Trotz Querschnittslähmung: Bewegung mittels Exoskelett möglich
Weltweit leiden rund 2,8 Mio. Menschen unter einer Querschnittslähmung. Eine Entwicklung aus Berkeley könnte ihnen vielleicht aus dem Rollstuhl helfen. Das Exoskelett wird wie eine Orthese über der Kleidung getragen und hilft den Patienten wieder auf die Beine. In europäischen Kliniken laufen erste Patientenstudien an.
Sie sitzt auf dem Stuhl und beugt sich nur kurz vor. Dann gibt es einen kleinen Ruck – und schon steht sie da mit ihrem strahlenden Siegerlächeln. Seit einem Skiunfall im Jahr 1992 ist Amanda Boxtel von der Hüfte abwärts gelähmt und an den Rollstuhl gefesselt. Doch mit dem Laufroboter „Ekso“ kann sie mit ihren Mitmenschen jetzt buchstäblich wieder auf Augenhöhe kommunizieren.
Exoskelett lässt Querschnittsgelähmte vom Leben ohne Rollstuhl träumen
Ihre Schritte sind noch bedächtig und ohne zusätzliche Krücken nicht möglich. Dennoch träumt Amanda von einem selbstständigen Leben außerhalb des Rollstuhls. Entwickelt wurde der anziehbare Roboter in den USA. Rund 60 Ingenieure arbeiten bei Ekso Bionics im kalifornischen Berkeley daran, Amandas Traum zu verwirklichen.
„Neben Hard- und Software geht es vor allem um Verbesserungen bei der Steuerungstechnik und der Batterietechnologie“, erklärt Andy Hayes, Europachef bei Ekso Bionics. „Und wir wollen das Exoskelett natürlich noch leichter machen.“ Denn derzeit wiegt es stolze 23 kg, von denen Amanda nach eigenem Bekunden allerdings nichts merkt, da das Gewicht über die Beinstützen abgeleitet wird.
Das Gesamtsystem besteht aus den Beinstützen mit integrierten Motoren an Hüften und Knien, einem Rechner im Rucksack sowie zwei Krücken. Amandas Füße stehen auf beweglichen Platten, die aber nicht selbst angetrieben sind. Sensoren in den Krücken erfassen die Position der Patientin im Raum und leiten die nächste Bewegung ein. Der Antrieb wiederum erfolgt durch Gleichstrom-Servomotoren, wie sie auch in der Industrie eingesetzt werden.
Derzeit wiegt allein die Batterie 5 kg sie soll für etwa 4 h Betrieb ausreichen. „Die Motoren müssen ja kraftvoll sein, aber wir wollen sie auch kostengünstig und leichtgewichtig haben“, erläutert Hayes. Auch hier besteht also noch Entwicklungsbedarf.
Klebebänder fixieren das Exoskelett über Kleidung und Schuhen
Angezogen wird Ekso direkt über Kleidung und Schuhe, fixiert mit Klettbändern. „Durch die beispiellose Kniebeugung erzeugt Ekso das natürlichste Gangbild aller auf dem Markt befindlichen Exoskelette“, behauptet Hayes. Allerdings läuft derzeit noch ein Physiotherapeut mit einer Fernbedienung für die Feinsteuerung der Motoren hinter der Patientin her. Doch erste Schritte gelingen Amanda auch durchaus allein.
Und Eythor Bender, Geschäftsführer von Ekso Bionics, ist zuversichtlich: „Wir arbeiten daran, dass man mit dem Ekso auch ohne Krücken wird gehen können.“ Das könnte mithilfe einer Steuerung gelingen, für deren Impulse die Gehirnströme ähnlich wie beim EEG über eine spezielle Kappe abgenommen werden.
Eingesetzt wird das Exoskelett momentan nur in Rehazentren, seit März auch in Europa. An Kliniken in Deutschland, Dänemark, Italien, Spanien und der Schweiz ist gerade eine Patientenstudie angelaufen. Auch das Rehazentrum Potsdam (RZP) prüft derzeit unter „Realbedingungen“ mit Patienten, welche Vorteile die Roboterorthese bietet.
Exoskelett bei Querschnittslähmung noch nicht für den Alltagsgebrauch
Positive Effekte hat auch Amanda bereits festgestellt. „Mein Kreislauf hat sich stabilisiert. Und ich kann endlich wieder meine Muskeln trainieren“, freut sie sich.
Alltagstauglich ist der Laufroboter zwar noch nicht, doch in Berkeley tüftelt man bereits an einem Gerät für den Privatgebrauch. Und auch an den Kosten wird man noch „schrauben“ müssen: Die Klinikversion kostet immerhin rund 100 000 €.
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