Wandelbots Nova soll den Einsatz von Robotern vereinfachen
Wird es künftig einfacher, Roboter unterschiedlicher Hersteller zu nutzen? Dieses Ziel verfolgt das Dresdner Start-up Wandelbots.
Inhaltsverzeichnis
- Wandelbots Nova: Komplizierte Aufgaben per Roboter künftig einfacher umsetzen
- So analysieren Nvidia und Wandelbots Roboterprojekte schon in der Planung
- Mit dem Code aus der Simulation Roboter direkt steuern
- Roboterhersteller geben Wandelbots Zugang zu ihren Steuerungen
- So nutzen Anwender die Softwareplattform für ihre Roboter
- Simulation schafft auch im Handwerk Vertrauen in die Robotertechnik
Mit dem Ende 2024 vorgestellten, herstellerunabhängigen Betriebssystem für Roboter namens Wandelbots Nova hat sich das Robotik-Start-up Wandelbots endgültig vom Hardwaregeschäft verabschiedet. Die Dresdener setzen nun verstärkt auf Kooperationen und sind auch mehr auf Verbandsebene aktiv.
Bekannt wurde Wandelbots mit dem Tracepen, einem digitalen Stift, mit dem Roboterprogramme beispielsweise schnell für individuelle Schweißprozesse angepasst werden konnten. Um den wachsenden Anforderungen und der Komplexität industrieller Automatisierung besser gerecht zu werden, verlagerte das Unternehmen vor einem Jahr seinen Schwerpunkt auf eine vollumfängliche Softwareplattform. „Wir sprechen mit Nova Unternehmen an, die bereits Automatisierungslösungen nutzen, in Robotik investiert haben und die Chancen sowie Herausforderungen der Automatisierung gezielt angehen wollen“, erklärt Katharina Jessa heute. Sie ist bei Wandelbots als Chief Revenue Officer in der Führungsebene für die strategische Ausrichtung und das Umsatzwachstum verantwortlich.
Wandelbots Nova: Komplizierte Aufgaben per Roboter künftig einfacher umsetzen
Das Start-up habe sich dazu die Frage gestellt, wie Unternehmen und dessen Anwender selbst komplizierte Aufgaben einfacher mit Robotern umsetzen können. Der Fokus liegt also weiterhin auf dem ursprünglichen Ziel der Demokratisierung der Robotik, nur widmet sich Wandelbots nun allein der nötigen Software. Lust statt Frust will das Unternehmen den Anwendern von Robotern mit der neuen Softwarelösung bereiten. „Wie viele Roboter stehen in der Ecke oder laufen nicht auf Höchstleistung, weil man die Idee hatte, die aber nicht ordentlich durchdacht wurde“, schildert Jessa typische Situationen bei enttäuschten Unternehmen. „Mit Nova bieten wir eine vollständig integrierte Lösung, die durch KI-gestützte Prozesse und flexible Schnittstellen eine schnelle Umsetzung von Automatisierungsprojekten ermöglicht.“
„Unsere Software hilft nicht nur Unternehmen, ihre Automatisierungsprozesse zu optimieren und auszubauen, sondern unterstützt auch Systemintegratoren und Berater dabei, ihre Kunden besser auf den Einstieg in die Robotik vorzubereiten“, erklärt Jessa. Als Vorstandsmitglied der VDMA-Fachabteilung Robotik kennt sie die Bedürfnisse der Unternehmen gut. Sie weiß, dass auch die Systemintegratoren aktuell an Grenzen stoßen. „Größtenteils fokussiert man sich als Systemintegrator auf eine Marke, weil man gar nicht die Möglichkeit hat, einen Experten zu finden, der eine zweite Marke beherrscht oder auch noch eine dritte.“
So analysieren Nvidia und Wandelbots Roboterprojekte schon in der Planung
Wo Wandelbots die Anwender mit der neuen Softwarelösung abholen will, beschreibt die Managerin so: „Wir vereinfachen und optimieren nicht nur den Bereich der Applikation und Steuerung, sondern betrachten die gesamte Prozesskette – beginnend bei der ersten Idee und den Überlegungen zu einem Automatisierungsprojekt.“ Denn am Anfang eines Robotikprojekts gehe es oft um Fragen wie: Lohnt sich der Robotereinsatz oder lohnt er sich nicht? Lässt sich das Projekt damit überhaupt umsetzen?
