Roboter sollen ihre Kräfte richtig dosieren können
Einem Roboter die Hand zu geben, das könnte schmerzliche Folgen haben. Kann der humanoide Arbeitskollege überhaupt seine große Kraft richtig einschätzen? Und die Empfindlichkeit einer menschlichen Hand? Robotern Rücksicht beibringen und die Fähigkeit, Kräfte richtig zu dosieren, das hat sich eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern vorgenommen, darunter von der Universität Bielefeld.
Menschen loten aus, wie viel Kraft sie aufwenden müssen, um einen bestimmten Gegenstand zu heben. Sie können sogar einen anderen Menschen beobachten und aus seinen Bewegungen Rückschlüsse ziehen, ob eine angehobene Last schwer oder leicht ist. Robotern fällt es dagegen schwer, solche Informationen richtig zu deuten.
Das will eine internationale Forschergruppe um Professor Jochen Steil vom Forschungsinstitut für Kognition und Robotik der Universität Bielefeld ändern. CogIMon heißt das Projekt. Das steht für kognitive nachgiebige Bewegungsinteraktion (Cognitive Compliant Interaction in Motion).
Roboter sollen menschenähnlich reagieren
„Das Ziel von CogIMon besteht darin, Robotern beizubringen, die Kräfte beim Bewegen von Objekten zu verstehen und angemessen auf Veränderung des Gewichtes und Kontaktes beim Tragen zu reagieren“, sagt Steil. Menschenähnliche Roboter und die, die in der Industrie eingesetzt werden, könnten zwar Kräfte messen und bis zu einem gewissen Grad auch regulieren. Sie könnten auch, wenn Hindernisse auftauchen, ihre Bewegungen stoppen. „Aber sie sind bisher nicht in der Lage, die Kräfte zu verstehen und sie aktiv für eine Kooperation zu steuern und einzusetzen“, erklärt der Ingenieur. „Das wollen wir ändern.“
Damit soll die bisher oft schwierige Zusammenarbeit zwischen Robotern und Menschen verbessert und vereinfacht werden. Als Beispiel nennt Steil das Tragen eines Tisches. Zwei Menschen koordinieren intuitiv die Geschwindigkeit, mit der sie ihn anheben und anschließend ihre Bewegungen aufeinander abstimmen. Beide müssen natürlich mit dem gleichen Tempo losmarschieren. Ein schnellerer Hintermann würde dem Vordermann den Tisch ins Kreuz rammen. Wäre er zu langsam würde er die Arme des Vorangehenden nach hinten reißen.
COMAN soll mit Patienten Ball spielen
Es sei eine große Herausforderung, die Wirkung von Kräften zu verstehen, weil es sich dabei um eine „komplexe Interaktionskompetenz handelt, bei der verschiedene Bereiche kombiniert werden müssen. Wahrnehmen, das Bewegen von Objekten, Steuern der Nachgiebigkeit und Körperkontrolle sind einige davon“, sagt Steil. Projektpartner in Italien und Großbritannien arbeiten daran, wissenschaftliche Grundlagen durch Interaktionsexperimente von Robotern mit Menschen zu schaffen.
Dazu setzen sie den Roboterprototypen COMAN (COmpliant HuMANoid Plattform) ein. Forscher am Italian Institute of Technology in Genua haben ihn entwickelt. Mit einer Höhe von 95 Zentimetern und einem Gewicht von 31 Kilogramm kommt er allerdings nur auf die Werte eines Kindes.
Nahziel ist es, ihm beizubringen, die menschliche Körpersprache zu verstehen. Dann könnte er in der Rehabilitation eingesetzt werden und deren Motorik und Koordination durch Ballspiele verbessern. COMAN muss dazu lernen, einen Ball mit angemessener Geschwindigkeit zu werfen, damit der Patient ihn fangen kann, und nicht wie ein Handballer, der ein Tor erzielen will.
Kuka-Roboter im Trainingscamp
Ebenfalls trainieren müssen Leichtbauroboter des Augsburger Unternehmens Kuka. Sie sollen beispielsweise lernen, zu zweit unterschiedlich schwere und große Pakete zu transportieren und in Regale einzusortieren. Dabei müssen sie wie Menschen ihre Bewegungen aufeinander abstimmen, damit die Pakete nicht herunterfallen und ihr Inhalt zerstört wird.
Aufgaben, die Kuka auch anderen Robotern beibringen will. So arbeitet Kuka bereits an Robotern, die Pflegekräfte entlasten sollen. Auch diese brauchen beim Umfang mit Menschen viel Gefühl.
Das EU-Förderprogramm Horizont 2020 stellt dafür sieben Millionen Euro zur Verfügung. Das Projekt läuft bis 2018.
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