Internet der Dinge: Vernetzte Industrie kommt (endlich) in Fahrt
2018 soll das Jahr werden, in dem die Industrie mit dem Aufbruch in eine vernetzte Zukunft endlich ernst macht. Eine Studie kommt aktuell zu dem Ergebnis, dass die Nachfrage nach dem „industriellen Internet der Dinge“ hoch ist. Allerdings gibt es nach wie vor Hürden in der Umsetzung – bei Anbietern und Anwendern.
In einem Großteil der deutschen Unternehmen und Organisationen scheint sich derzeit im Bereich Internet der Dinge Ähnliches abzuspielen: Die Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit ist erkannt, Projekte und Anwendungsbereiche wurden ermittelt und auch ein Budget steht zur Verfügung. Aber immer noch klemmt es in der praktischen Umsetzung, vor allem in der Startphase. Trotzdem könnte 2018 das Jahr des Durchbruchs werden für das Internet der Dinge in deutschen Unternehmen – zu diesem Schluss kommt eine aktuelle Studie der International Data Corporation (IDC).
Drei Viertel der Unternehmen planen für 2018 ein Internet-der-Dinge-Projekt
Im Januar 2018 befragte die IDC 444 Organisationen mit jeweils mehr als 100 Mitarbeitern aus acht Branchen in Deutschland. Die Ergebnisse zeigen, dass die Industrie mehr denn je bereit ist, sich dem Thema zu öffnen, aber auch, woran es (noch) hapert. 72 Prozent der befragten Unternehmen planen in diesem Jahr ein Internet-der-Dinge-Projekt.
Ganz vorne dabei sind das Versicherungs- und Finanzwesen sowie die Maschinen- und Anlagenbauer. Es folgen Handel, Transport und Logistik, Fertigungsunternehmen, Ver- und Entsorgungsbetriebe und das Gesundheits- und Sozialwesen. Auch die Budgets für die Projekte scheinen entsprechend eingeplant zu sein. Ausnahme ist hier die öffentliche Verwaltung, bei der sich zwischen Planungsvorhaben und Finanzierung eine große Lücke auftut.
Konkret beschäftigen sich die Unternehmen mit mehreren Themen, darunter die Wahl der Internet-of-Things-Plattform, die Art der Konnektivität und die Wahl des Analyseortes. Jedes zweite (51 %) der befragten Unternehmen plant in diesem Jahr die Einführung einer IoT-Plattform, mit der die vernetzten Geräte mit den Systemen verknüpft werden, in denen Daten gespeichert werden. Der Anbietermarkt solcher Systeme ist derzeit allerdings unübersichtlich, was die Auswahl eines Systems schwierig machen dürfte. Und das gilt vor allem im Hinblick darauf, dass ein Unternehmen nicht nur den aktuellen, sondern auch den zukünftigen Bedarf und Ausbau des Systems im Blick haben sollte.
Statt Mobilfunk oder Kabel Niedrigenergienetzwerke mit großer Reichweite
Nächstes Thema ist die Art der Datenübertragung. Die meisten Unternehmen (40 %) bevorzugen derzeit Mobilfunkverbindungen, danach kommen Kabelverbindungen (38 %), WLAN oder Bluetooth (34 %). Die IDC geht allerdings davon aus, dass sich in den nächsten Jahren innovative Technologien wie Low Power Wide Area Networks (LPWAN) stärker durchsetzen werden, weil sie wenig Energie verbrauchen und eine hohe Reichweite haben. Auch hier sind also Entscheidungen in den Unternehmen gefragt.
Ein weiteres Thema ist die Frage, wo genau die Datenanalyse stattfindet – an einem zentralen Ort (Core Computing) oder an der Anwendung selbst oder in deren Nähe (Edge Computing). Wenn zum Beispiel bei einer Anwendung Entscheidungen quasi in Echtzeit getroffen werden müssen, sollte die Datenanalyse ohne Umwege vor Ort stattfinden. Die IDC geht davon aus, dass bis 2019 rund 40 % der IoT-Daten im oder in der Nähe des vernetzten Objektes verarbeitet werden.
Studie fordert Anwender auf, ihre „Lethargie abzulegen“
Insgesamt bemängelt die IDC in ihrer Studie, dass der Einstieg in das Internet der Dinge für gewillte Anwender nicht gerade leicht gemacht wird. Die Angebote der Anbieter seien häufig viel zu komplex, es fehlten ganzheitliche Lösungen und auf die Befürchtung seitens der Anwender, dass Sicherheitslücken entstehen könnten, würde nicht genügend eingegangen. Einfache Einstiege mithilfe kleiner Bausätze hätten sich aber auch nicht bewährt. Stattdessen wären IoT-Labs, in denen gemeinsam Prototypen und Konzepte entwickelt würden, ein guter Ansatz. Das Interesse seitens der Firmen ist hoch: 38 % der befragten Unternehmen wollen im laufenden Jahr auf diese Ressource bei einem Anbieter zurückgreifen.
Aber auch die Anwender sind gefragt, meint die IDC. Firmen müssten die Umsetzung ihrer IoT-Pläne endlich anpacken und ihre Lethargie ablegen. „IoT ist keine Zukunftsmusik mehr, sondern entscheidend für die digitale Transformation. Anhand der Studienergebnisse lässt sich ablesen, dass 2018 gute Chancen hat, als das Jahr des IoT-Durchbruchs in Deutschland in die Geschichte einzugehen.“
Beispiele für das industrielle Internet der Dinge
Die intelligente Europalette
Eine schnöde Europalette kann zum interaktiven Informationsträger mit ungeahnten Möglichkeiten in der Logistik werden. Gemeinsam haben das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML und die European Pallet Association (EPAL) den Ladungsträger der Zukunft entwickelt. Die neue interaktive Palette lässt sich nachverfolgen und steuern und man kann mit ihr in einem dezentralen Netzwerk über Narrow Band IoT kommunizieren. Allein in Europa hat EPAL über 500 Millionen Paletten im Umlauf.
Überwachung von Fahrzeugreifen
Gemeinsam mit Vodafone hat Continental eine IoT-Plattform entwickelt, mit der ein Unternehmen auf alle Reifendaten seiner Nutzfahrzeuge Zugriff hat. Sensoren an den Pneus messen kontinuierlich Druck, Temperatur und andere Werte, die Rückschlüsse auf den Reifenzustand zulassen, und übermitteln diese Werte an die Plattform ContiConnect. Werden kritische Werte überschritten, alarmiert ContiConnect vorher festgelegte Empfänger.
Das smarte Fußballstadion
Der Rasen in der Münchner Allianz-Arena ist eine Diva. Er muss beleuchtet werden, weil er zu wenig Sonne bekommt und er muss bewässert werden, aber nicht zu viel und nicht zu wenig. Der FC Bayern und Siemens wollen das in Zukunft mit Sensoren überprüfen und über das IoT-Betriebssystem Siemens MindSphere steuern. Irgendwann soll das Stadion zum smarten Gebäude werden, in dem Stromversorgung, Heizung und Lüftung, aber auch Besucherströme und Autoschlangen in den Parkhäusern automatisiert verwaltet werden.
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