Die Zusammenarbeit zwischen den Dresdnern und dem US-Techkonzern Nvidia setzt dabei laut Jessa neue Maßstäbe in der Automatisierungstechnik. „Durch die Integration unserer Software in das Nvidia Omniverse können Anwender bereits in der Planungsphase neuer Projekte oder bei der Optimierung bestehender Automatisierungsumgebungen die volle Intelligenz der Robotik nutzen“, konkretisiert sie.
Dazu erklärt sie: „Normalerweise nutzt man für die Simulation von Robotern 3D-Profile und man weiß, wie der Roboter sich bewegt.“ Die in dem Omniverse integrierte Softwarelösung ergänze die Simulation um die spezifischen Fähigkeiten und Materialeigenschaften der gesamten Bestandteile der Automatisierungslösung. „Damit können wir jetzt sehr genau sagen, ob man einen Anwendungsfall umsetzen kann, ob die gewünschten Taktzeiten eingehalten werden und beispielsweise der richtige Greifer vorgesehen wurde, um ein Werkstück zu bearbeiten“, hebt Jessa hervor. „Ich kann auch testen, ob der Roboter mit der angedachten Bewegung ein Objekt vielleicht zerdrückt.“
Mit dem Code aus der Simulation Roboter direkt steuern
Durch dieses Vorgehen lässt sich laut der Wandelbots-Managerin nicht nur die Planung beschleunigen. Mit der nahtlosen Verbindung zur „physikalische Zelle“ könne der in der virtuellen Welt generierte Code direkt zur Steuerung des Roboters eingesetzt werden. Anwender müssten sich dazu nicht einmal mit den jeweiligen Programmcodes beschäftigen. „Wir haben eine sehr einfache Bedienoberfläche. Aus den Eingaben wird ein Roboterprogramm übersetzt“, beschreibt sie das neue Softwarekonzept ihres Unternehmens.
Das vereinfacht auch die Anpassung von Programmen in bestehenden Anlagen. Auf der Messe Smart Production Solutions (SPS) zeigte Wandelbots im November eine Applikation, bei der Roboter von ABB, Fanuc, Kuka und Yaskawa gemeinsam einen Würfel bewegten. „Wenn wir den Ablauf der Prozesse verändern möchten, dann müssen die Endanwender nicht coden“, so Jessa.
Dennoch tut sie sich schwer mit aktuellen Modebegriffen wie „No-Code“ und „Low-Code“, weil am Ende weiterhin ein Code den Roboter steuert. Je nach Kenntnisstand und Interesse sei es deshalb auch weiterhin bei Wandelbots Nova möglich, über die Bedienoberfläche in den Programmcode tief einzugreifen oder Eingaben in natürlicher Sprache durch eine integrierte künstliche Intelligenz (KI) in ein Programm übersetzen zu lassen. „Wir setzen unter anderem auf Large Language Models im Hintergrund. Dazu arbeiten wir mit OpenAI zusammen“, erklärt die erfahrene Führungskraft.
Roboterhersteller geben Wandelbots Zugang zu ihren Steuerungen
Doch wie ist es möglich, die Programme und die Daten schnell auf Roboter unterschiedlicher Hersteller zu übertragen? Jessa sagt: „Die Roboterhersteller geben uns den Zugang zu den Controllern. Das geht auch tiefer als das, was für die Öffentlichkeit dokumentiert ist.“ In der Messe-Demo von Wandelbots finde deshalb auch kein Code-Export statt. „Der Code wird in Echtzeit gestreamt – innerhalb von Millisekunden werden kontinuierlich Daten übertragen, um Anpassungen sofort umzusetzen“, so die Expertin.
