Wie der Roboter zum Freund des Menschen wird
In der Industrie 4.0 sind Mensch und Maschine Kumpel. Der Roboter ist ein sensibler Kollege, der bald sogar merken soll, wenn er menschliche Haut statt ein Stück Stahl erwischt. Wie das alles geht, ist Schwerpunkt der Messe für Automation und Mechatronik in München.
Vom Hutmacher zum Spezialisten für Sicherheitstechnik in der Industrie? Kaum vorstellbar. Die Firma Mayser aus Ulm präsentiert sich aber derzeit auf der weltgrößten Messe für Automation und Mechatronik, der Automatica in München. Und sie zeigt dort, wie eine sichere Zusammenarbeit von Mensch und Roboter machbar ist. Gut, ein paar hundert andere Unternehmen und Forschungsinstitute tun genau dasselbe, denn es geht schließlich um die Gretchenfrage der Industrie 4.0.
Mayser hat vor 200 Jahren noch Filz und Baumwolle in Form gebracht, aber seit ein paar Jahrzehnten werden hier vor allem Schaumstoffe verarbeitet. Das Unternehmen produziert im Grunde Polster für die Arme und Gelenke von Robotern. Und das ist nicht so simpel wie es klingt: Der PU-Schaumstoff hat eine sensible Oberfläche, eine Haut, die auf Berührung reagiert. Gibt es einen nur zarten unerwünschten Kontakt, zuckt der Roboterarm zurück.
Maschinen mit emotionaler Intelligenz
Die Zeiten, da die Arbeitsbereiche von Industrierobotern per Lichtschranke oder Stahlkäfig von dem seiner menschlichen Kollegen abgetrennt waren, sollen bald vergangen sein. Das ist die Vision der Industrie der Zukunft, und da ist Sicherheit der entscheidende Faktor. Unfälle wie der vor einem Jahr in einem hessischen VW-Werk, wo ein junger Mann von einem Roboter erfasst, an eine Wand gedrückt und tödlich verletzt wurde, darf es da nicht geben.
Roboter müssen deshalb nicht nur schlau, sondern auch sensibel sein – eine Art emotionale Intelligenz muss her. An der Hochschule Bonn/Rhein-Sieg wird seit kurzem an einer Sensorik geforscht, die es den Maschinen ermöglichen soll, menschliche Haut zu erkennen. Dafür sind spezielle optische Sensoren und neue Algorithmen bei der Bildverarbeitung notwendig. Gefördert wird das Projekt von der Schmersal Gruppe, die auf der Münchner Messe selbst einen neuartigen Konfigurator präsentiert. Er soll auf denkbar einfache Art die Anpassung von Maschinen und Robotern an veränderte Produkte und Prozesse ermöglichen.
Auch die Virtual Reality ist noch da
Neben dem Sicherheitsaspekt ist Flexibilität eben das zweite Top-Thema auf der Messe – weil sie Effizienz bedeutet und damit Kosteneinsparung. Deshalb präsentieren viele Unternehmen auch Assistenzsysteme für Mitarbeiter. Ein Beispiel ist die Firma Cadcon, die eine interessante Variante der Virtual-Reality-Brille entwickelt hat: Darin sieht der Nutzer zunächst die komplette Umgebung, kann aber manuell ganz bestimmte Bereiche aus- und gewünschte virtuelle Inhalte einblenden. Die Brille ist gedacht für Montagearbeiten, aber auch beispielsweise für die Führung von Überwachungsdrohnen.
Insgesamt zeigen mehr als 800 Aussteller auf der Automatica ihre Produkte. Revolutionäre Neuheiten sind dieses Jahr nicht das Thema, eher geht es um Weiterentwicklung. So sind fahrerlose Transporter in modernen Industriebetrieben ja schon keine Seltenheit mehr – aber ihre Orientierung im Raum ist noch ein Knackpunkt. Die Firma Knapp hat dabei womöglich einen Durchbruch erzielt: Ihre so genannten „Open Shuttles“ können auch in sehr belebten Produktions- oder Logistikbereichen eingesetzt werden, weil sie eine neuartige Konturenerkennung besitzen: „Die Open Shuttle nehmen sowohl statische als auch veränderliche Hindernisse wahr und können intuitiv darauf reagieren. Sie planen selbstständig die schnellste Route und finden auch Ausweichstrecken, wenn sich ihnen ein Hindernis in den Weg stellt – völlig ohne optische oder physische Hilfsmittel“, heißt es bei dem Hersteller aus Graz.
Taktile Sensorik mit LED-Technik
Der große Schwerpunkt der Automatica ist aber ganz klar die Sicherheit, und hier präsentieren auch Ingenieure und Wissenschaftler ihre Ideen. Ein ganzes Paket hat das Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung aus Magdeburg mit nach München gebracht. Dazu gehören Fußbodenplatten, in die nicht nur die eine Taktilsensorik integriert wurde, sondern auch LEDs, die erkannte Berührungen direkt über die Fußbodenplatten anzeigen und nicht erst auf einem externen Monitor.
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