Kugeliger Roboter scannt Tunnel im ewigen Eis der Zugspitze
Ein autonomes Mapping-System hat den Permafrost-Tunnel der Zugspitze vermessen. Die Technologie könnte künftig auch in der Arktis oder im Weltall genutzt werden.

So sieht es aus, das sphärische Mobile Mapping System, das Andreas Nüchters Mitarbeiter entwickelt haben. Mit ihm wurde der Permafrost-Tunnel in der Zugspitze vermessen.
Foto: Universität Würzburg
Seit fast 100 Jahren existiert ein Tunnel im oberen Bereich der Zugspitze. Ursprünglich für Skifahrende gebaut, dient er heute als Forschungsobjekt. In einem aktuellen Projekt hat ein Team der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) den Tunnel mit einem innovativen Roboter kartiert. Ziel ist es, hochpräzise 3D-Aufnahmen in schwer zugänglichen Umgebungen zu ermöglichen.
Inhaltsverzeichnis
Autonome 3D-Kartierung mit einem rollenden Roboter
Professor Andreas Nüchter vom Institut für Informatik der JMU und sein Team haben ein sogenanntes „sphärisches Mobile Mapping System“ getestet. Dieses System besteht aus einer robusten Kugel, die mit Sensoren ausgestattet ist. Während sie sich durch den Tunnel bewegt, erfasst sie ihre Umgebung aus verschiedenen Winkeln. Diese Technologie ermöglicht eine umfassende und detailreiche Kartierung.
„Moderne 3D-Kartierung ist für zahlreiche Anwendungen wie autonomes Fahren, Bauwerksinspektionen oder Umweltanalysen entscheidend“, erklärt Nüchter. Bisher kamen vor allem rucksackmontierte LiDAR-Scanner oder Drohnen zum Einsatz. Doch gerade in engen und unzugänglichen Umgebungen stoßen diese Methoden an ihre Grenzen. Hier könnten rollende Scanner eine Alternative bieten.
Herausforderungen und Vorteile des Systems
Der Einsatz eines rollenden Systems bringt sowohl Vorteile als auch Herausforderungen mit sich. Einerseits ermöglicht die kugelförmige Bauweise eine fast lückenlose Erfassung der Umgebung. Dank der omnidirektionalen Bewegung kann der Roboter seine Position innerhalb des Tunnels flexibel anpassen und nahezu jede Oberfläche erreichen. Dies ist besonders vorteilhaft in Umgebungen mit unebenem Boden, da die Kugel problemlos Hindernisse wie kleine Felsbrocken oder Eisschollen überwinden kann.
Andererseits führen schnelle Bewegungen und Vibrationen zu Verzerrungen in den Daten. Besonders in engen Räumen mit reflektierenden Oberflächen wie Eis können optische Sensoren gestört werden. Auch starke Temperaturschwankungen im Tunnel beeinflussen die Messungen. „Die schnelle Rotation kann zu Fehlern führen, weshalb wir gezielt Algorithmen entwickeln, um die Messwerte zu stabilisieren“, erklärt Nüchter. Diese Algorithmen filtern unerwünschte Bewegungsunschärfen heraus und verbessern die Datenqualität.
Ein weiteres Problem stellt die genaue Lokalisierung innerhalb des Tunnels dar. GPS-basierte Systeme sind in unterirdischen Strukturen nicht nutzbar. Daher kombiniert das Team inertiale Navigationssysteme mit bildbasierten Lokalisierungstechniken. So kann der Roboter seine Position auch ohne externe Orientierungspunkte präzise bestimmen. „Wir arbeiten an Methoden, um die Sensordaten aus Beschleunigungs- und Drehratensensoren noch besser auszuwerten und mit den LiDAR-Scans abzugleichen“, erläutert Nüchter.

Fabian Arzberger und Andreas Nüchter beim 3D-Scannen mit der Kugel.
Foto: Universität Würzburg
Vergleich mit rucksackmontierten LiDAR-Scannern
Parallel zu den Tests mit der rollenden Messkugel führten Forschende vom Lehrstuhl für Fernerkundung der JMU Messungen mit rucksackmontierten LiDAR-Systemen durch. „Die Zusammenarbeit mit der Informatik und neuartigen LiDAR-Systemen bringt uns wertvolle Erkenntnisse über Umweltveränderungen“, sagt Professor Tobias Ullmann.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Messkugel besonders in schwer zugänglichen Bereichen Vorteile bietet. Sie erreicht Stellen, die mit herkömmlichen Methoden nicht erfasst werden könnten.
Einsatzpotenzial auf der Erde und im Weltall
Die Technologie könnte weit über die aktuelle Forschung hinaus Bedeutung gewinnen. Bereits Anfang 2024 testete die japanische Raumfahrtagentur JAXA einen ähnlichen Roboter auf dem Mond. „Vergleichbare Systeme könnten in Zukunft auch in Lavahöhlen auf dem Mond oder in verlassenen Bergwerken eingesetzt werden“, erklärt Nüchter.
Aber auch auf der Erde gibt es viele Einsatzmöglichkeiten. „Solche Systeme könnten helfen, das Auftauen von Permafrostböden und daraus resultierende Risiken wie Steinschlag oder Erdrutsche besser zu verstehen“, sagt Dr. Sarah Schönbrodt-Stitt.
Zukunftspläne: Arktis, Gletscher und mehr
Die Forschenden haben bereits Pläne für weitere Einsätze der Technologie. Dr. Mirjana Bevanda sieht vor allem in der Arktis großes Potenzial. „Die Umweltbedingungen dort ähneln denen auf der Zugspitze, doch die Infrastruktur ist weniger ausgebaut. Forschende könnten mit solchen Systemen wertvolle Daten gewinnen.“
Auch für Nüchter ist das Projekt erst der Anfang. „Ein Einsatz unserer Roboter in den Gletschern von Spitzbergen wäre ein spannender nächster Schritt. Damit könnten wir die Dynamik der Gletscher untersuchen und wertvolle Erkenntnisse für die Klimaforschung liefern.“
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