Stadtplanung 25.11.2011, 12:04 Uhr

Aus Büros werden Wohnungen

Büros und Geschäfte haben Wohnungen aus vielen Innenstädten verdrängt. Jetzt wollen Stadtplaner das Rad zurückdrehen. Sie suchen Investoren, die leerstehende Bürogebäude in dringend benötigten Wohnraum verwandeln. Beispiele zeigen, dass das Konzept aufgeht.

Immer mehr Menschen drängen in die Metropolen. Allein in Hamburg fehlen 90 000 Wohnungen, in Frankfurt 28 000 und in München sind es 18 000. Gleichzeitig stehen in den Innenstädten zahlreiche Bürogebäude leer. Sie sind in die Jahre gekommen und können mit dem Komfort der Neubauten nicht mehr mithalten. Was liegt da näher, als vorhandene Gebäude zu nutzen und zu Wohnungen umzubauen?

Einige Vorzeigeprojekte gibt es bereits. Beispielsweise in Frankfurt. Vor gut einem Jahr hat der Münchener Immobilienentwickler Dreyer das ehemalige Bürohochhaus der IG Metall in Niederrad in ein attraktives Wohnhochhaus verwandelt. Der ehemalige Büroklotz an der Lyoner Straße wurde entkernt und um drei Etagen aufgestockt. Innerhalb von zwölf Monaten sind so 92 Apartments in Größen zwischen 45 m2 bis 80 m2 sowie sechs Wohnungen mit je rund 170 m2 entstanden.

Vor allem in den Metropolen sind Wohnungen knapp

Bis auf zwei Wohneinheiten sei das komplette Haus vermietet, sagt Manfred Menhardt, der bei dem Münchener Unternehmen für das Controlling verantwortlich ist. „Die Nachfrage war so groß, dass bereits wenige Monate nach dem Umbau viele der Wohnungen vergeben waren.“ Die meisten Mieter nutzen ihr „Skyline Apartment“ als Zweitwohnung – arbeiten unter der Woche in Frankfurt und fahren am Wochenende zu ihren Familien.

20 Mio. € hat der Umbau gekostet. Die Investition habe sich gelohnt, so Menhardt. Rund 14 € pro m2 müssen die Bewohner zahlen. Das sind 4 € mehr pro m2 als mit einem in die Jahre gekommenen Bürohaus in der Gegend zu erzielen wäre.

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Auch der Kölner Investor Proximus Asset Management ist mit dem Ergebnis seines letzten Redevelopment-Projekts zufrieden. Das Unternehmen hat im vergangenen Jahr in Düsseldorf-Oberkassel einen Bürobau aus den 70er-Jahren in ein modernes Mietswohnhaus umgebaut. In dem Gebäude war einst die Staatsanwaltschaft, später ein Teil von Vodafone untergebracht. „Das Gebäude war eine CO2-Schleuder und hatte zu 80 % Leerstand“, sagt Michael Kunz.

Der Chef des Kölner Unternehmens investierte gemeinsam mit seinem Bruder Florian 23 Mio. €. Es wurden Luxus-Penthäuser mit großen Dachterrassen geschaffen, zwei Maisonette-Wohnungen, sechs Townhouses mit eigenem Eingang und kleinem Garten sowie 56 weitere Wohnungen.

Das Mehrfamilienhaus ist inzwischen zu 90 % vermietet. Und das, obwohl die Mieten mit durchschnittlich 14,50 € pro Quadratmeter im gehobenen Preissegment liegen.

Das Konzept: Büros in Topstädten werden in hochwertige Wohnungen umgewandelt

„Es ist das sechste Projekt, das wir realisiert haben. Wir schätzen, dass rund 15 % der Büroflächen in Topstädten in hochwertige Wohnungen umgewandelt werden können“, sagt Michael Kunz. Sein Unternehmen plant weitere Projekte in Berlin, Düsseldorf, Köln und München.

Allerdings brauche man Geduld, so der Proximus-Chef. Wenn man eine geeignete Immobilie gefunden habe, muss als nächstes die Bauverwaltung mitspielen. Hier gebe es oft noch große Hürden. Kunz: „Es wird aber besser, weil die Behörden aufgrund der hohen Nachfrage nach Wohnungen unter großem Druck stehen.“

Auch der Hamburger Architekt Carsten Venus vom Büro „Blauraum“ ist vom Potenzial des Redevelopments überzeugt. Er hatte bereits 2008 in einer Studie mit der Hafencity Universität Hamburg untersucht, wie unrentable und unfunktionelle innerstädtische Bürogebäude als Wohnraum genutzt werden können.

„Baulich technisch geht eigentlich alles: eine Umwandlung, Aufstockung, technische Modernisierung – große und kleine Gebäude“, so der Architekt. Das Interesse bei Kommunen und Planern sei groß – was oft noch fehle seien die Gebäude.

Die sind oft im Besitz von Immobilienfonds, für die Leerstand günstiger zu sein scheint als eine Abschreibung der Buchwerte. Die Abschreibung aber müssten sie auf jeden Fall vornehmen. Der Preis, der in den Büchern steht, sei nämlich nicht realistisch, weiß Venus aus zahlreichen Verhandlungen.

Die Immobiliengesellschaften selbst haben nur wenig Interesse an der Umwandlung in Wohnraum. „Die meisten sind auf Gewerbe ausgerichtet. Sie wollen mit Endverbrauchern nichts zu tun haben“, so Venus. Viele Umbauten werden daher erst realisiert, wenn ein neuer Eigentümer das Gebäude übernommen hat und die Umwandlung als Alternative für sich entdeckt hat.

Das Büro Blauraum hat in Hamburg-Harvestehude einen schlichten Büroblock in eine preisgekrönte Wohnimmobilie verwandelt. Die erfolgreichen Redevelopment-Projekte zeigen, dass sich eine Umwandlung immer dann lohnt, wenn das Gebäude gut gelegen ist. Die besten Chancen sieht Venus für eine Umwandlung in Eigentumswohnungen. Das sei am leichtesten bei Gebäuden mit mindestens zwölf Wohneinheiten möglich.

Büros aus den 70er Jahren lassen sich leichter in Wohnungen umwandeln

Der Umbau von Bürohäusern aus den 50er und 60er-Jahren ist aufgrund der schlechten technischen Qualität und den Forderungen des Denkmalschutzes aufwändig. Bauten aus den 70er-Jahren sind meist schon als Skelettbau erstellt, was eine energetische Modernisierung erleichtert.

Im Prinzip sei der Übergang zwischen Neubau und Redevelopment fließend, so Venus. „Die Gebäude werden bis auf Stützen und Decken entkernt und dann wie ein Rohbau behandelt“, erläutert der Architekt. Dabei gingen im Extremfall bis zu 80 % der Gebäudesubstanz verloren.

Bislang beschäftigen sich nur wenige Spezialisten in Deutschland mit Redevelopment. Damit sich das ändert, bereiten inzwischen einige Hochschulen Studenten auf Fragen der Umnutzung vor. So bieten beispielsweise die RWTH Aachen und die FH Köln Masterstudiengänge an, in denen es um leerstehende Bürobauten, Militärbrachen und verwaiste Dörfer geht.

Ein Beitrag von:

  • Hans Schürmann

    Hans Schürmann war Technik- und Wirtschaftsredakteur beim Handelsblatt und schreibt unter anderem über Finanzen, Immobilienthemen und Maschinenbau.

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