa. Hinkt Deutschland da hinterher?
Dominik Bösl: In vielen Weltregionen ist die Produktion noch sehr manuell geprägt, im Gegensatz zu hoch automatisierten Ländern wie Deutschland oder Japan. Zudem gibt es sicherlich Länder, die sehr viel schneller bereit sind, neue Technologien auszuprobieren. Und die entsprechend früher scheitern. In einigen Ländern ist man nämlich auch viel schneller dabei, Lösungen einzusetzen und auszuprobieren, ohne sich Gedanken über die Sicherheit der Mitarbeiter gemacht zu haben. Da agieren wir hierzulande stärker strukturiert und überlegt und das halte ich für sehr positiv. Beispiele dafür sind der Matrix-Karosseriebau sowie die Forschungsfabrik Arena2036, wo die Sicherheit der Mitarbeiter und die Ergonomie der Arbeitsplätze im Vordergrund stehen.
Wenn man sich Roboter ansieht, etwa beim Roboterballett auf der Hannover Messe, scheint es, als könnten Roboter schon heute Hand in Hand mit Menschen arbeiten. Was sind die drei größten Hürden für den Robotereinsatz, an deren Lösung Ingenieure und Informatiker bei Kuka derzeit arbeiten?
Die erste Herausforderung ist sicherlich die künstliche Intelligenz und damit einhergehend die Möglichkeit der Mensch-Maschine-Interaktion. Roboter sind noch immer Zeile für Zeile für Zeile programmiert. Das Ziel ist aber, dass wir zu einer natürlichen Bedienung von Robotern kommen und für die Programmierung keine Experten mehr nötig sind.
Die zweite Herausforderung bei Robotern, die sich ohne Kabel in ihrer Umgebung bewegen sollen, ist die Energiedichte. Die zwei- oder vierbeinigen Roboter, die uns ihr Können in Youtube-Videos demonstrieren, haben meist eine Akkulaufzeit von unter 15 Minuten. Serviceroboter, die uns im Haushalt unterstützen sollen, müssen aber sinnvollerweise einen ganzen Tag durchhalten.
Die dritte Herausforderung liegt im Bereich der Objekterkennung, vor allem wenn es um unbekannte Objekte geht. Wie gehe ich mit einer vollen, wie mit einer leeren Tasse um? Menschen handhaben das durch implizites Wissen. Roboter verfügen aber hauptsächlich über explizites, weil programmiertes Wissen. Das zu ändern, daran arbeitet Kuka.
Und wenn Sie damit fertig sind, übernehmen die Roboter Fabrikhallen, Krankenhäuser und den Haushalt?
Sie übernehmen sie nicht, aber sie können überall dort mitarbeiten. Wir bei Kuka glauben daran, dass Roboter die Menschen unterstützen und nicht ersetzen sollen. Ich bin ein Skeptiker der Vollautomation, das wird es nicht geben. Keine künstliche Intelligenz wird die Intelligenz, die Kreativität und die Erfahrung eines Menschen erreichen können. Deshalb wird es immer Menschen in der Produktion geben.
Technisch wäre es aber möglich …
… an vielen Stellen wäre es auch technisch eine sehr hohe Herausforderung. Ich habe es noch nie und nirgends auf der Welt in Perfektion gesehen. Es ist weitaus komplexer, als man sich das vorstellt. Stellen wir uns eine Kiste voll Schrauben vor, die ein Mensch ohne Problem greifen und in der richtigen Position an die richtige Stelle führen kann. Für einen Roboter ist all das eine riesige Herausforderung.
Wer nimmt diese Herausforderung bei Kuka wahr? Welche Kenntnisse sind in der Roboterentwicklung gesucht?
Natürlich brauchen wir Informatiker. Über die Hälfte unserer Entwickler sind Informatiker, Softwerker, Softwaretechniker. Darüber hinaus sind bei uns klassische Ingenieure aus dem Maschinenbau und der Elektrotechnik beschäftigt und Mechatroniker, die per se disziplinübergreifend arbeiten. Einige Fachleute aus der Roboter- und Regelungstechnik sowie Spezialisten für Machine Learning und Artificial Intelligence finden sich bei uns auch. Aber auch unser Bedarf an Fachkräften mit Berufsausbildung, vom Schlosser bis zum Industriemechaniker, ist groß.
Was aber alle mitbringen müssen, ist interdisziplinäre Fachkompetenz, den Willen und die Fähigkeit, über die eigene Disziplin hinauszudenken. Das ist das verbindende Element in unseren Teams. Deshalb arbeiten an unseren Roboterkonzepten auch Wirtschaftspsychologen und Designer mit.
Werden Ingenieurstudierende auf diese Aufgabe ausreichend vorbereitet?
Im deutschen Bildungssystem wird sehr stark darauf hingearbeitet, Spezialisten auszubilden. Was wir in der Robotik brauchen, ist aber interdisziplinäre Fachkompetenz. Das bringen nur wenige Absolventen aus den Hochschulen mit. Das lernen sie aber on the job sehr schnell.
Viele kennen Kuka vor allem als Hersteller von Industrierobotern. Sie mischen aber auch im Service- und Medizinbereich mit.
Kuka ist immer noch ein führender Hersteller von Industrierobotern. Wir haben dieses Jahr aber auch die Konzeptstudie unseres ersten Consumer-Roboters, den i-do, vorgestellt und den Leichtbauroboter LBR iiwa in den LBR Med für den Medizinbereich umgerüstet. Mit ihm kann man nun medizinische Vorgänge wie Sonografie und Mammografie automatisieren. Das Ziel ist klar: Wir wollen alle Einsatzbereiche von Robotern – von der Industrie über die Medizin bis zum Consumer-Bereich – adressieren.
Der Welt-Roboter-Report der IFR liefert aktuelle Zahlen zum Einsatz und zur Herstellung von Robotern weltweit.
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