Microsoft-Chef Satya Nadella: Corona ist wie ein Katalysator
Corona hat die Wirtschaft in der Zange. Doch es gibt auch Chancen. Softwarekonzern Microsoft sieht die Krise auch als Katalysator für die digitale Transformation: Vor allem drei Trends zeichnen sich demnach ab.
Seit einem Jahr hält das Corona-Virus die Weltwirtschaft im Griff. Lieferketten rissen, Belegschaften gingen ins Home-Office und viele industrielle Prozesse mussten neu gedacht werden. Das wirkte laut Microsoft-Chef Satya Nadella wie ein Katalysator: „Wir haben die digitale Transformation von zwei Jahren in zwei Monaten erlebt.“
Auch Unternehmen, die bereits Digitalisierungsprogramme gestartet hatten, spürten einen deutlich erhöhten Druck zur digitalen Transformation. Es mussten Pläne neu bewertet werden, um intelligentere und resilientere Prozesse zu etablieren. Wie diese Entwicklung im Jahr Zwei der Pandemie weitergeht? Dazu befragte der Softwarekonzern Partnerunternehmen und Experten aus der Fertigungsindustrie.
Microsoft-Befragung: Internet der Dinge erreicht die Industrie
„Der wichtigste Trend bleibt nach wie vor das industrielle Internet der Dinge, trotz der Covid-Pandemie und Unsicherheiten auf den Absatzmärkten“, meint beispielsweise Marco Becker, Senior Consultant beim Marktforschungs- und Beratungsunternehmen IDC. Im Herbst des vergangenen Jahres haben die Auguren gut 250 Unternehmen mit mehr als 100 Mitarbeitern aus fünf industriellen und industrienahen Fokusbranchen befragt. Sie wollten wissen, wie sich deren Umsetzungspläne von IIoT-Projekten entwickelt haben, vor welchen aktuellen und zukünftigen Herausforderungen sie stehen und wo sie IoT-Techniken bereits nutzen.
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Die umfassende Vernetzung von Maschinen und Abteilungen im industriellen Internet der Dinge und die intelligente Auswertung der dadurch gewonnen Daten kann – so der Schluss der Marktforscher – vielseitig genutzt werden. Einerseits um das laufende Geschäft zu verstetigen und auszubauen (Business Continuity). Andererseits könne mit Hilfe von Daten aber auch die Widerstandsfähigkeit gegen sich ändernde Rahmenbedingungen gestärkt werden (Business Resiliency).
IIot-Projekte trotz oder gerade wegen Corona
Kein Wunder also, dass 59 Prozent der von Microsoft befragten Unternehmen für die kommenden 12 Monate neue IIoT-Projekte planen – trotz oder vielleicht auch gerade wegen der Corona-bedingten Verwerfungen und Unsicherheiten am Markt. Denn gerade in Krisenzeiten schlägt für die Marktforscher die Stunde moderner Technologien und das IIoT ist für sie ein Paradebeispiel: Es helfe kurzfristig, die Effizienz zu optimieren und öffne mittel- und langfristig die Chance für bessere Geschäftsentscheidungen und neue Geschäftsmodelle.
Der zweite Trend, den Microsoft identifiziert hat, spielt auch bei der Datenauswertung im IIoT eine Rolle: Die Künstliche Intelligenz (KI). „Künstliche Intelligenz wird weiter ihren Weg in die industrielle Anwendung finden“, sagt Christoph Berlin, Partner Program Manager Azure Industrial IoT/Manufacturing bei Microsoft. Vor allem gehe es jetzt darum, die Technologie näher an die Menschen zu bringen, sowohl an jene, die Maschinen in den Fabriken bedienen, aber auch solche, die die Prozesse entwickeln.
Weitere Produktivitätssteigerung durch KI
Weitere Produktivitätssteigerungen in hochtechnisierten Fertigungsunternehmen sind nur durch den massiven Einsatz von KI und maschinellem Lernen zu erzielen, da ist sich Berlin sicher. Mehr noch: Datenbasierte Services werden auch in der Fertigungsindustrie zu einem erheblichen Teil der Wertschöpfung beitragen können. „Während die Automatisierung bisher vor allem Prozesse effizienter gestaltete, können wir mit KI komplett neue Prozesse schaffen und noch bessere Angebote für unsere Kunden entwickeln“, erklärt Melanie Weber, Industry Executive Chemical, Pharma & Life Science bei Microsoft Deutschland. So würden Entwicklungen realisierbar, die vor wenigen Jahren kaum vorstellbar waren. Zum Beispiel KI-gestützte Lieferketten, die sich selbst neu ausrichten, wenn es zu Ausfällen kommt.
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Den dritten Trend bezeichnet Microsoft als „Remote everything“ und auch er wird durch die Pandemie verstärkt vorangetrieben. „Zuerst stabilisierten sich Unternehmen durch Homeoffice und jetzt geht es darum, alle anderen Bereiche fit für Remote-Arbeit zu machen“, erläutert Thorsten Cleve, Director Manufacturing, Chemicals, Lifescience bei Microsoft Deutschland. Auch Vorgänge wie Überwachung, Wartung, Service und Engineering sollten künftig „remote“, also aus der Ferne funktionieren. Dass sei eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass die Arbeit weitergeht, ohne dass zwingend jemand in die Firma kommen muss.
Microsoft-Manager: Corona zeigt auch Defizite auf
„Die typischen Probleme wurden durch Covid-19 noch offensichtlicher“, erklärt Egbert Schröer, Principal Program Manager Azure Manufacturing der Microsoft Corporation. „Remote everything“ benötige völlig neue Ideen. Hier macht er in der Fertigungsindustrie noch Defizite aus. So könne fehlende Vernetzung vorhandener Anlagen und Prozesse durchaus „Projekte zum Stillstand oder zum Scheitern bringen“. Vielfach seien noch proprietäre Systeme installiert, die Innovation und Agilität behinderten.
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Er unterstreicht die Forderung, dass Informationstechnik (IT) und die „Operational Technology“ (OT), also die eigentliche Steuerung der Fabrikanlagen möglichst verschmelzen müssten. Nur in einer offenen Architektur könnten Unternehmen alle verfügbaren Daten global zusammenführen und so wertvolle Informationen über ihre Fabriken und die gesamte Lieferkette gewinnen. Und das wiederum ist die Voraussetzung dafür, flexibel auf Krisen oder andere Störungen reagieren zu können. Und es ist unabdingbar, um erfolgreich neue, datengetriebene Geschäftsmodelle zu etablieren.
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