Laut Jessa gehört inzwischen auch Universal Robots zu den Herstellern, die mit Wandelbots kooperierten. „Wir reden jetzt auch schon mit den Nächsten aus der Liste der Top-10-Hersteller, um diese dann ebenfalls zu integrieren.“
Wandelbots spricht von einem agnostischen Ansatz, also von einer Interaktion verschiedener Systeme auf einer gemeinsamen Basis. Dabei gehe es dem Start-up aber nicht nur um die Interaktion mit verschiedenen Robotern. Adressiert werde das gesamte Ökosystem rund um die Automatisierungslösung. „Wir wollen damit erreichen, dass Unternehmen sich entscheiden können, mit welchen Komponenten sie arbeiten wollen“, schildert die Managerin. Das umfasse sowohl Endeffektoren wie Greifer als auch Sensoren, Softwarelösungen und Simulationsumgebungen.
So nutzen Anwender die Softwareplattform für ihre Roboter
Ein Anwender der Lösung ist der Automobil- und Maschinenbauzulieferer Schaeffler. Jessa dazu: „In deren Fall geht es beispielsweise darum, einen O-Ring aus Gummi per Roboter einsetzen zu lassen. Weil flexible Materialien in ihrem Verhalten sehr schwer vorzuplanen sind, helfen uns hier die physikalischen Engines. Durch die simultane Bewegung vom digitalen Zwilling in der physikalischen Welt lässt sich die Konzeptidee komplett vorplanen und bestmöglich optimieren, bevor in reale Maschinen investiert wird.“ Der Anwendungsfall wurde auf der Wandelbots-Nova-Plattform entwickelt und unter Nutzung der Integration mit Nvidia Omniverse geplant. Anschließend erfolgte die Umsetzung mithilfe des vollständigen Wandelbots-Nova-Software-Stacks zur Ausführung der Idee in der physischen Automatisierungszelle.
Auch bei der Optimierung bestehender Roboterzellen kann die Software entscheidende Vorteile bieten. Ein Beispiel dafür ist ein Projekt bei einem Unternehmen aus der Automobilzuliefererbranche, das seine Taktzeit optimieren musste, um Folgeprozesse zu beschleunigen. Ziel war es, die bisherige Taktzeit von 24 s um 50 % zu reduzieren. Es wurde daher überlegt, einen weiteren Roboter in die Zelle zu integrieren. „Wir konnten in einem sehr groben Prozess schnell nachweisen, dass das nur 1 s Taktzeitverbesserung ausgemacht hätte, bei Investitionskosten im 100.000-€-Bereich“, berichtet die Roboterexpertin. Durch eine Planung mithilfe der Omniverse-Welt sei es dagegen nach wenigen Tagen gelungen, die gewünschte Taktzeit durch andere Anpassungen zu erreichen.
Simulation schafft auch im Handwerk Vertrauen in die Robotertechnik
Gerade für in der Automatisierungstechnik unerfahrene Personen ist es beim Einstieg in die Robotik zudem wichtig, Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Technik zu erhalten. Jessa nennt als Beispiel dafür eine Bedienumgebung für Handwerker, die mit Robotern Bauteiloberflächen abschleifen. Ein Systemintegrator habe dazu ein Software-Teil (Stack) von Wandelbots mit 3D-Kameras kombiniert.
„Die 3D-Kamera kreiert ein Bild von dem Werkstück, weil die Anwender keine sauberen CAD-Daten haben. In der vereinfachten Bedienoberfläche sieht der Handwerker das gescannte Objekt mit dessen Oberflächen und Kanten. Er kann dann bestimmte Bearbeitungsoptionen zuweisen“, beschreibt die Wandelbots-Managerin die Anwendung. Er könne beispielsweise Bearbeitungsparameter einstellen und bekomme dazu die jeweilige Bearbeitungszeit angezeigt. „Alle nötigen Kontrollmechanismen, um Schäden zu vermeiden, sind dann schon in den mathematischen Modellen integriert. Der Anwender bekommt die bestmöglichen Empfehlungen.“
Neben der Simulation des Prozesses sei es zudem möglich, Punkte in der realen Anlage zunächst langsam anzufahren und sich zu vergewissern, ob der Roboter das Gewünschte tut. Denn Jessa weiß: „Der Mensch traut dem Roboter erst mal nicht. Doch je öfter er damit arbeitet, umso öfter versteht er, wie die Programme funktionieren. Der Probelauf gibt ihm ein Sicherheitsgefühl.“
Ein Beitrag von: