„Lifecycle Cost Evaluation“: Lebenszykluskosten berechnen
Die Technologien zur Reduzierung des Energieverbrauchs in Industrie und kommunalen Bereichen sind vorhanden. Über die Lebensdauer einer Anlage rechnen sich dabei auch höhere Anschaffungskosten. Mit einer Berechnungssoftware will der ZVEI – Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie das nun belegen.
Obwohl inzwischen weitgehend Konsens darüber herrscht, das der Energieverbrauch ein wesentlicher Kostenfaktor ist, sind Unternehmen mit der Anschaffung effizienter Technologien zurückhaltend. Insbesondere höhere Anschaffungspreise machen Ansätze zur Verbrauchsreduzierung zunichte. Das soll sich nun ändern. Um den Gedanken einer ganzheitlichen Betrachtung, also der sogenannten Lebenszykluskostenbetrachtung, stärker im öffentlichen Auftragswesen und im privatwirtschaftlichen Bereich zu implementieren, hat der ZVEI – Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie, Frankfurt/Main, ein Berechnungsinstrument mit dem Namen „Lifecycle Cost Evaluation“ veröffentlicht.
Finanziert wurde die Entwicklung des Beratungsunternehmens Deloitte gemeinsam von neun ZVEI-Unternehmen wie ABB, Auma, Festo, Endress+Hauser Messtechnik, Krohne, Phoenix Contact und Siemens. Ziel der Lebenszyklusberechnung ist es unter anderem, den Kommunen Rechtssicherheit bei Neuinvestitionen zu geben, da sie normalerweise dazu angehalten sind, Aufträge an den günstigsten Anbieter zu vergeben.
ZVEI stellt „Lifecycle Cost Evaluation“ zur Berechnung von Lebenszykluskosten vor
Zwar spricht die öffentliche Vergabeverordnung längst davon, bei der Auftragsvergabe auf die „Beschaffung energieeffizienter Produkte und Dienstleistungen“ zu achten sowie das „Lebenszykluskostenprinzip“ zu beachten. Dies findet nach Ansicht des ZVEI aber bislang in der Praxis mangels Berechnungsmöglichkeiten nicht im ausreichenden Maße statt.
Künftig soll der Einkauf nun aber nicht mehr nur nach der Option mit den geringsten Anschaffungskosten suchen, sondern die Minimierung der gesamten Lebenszykluskosten zum Ziel haben. „Bislang nutzen nur 20 % der Unternehmen die Lebenszyklusberechnung, bei kommunalen Unternehmen eher noch weniger“, sagte Felix Seibl aus der Geschäftsführung des Fachverbandes Automation, Fachbereich Messtechnik und Prozessautomation des ZVEI.
Minimierung der gesamten Lebenszykluskosten als Ziel
„Der ZVEI hat berechnet, dass in deutschen Industrieanlagen und im kommunalen Bereich allein durch anforderungsgerechte Automatisierungstechnologie 10 % bis 25 % Energieeinsparungen erreicht werden können“, verdeutlichte Eckhard Roos, Leiter Prozessautomation bei Festo. „Dies entspricht 88 Mrd. kWh an Energie-Äquivalenten. Damit könnten in Deutschland rein rechnerisch jährlich bis zu 7 Mrd. € an Energiekosten eingespart werden.“ Die dafür notwendigen Maßnahmen und Investitionen seien für Unternehmen und Kommunen durchaus wirtschaftlich, wie die Lebenszykluskostenberechnung zeige.
Kernpunkt des Berechnungswerkzeugs ist die Möglichkeit, Investitionsalternativen unter Einbezug der Energieeffizienz und deren ökonomischer Auswirkung transparent darzustellen und vergleichbar zu machen. Ein vollständiger Lebenszyklus, bestehend aus Installations-, Betriebs- und Deinstallationsphase mit Zuordnung der Kosten, könne hiernach komplett abgebildet werden. Dabei werden auch alle betriebswirtschaftlichen Kostenkategorien einbezogen: Personal, Material, Energie, Anlagen, Finanzierung sowie Steuern und Abgaben. Ein modularer Aufbau erlaube einerseits die Betrachtung einzelner Komponenten, wie effiziente Motoren und hochwertige Sensoren, aber auch komplette Anlagen.
Roos machte das an einem Beispiel deutlich: „Gerade bei Kläranlagen sehen wir ein hohes Potenzial an Einsparungen, denn sie benötigen 0,7 % des deutschen Energiebedarfs.“ Insbesondere bei der Faulgasverstromung und Pumpentechnik ließe sich noch viel tun. Die Belüftung der Becken mache schließlich 60 % des Energiebedarfs aus. Würden Sensoren mit geringerem Wartungsaufwand eingebaut, so wäre eine Modernisierung laut Roos wirtschaftlich auch für kleinere Anlagen interessant.
„Lifecycle Cost Evaluation“: Energie sparen, Lebenszykluskosten senken
Die Vorteile des Berechnungsinstruments werden schließlich anhand einer Investition bei der Kläranlage Böblingen-Sindelfingen deutlich, bei der Rückschlagklappen an Pumpen gegen Schieber mit pneumatischen Antrieben ausgetauscht wurden – der einmaligen Investitionssumme von 25 000 € stehen dort über einen Lebenszeitraum von 24 Jahren jährliche Energiekosteneinsparungen von gut 11 000 € gegenüber.
Die bisherige Resonanz auf die Software ist gut: Laut ZVEI konnten seit April dieses Jahres rund 7000 Downloads registriert werden.
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