Neuer Bosch-Assistent will Crash mit Fußgängern verhindern
Etwa 500 Fußgänger kommen jedes Jahr im deutschen Straßenverkehr ums Leben. Wenigstens einigen von ihnen könnte der Ausweichassistent von Bosch in Zukunft das Leben retten. Der Computer berechnet bei Kollisionsgefahr blitzschnell eine Ausweichroute und unterstützt das Manöver des Fahrers.
Selbst schuld? Wenn ein Fußgänger plötzlich aus dem Dunkeln auftaucht und auf die Straße läuft, können Autofahrer oft nicht mehr reagieren. Besonders beim Rechtsabbiegen übersehen viele Autofahrer Fußgänger und Radfahrer. Auch tagsüber.
Die Autofahrer reagieren falsch, weil sie die gesamte Situation nicht schnell genug erfassen, abgelenkt sind oder einfach nicht nach rechts über die Schulter geschaut haben. Solche und ähnliche Unfälle haben im vergangenen Jahr in Deutschland allein 523 Passanten das Leben gekostet. Bosch will mit einem neuen Ausweichassistenten helfen, dass diese Zahl sinkt.
Das System funktioniert so: Eine so genannte Stereo-Kamera, wie sie bereits heute in Serienfahrzeugen eingebaut ist, wird nahe dem Rückspiegel angebracht und liefert ein dreidimensionales (!) Bild von der Umgebung vor dem Auto. Ein Computer, der beim Testfahrzeug einfach im Kofferraum verstaut wurde, wertet die Informationen aus.
Wenn nun beispielsweise ein Fußgänger vor dem Wagen auftaucht, berechnet er die Wahrscheinlichkeit einer Kollision und auch gleich eine mögliche Ausweichroute. Das geschehe mehr als zehnmal in der Sekunde, erklärt Bosch-Projektleiter Lutz Bürkle.
„60 % der Zusammenstöße zu verhindern“
Der Computer übernimmt aber in keinem Fall die Kontrolle über das Fahrzeug – das wäre ja auch schon automatisiertes Fahren, und das ist auf öffentlichen Straßen heute nur testweise erlaubt. Google-Autos sind derzeit im Verkehr unterwegs, Daimler hat gerade einen Truck autonom fahren lassen.
Wenn aber Bremsen nicht mehr reicht und der Fahrer auszuweichen versucht, dann unterstützt das System nötigenfalls die Lenkbewegung, unter Umständen verstärkt es das Manöver. „Reagiert der Fahrer mindestens eine halbe Sekunde vor der Kollision, kann das Assistenzsystem unseren Untersuchungen zufolge 60 % der Zusammenstöße verhindern“, sagt Bürkle.
Noch ist das System von der Marktreife weit entfernt, aber in drei Jahren soll die Entwicklung abgeschlossen sein. Hauptproblem ist die notwendige Präzision. Bosch arbeitet deshalb intensiv an den notwendigen Algorithmen für den Computer. „Um die Ausweichroute möglichst exakt planen zu können, müssen wir zum Beispiel vorhersehen, wo der Fußgänger in einer Sekunde voraussichtlich sein wird“, erklärt der Projektleiter.
Möglicherweise lässt sich der Ausweichassistent ja kombinieren mit dem Ortungssystem, das Forschungsinstitute und Autobauer wie BMW gemeinsam entwickelt haben und das Fußgänger oder Radfahrer schon erkennt, bevor der Autofahrer sie sehen kann.
Hilfe auch bei engen Durchfahrten in der Stadt
Die Entwicklungsarbeit bei Bosch, vor allem die präzise Interpretation von Kamerabildern, ist auch Teil der Gesamtstrategie zum automatisierten Fahren. Bis zum Jahr 2020 will das Unternehmen einen so genannten Autobahnpiloten auf den Markt bringen, der tatsächlich zeitweise die Kontrolle über das Fahrzeug übernimmt. Schon vorher soll aber der neue Ausweichassistent zum Beispiel auch im dichten Stadtverkehr helfen. Er kann beispielsweise an Engstellen, wo wieder mal ein Paketlaster in zweiter Reihe parkt, den kratzerfreien Weg hindurch berechnen.1
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