Roboter Paul führt Kunden bei Saturn zum richtigen Regal
Die nervige Suche hat ein Ende. Zumindest im Saturn-Markt in Ingolstadt. Wenn Sie in diesem Elektrofachhandel zum Beispiel eine elektrische Zahnbürste kaufen wollen, dann führt Paul Sie zum richtigen Regal. Für Martin Wild, Digital-Chef der Media-Saturn-Holding, zählt der neue Mitarbeiter zu den „fortschrittlichsten Robotern der Welt“.
Offiziell entstammt ServiceroboterPaul der FamilieCare-O-bot 4. Entwickelt wurde er von Fraunhofer Forschern. Jetzt – in der vierten Generation – ist die Maschine flügge geworden, durfte das Labor verlassen und soll sich nun in der Praxis beweisen.
Roboter Paul hält gerne ein Schwätzchen
Roboter Paul arbeitet seit einigen Tagen im Saturn-Markt in Ingolstadt. Am Eingang rollt er den Kunden entgegen, heißt sie herzlich willkommen und bringt sie auf Wunsch zu einem bestimmten Produkt. Die Zeit auf dem Weg dorthin nutzt Paul für einen Smalltalk beispielsweise über das Wetter.
Werden ihm Fragen zu Produkten gestellt, muss Paul allerdings passen. Immerhin sorgt der Roboter dafür, dass ein menschlicher Kollege übernimmt: Die Maschine kann einen Saturn-Mitarbeiter per „Voice over IP“, also über Internettelefonie, zur Unterstützung rufen. „Mit dem Einsatz von Paul bieten wir unseren Kunden die Gelegenheit, einen der fortschrittlichsten Roboter der Welt kennenzulernen“, erklärt Martin Wild, Digital-Chef der Media-Saturn-Holding.
Software Shore macht Paul emotional
Im Januar 2015 hatte das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA den Prototypen des Care-O-Bot 4 vorgestellt. Und was wurde Paul von den Fraunhofer Forschern mit auf den Weg gegeben? In Kopfhöhe besitzt Paul ein schräg nach vorne gerichtetes Display, das an ein Gesicht erinnert.
Und dann wären da noch seine Laserscanner in Schienbeinhöhe. Sie helfen Paul bei der Orientierung. Mit seiner Frontkamera und der vom Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS entwickelten Software „Shore“ kann er die Laune seines Gegenübers erkennen und eigene Gemütszustände zum Ausdruck bringen. Mikrophone zur Spracherkennung und Kameras zur Gestenerkennung ermöglichen Paul die Interaktion.
Jahrzehntelange Entwicklungsarbeit
Seit 1989 tüfteln die Fraunhofer Forscher am Care-O-Bot. Während Pauls Vorgänger primär zur Entwicklung technologischer Grundlagen genutzt wurden, bietet die neuste Version als modulare Produktfamilie erstmals die Basis für kommerzielle Lösungen. Nun arbeitet das Fraunhofer IPA mit seiner Ausgründung Unity Robotics daran, die Roboterplattform für verschiedene Einsatzfelder in der Industrie auszugestalten.
Saturn ist der erste Kunde, der sie in der Praxis einsetzt. Für Saturn haben die Stuttgarter Wissenschaftler die Soft- und Hardware von Care-O-bot 4 um weitere Features ergänzt. „Zum Beispiel haben wir seine Navigation, dialogische Kommunikation und Mimik spezifiziert und mit den Firmen Semvox und Phoenix Design umgesetzt“, erklärt IPA-Projektleiter Ulrich Reiser.
Modularer Aufbau und offene Softwareschnittstellen
Das Saturn-Projekt wird vorerst sechs Monate dauern, wobei die Erkenntnisse aus den Praxiserfahrungen mit den Kunden und Mitarbeitern unmittelbar in die Weiterentwicklung der Robotertechnologie einfließen. Deshalb fragt Paul auch höchstpersönlich nach, wie die Interaktion mit ihm ankommt, bevor er sich wieder von den Kunden verabschiedet.
Dank seines modularen Aufbaus und offener Softwareschnittstellen gibt es auf dem Arbeitsmarkt diverse Möglichkeiten für das System Care-O-bot. Denkbar wäre der Einsatz als mobiler Informationskiosk in Einkaufsläden oder Flughäfen, für Hol- und Bringdienste in Heimen oder Büros, für Sicherheitsanwendungen oder als Museumsroboter zur Attraktion.
Verkauf der Roboter durch Unity Robotics
„Wir sind weiterhin daran interessiert, dass möglichst viele Wissenschaftler und Firmen mit dem System arbeiten, um seine Einsatzmöglichkeiten zu erweitern“, informiert Reiser. Im Rahmen der Forschungsplattform von Care-O-bot 4 können Experten aus aller Welt die Soft- und Hardwarekomponenten weiterentwickeln. Mit der Ausgründung Unity Robotics wollen die IPA-Experten die Anwendung auf die Bedürfnisse von Unternehmen anpassen und als kommerzielles Produkt verfügbar machen.
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