Kamera statt Kasse: SAP startet KI-Supermarkt
Statt Kassenschlangen und starren Preisen setzt SAP bei dem neu eröffneten Supermarkt auf Automatisierung, KI und dynamische Datenanalyse.

Die SAP hat auf dem Firmengelände in Walldorf einen vollautomatisierten Supermarkt eröffnet. Alles ist digital, die Preise werden per KI dynamisch berechnet.
Foto: SAP SE
SAP wagt einen Schritt in Richtung Zukunft des Einzelhandels. Direkt auf dem Firmencampus in Walldorf hat der Softwarekonzern einen vollautomatisierten Supermarkt eröffnet. Der kleine Laden trägt den Namen „S.Mart Store“ und steht rund um die Uhr bereit. Angestellte gibt es dort keine. Wer etwas einkaufen möchte, nutzt die passende App, betritt den Laden per QR-Code und scannt die Waren selbst. Oder überlässt das sogar einer KI-gestützten Kamera- und Sensorentechnik.
Der Store ist ein Gemeinschaftsprojekt von SAP und dem Cateringunternehmen Aramark. Innerhalb von nur drei Monaten entstand das Pilotprojekt zwischen den SAP-Gebäuden WDF49 und WDF6. Ziel ist es, neue digitale Lösungen für den Handel zu erproben und gleichzeitig den Mitarbeitenden auf dem Campus eine praktische Einkaufsmöglichkeit zu bieten.
So funktioniert der Einstieg
Der S.Mart Store besteht aus einem modularen Containerbau, dessen Fassade in kräftigem Blau leuchtet. Große Fensterfronten geben Einblick ins Innere. Um hineinzugelangen, benötigen Kundinnen und Kunden ein Smartphone mit installierter App. Ein QR-Code am Eingang öffnet nach dem Scannen die automatischen Glastüren.
Drinnen wirkt der Markt zunächst wie ein gewöhnlicher kleiner Supermarkt. Die Regale sind gefüllt mit Snacks, Getränken, frischem Obst und Drogerieartikeln. Auch Alltagsbedarf wie Grillkohle oder Fertiggerichte gehört zum Sortiment. Insgesamt sind es rund 900 Produkte.
Einkauf per Sensor und Software
Der wahre Unterschied zu herkömmlichen Supermärkten liegt in der Technik. Zwar stehen klassische Selbstbedienungskassen bereit, doch viele Artikel erfassen Sensoren oder Kameras automatisch, sobald sie im Einkaufskorb landen. Die SAP-Software erkennt das Produkt, gleicht es mit dem Warenbestand ab und aktualisiert das System in Echtzeit.
„End to end“ nennt SAP-Chef Christian Klein diesen ganzheitlichen digitalen Ablauf – vom Scannen über die Abrechnung bis zur Nachbestellung beim Lieferanten. Die Technologie ermöglicht eine lückenlose Abbildung der Liefer- und Verkaufsprozesse. „Nicht nur Aramark weiß, dass ich diese Nüsse gekauft habe – auch der Lieferant wird informiert“, erklärt Klein beim Pressetermin. Sollte der Lagerbestand beim Zulieferer zur Neige gehen, wird automatisch eine Nachbestellung ausgelöst.
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Einkaufsverhalten beeinflusst Preisgestaltung
Ein weiteres Merkmal des S.Mart Stores ist die dynamische Preisgestaltung. Zwar hängen klassische Preisschilder an den Regalen, doch es handelt sich um digitale Anzeigen. Die Preise lassen sich flexibel anpassen – zum Beispiel, wenn ein Produkt kurz vor dem Ablaufdatum steht oder bestimmte Zielgruppen zu bestimmten Zeiten einkaufen.
Mithilfe der anonymisierten Daten aus der App-Registrierung erkennt das System etwa, wann besonders viele junge Mitarbeitende einkaufen oder welche Produkte zu welcher Tageszeit beliebt sind. Helen Schwärzler, Projektverantwortliche im Innovation Center Network bei SAP, beschreibt die Vision so: „Kaufen abends viele junge Leute Bier, kann es zu dieser Zeit Sonderangebote geben.“
Das Konzept soll so auch helfen, Lebensmittelverschwendung zu vermeiden und die Umsätze zu steigern. Denn durch gezielte Preisnachlässe lassen sich Produkte besser steuern.
RFID-Chips liefert umfassende Informationen über die Produkte
Jedes Produkt ist mit einem RFID-Chip versehen, der eine lückenlose Bestandskontrolle ermöglicht. Inventuren lassen sich dadurch deutlich effizienter durchführen, menschliche Fehler werden reduziert und der Warenbestand kann optimal verwaltet werden. Diese automatisierten Prozesse unterstützen zugleich die Nachhaltigkeitsziele des Marktes: Abfälle und Überbestellungen werden minimiert, was sich positiv auf die Betriebskosten auswirkt.
Die RFID-Chips, die optisch an herkömmliche QR-Codes erinnern, bieten noch einen weiteren entscheidenden Vorteil: Über eine SAP-App können Kundinnen und Kunden die Produkte scannen und erhalten umfassende Informationen – etwa zur Herkunft, zur Lieferkette oder zu den Inhaltsstoffen. Verknüpft mit einem persönlichen Benutzerprofil kann die App beispielsweise Allergiker direkt auf kritische Inhaltsstoffe hinweisen.
Auch die in Decken und Regalen integrierten Kameras tragen zur intelligenten Steuerung des Marktes bei. Neben ihrer klassischen Funktion zur Diebstahlprävention ermöglichen sie eine exakte digitale Abbildung der Regale. So erkennt das System in Echtzeit, ob Artikel fehlen oder falsch einsortiert wurden.

Auf den ersten Blick unterscheidet sich der KI-Supermarkt der SAP kaum von anderen Märkten.
Foto: SAP SE
KI managt den Supermarkt
Ein weiteres innovatives Element sind die KI-gestützten Kameraanalysen, die das Einkaufserlebnis weiter verbessern. Die Kameras erfassen das Verhalten der Kundschaft: Sie liefern Daten darüber, wann wie viele Personen den Markt besuchen, welche Produkte besonderes Interesse wecken und was letztlich gekauft wird. Diese Informationen helfen dabei, das Sortiment gezielt anzupassen. So analysiert der S.Mart Store beispielsweise den Absatz von Backwaren zu bestimmten Tageszeiten und gibt diese Erkenntnisse an das Personal und die Lieferanten weiter – damit stets frisches Gebäck zur Verfügung steht.
Auch in Sachen Frischemanagement setzt der Markt auf smarte Technik: Kühl- und Wärmeschränke werden durch intelligente Systeme individuell temperaturgeregelt. Eine KI überwacht kontinuierlich die Temperaturbedingungen, verlängert so die Haltbarkeit der Waren und erkennt sogar, wenn eine Kühlschranktür zu lange offen steht – das Personal wird umgehend informiert. Und selbst der Bezahlvorgang ist auf maximale Benutzerfreundlichkeit ausgelegt: Zwei moderne Checkout-Optionen ermöglichen es den Kunden, ihre Einkäufe schnell und unkompliziert abzuschließen.
Bewegungsdaten werden anonymisiert
Datenschutz spielt bei diesem Projekt eine wichtige Rolle. Zwar registriert das System, wer sich wann im Laden aufhält und was gekauft wird – allerdings in anonymisierter Form. Namen oder personenbezogene Informationen werden nicht gespeichert. Die Analyse erfolgt ausschließlich zu statistischen Zwecken, etwa um das Sortiment besser auf die Kundschaft abzustimmen.
Weitere Läden geplant
Der Store in Walldorf ist nur der Anfang. Schon gegenüber stehen zwei weitere Container. Noch sind sie leer, doch in Zukunft könnten auch dort Produkte angeboten werden – etwa Kleidung oder Sportartikel. SAP will die Technologie nicht nur intern einsetzen. Auch anderen Einzelhändlern soll das System zur Verfügung gestellt werden.
„Das wird auf jeden Fall wachsen“, sagt Christian Klein. SAP sieht großes Potenzial im Einzelhandel. Der Bereich sei mittlerweile der drittgrößte Industriezweig für das Unternehmen – und ein lukrativer Markt. „Das ist ein Milliardengeschäft“, so Klein. Besonders im Handel sei der Bedarf an Digitalisierung und KI-Lösungen enorm.
Derzeit ist der Zugang zum Supermarkt auf SAP-Mitarbeitende und registrierte Gäste beschränkt. In naher Zukunft wird der hochmoderne Laden jedoch für alle offen sein, die sich für Technologie und Einkaufen interessieren.
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