Internet der Dinge: Gelingt der Durchbruch mit Sensoren?
Für Fabriken gilt das Internet der Dinge als wichtiger Zukunftstrend. Bleibt das Problem, etliche Sensoren mit Energie zu versorgen. Doch das US-amerikanische Start-up Everactive hat eine Lösung entwickelt: Sensoren, die ohne Batterien auskommen.
Beim Internet der Dinge werden relevante Informationen online erfasst und über Netzwerke verfügbar gemacht. Analysten prognostizieren seit Jahren eine rapide steigende Zahl an geeigneten Geräten in Firmen, beispielsweise Sensoren. Doch es gibt ein großes Problem: Messfühler benötigen Energie, und meist ist ihre begrenzte Lebensdauer auf die der eingesetzten Batterien zurückzuführen.
Jetzt hat das Start-up Everactive industrielle Sensoren entwickelt, die rund um die Uhr laufen, eine minimale Wartung erfordern und über 20 Jahre lang funktionieren. Das Start-up entwickelte Sensoren, die ohne solche Energiequellen wie Batterien auskommen.
Energie aus der Umgebung gewinnen
Der Schlüssel: integrierten Schaltkreise mit extrem niedrigem Stromverbrauch, die Energie aus verfügbaren Quellen gewinnen. Sie können durch leichte Vibrationen, durch eine schwache Beleuchtung ab 100 Lux oder durch Wärmeunterschiede unter 10 Grad Celsius betrieben werden.
Die Sensoren erfassen Temperatur, Beschleunigung, Vibrationen, Druck und viele andere Parameter, um sie in eine Cloud zu übertragen. Ingenieure haben jederzeit Einblick in Echtzeit, um bestmöglich von den Informationen zu profitieren. „Da unsere Energiequelle unbegrenzt ist, machen wir keine Kompromisse wie das zeitweilige Ausschalten von Sendefunktionen oder andere einschränkende Maßnahmen, um die Batterielebensdauer zu verlängern“, erklärt David Wentzloff, Co-Chief Technology Officer bei Everactive.
Einbau der Chips in handelsübliche Produkte
Everactive integriert seine innovativen Chips in kommerziell verfügbare Technologien, die von Kunden in großer Zahl eingesetzt werden. Das erste Tool überwacht Kondensatableiter. Darunter versteht man Regelarmaturen, die Kondensat aus Dampfleitungen in Rohrleitungen ableiten, ohne dass Wasserdampf austritt. Solche Systeme werden in einer Vielzahl von Industriezweigen eingesetzt. Zu den Kunden von Everactive gehören Unternehmen aus der Öl-, Gas-, Papier- und Lebensmittelproduktion. Das Start-up hat auch einen Sensor zur Überwachung rotierender Maschinen, also für Motoren oder Pumpen, entwickelt.
Laut Everactive sparen Firmen vor allem Geld, das ansonsten für Wartungsarbeiten erforderlich wäre. Eine Fabrik setzt beispielsweise 10.000 Sensoren ein. Geht man von einer Batterielebensdauer von drei Jahren aus, müsste der Kunde durchschnittlich 3.333 Batterien pro Jahr austauschen, was mehr als neun pro Tag ausmacht.
„Dies ist eine Technologie, die völlig wartungsfrei ist, ohne Batterien, mit geernteter Energie betrieben und immer mit der Cloud verbunden ist. Es gibt so viele Dinge, die man damit machen kann, dass es schwer ist, sich einen Überblick zu verschaffen“, erklärt Wentzloff.
Pilotprojekt aus dem medizinischen Umfeld
Doch der Erfolg kam nicht von heute auf morgen. Wentzloff und sein Co-CTO Benton Calhoun arbeiten seit mehr als 10 Jahren an Schaltungsentwürfen mit geringem Stromverbrauch. Sie promovierten am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge, blieben als Postdoktoranden dem Thema aber treu.
In akademischen Labors entstand schließlich ein batterieloser physiologischer Monitor, der Bewegung, Temperatur, Herzfrequenz und andere Signale eines Patienten erfasst und alle Daten per Telefon überträgt. Seine Energie bezog der Sensor ausschließlich aus der menschlichen Körperwärme. „Zu dem Zeitpunkt haben wir beschlossen, dass wir die Kommerzialisierung dieser Technologie in Betracht ziehen sollten“, erinnert sich Wentzloff. Partnerschaften mit der Halbleiterindustrie folgten.
Anschließend versuchten die Gründer, ihre Chips an Unternehmen zu verkaufen, um Lösungen darauf aufzubauen. Aber sie erkannten schnell, dass die Branche nicht ausreichend mit batterielosen Chips vertraut war. Wentzloff: „Es gibt eine Generation von Ingenieuren, die es gewohnt sind, nur über Systemdesigns mit batteriebetriebenen Chips nachzudenken.“
Die Vision: Sensoren einfach an Maschinen kleben
Jetzt geht die Entwicklung weiter. In einigen Jahren, hofft Wentzloff, soll es Sensoren in der Größe einer Briefmarke geben, die flexibel und transparent sind. Man könnte sie an jede Maschine kleben, und schon beginnen die Messfühler, Daten zu erfassen und zu übertragen.
Eine derart einfache Installation und Anwendung hätte positive Effekte weit über die Fertigung hinaus. „Durch die Aufhebung aller Beschränkungen für Sensorinstallationen erhält man, wenn man so will, einen sechsten Sinn dafür, wie der Betrieb insgesamt abläuft“, spekuliert Calhoun. Für ihn ist das Internet der Dinge mit tausenden Sensoren eine Möglichkeit, den gesamten Betrieb zu steuern und Fehler frühzeitig zu erkennen.
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