Bahn nimmt neuen Tunnel in Betrieb
Auf der Rheintalbahn kurz vor der Schweizer Grenze bei Basel nimmt die Deutsche Bahn am 4. Dezember den 9385 m langen Katzenbergtunnel in Betrieb. Er weist bautechnische Highlights auf, hat aber auf dem EU-Korridor 1 Rotterdam – Genua vor allem verkehrspolitisches Gewicht.
Während sich die Züge im rund 20 km langen, südlichsten Abschnitt der Strecke Karlsruhe – Basel zwischen Schliengen und Haltingen bisher mit 70 km/h durch die zahlreichen Kurven am Isteiner Klotz zwängen mussten, führt die neue Strecke in gerader Linie durch den Höhenzug, wobei der ICE mit 250 km/h fahren und zwischen Freiburg und Basel gut 10 min sparen kann.
Das Ereignis lässt erkennen, dass es auf der europäischen Nord-Süd-Magistrale auch in Deutschland vorangeht, wenn auch nur langsam. Bis eines fernen Tages eine leistungsfähige Zulaufstrecke zu den beiden neuen Eisenbahntunneln in der Schweiz entstanden sein wird: zum Lötschberg, durch den seit 2007 Züge fahren, und zum Gotthard-Basistunnel, der 2016 in Betrieb gehen wird.
Zu Fertigstellung weiterer Tunnel wird die deutsche Rheintalbahn ausgebaut
Dabei ist im Vertrag von Lugano seit 1996 mit der Schweiz vereinbart, dass zur Fertigstellung der Tunnel auch die deutsche Rheintalbahn entsprechend ausgebaut wird, um die zusätzlichen Kapazitäten im Transitverkehr in beiden Ländern ausschöpfen zu können. Von einer Erfüllung dieser Vereinbarung ist Deutschland weit entfernt, in guter Gesellschaft mit dem südlichen Nachbarn der Schweiz: „Man hat manchmal das Gefühl, dass sich Italien nicht mehr daran erinnert, dass es den Schienengüterverkehr überhaupt noch gibt“, bemerkte kürzlich Andreas Meyer, Chef der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB).
In Deutschland sind vor allem wegen der leeren Kassen des Bundes die Bremsen angezogen. So mahnt die Schweiz den Ausbau immer wieder an. Als ihn Parlamentarier aus Bern im Herbst 2010 in Berlin thematisierten, wurde Bundesverkehrsminister Ramsauer mit den Worten zitiert: „Das Problem ist erkannt.“ Er ist der elfte deutsche Verkehrsminister, der das Projekt auf der Agenda hat, seit es 1985 in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen wurde. Nun verspricht die Eröffnung des Tunnels durch den Katzenberg weitere Signalwirkung in Richtung Schweiz.
Tunnel besteht aus zwei eingleisigen Röhren, die alle 500 m durch Querstollen verbunden sind
Dem heutigen Standard entsprechend besteht der Tunnel aus zwei eingleisigen Röhren, die alle 500 m durch Querstollen verbunden sind. Nur die Bereiche an beiden Portalen wurden in offener Bauweise hergestellt und anschließend überdeckt, die beiden Hauptröhren jedoch bergmännisch mit Herrenknecht-Tunnelbohrmaschinen aufgefahren.
Die Gleise sind auf einer festen Betonfahrbahn des Systems Bögl gegründet. Neu dabei: Das Sicherheitskonzept verlangte erstmals für eingleisige Tunnel, dass im Notfall auch luftbereifte Fahrzeuge einfahren können. Dafür mussten zunächst geeignete Befahrbarkeitsplatten entwickelt werden, um einen mit den Schienen etwa niveaugleichen Rettungsweg zu schaffen. Beiderseits der Schienen wurden, auch für Instandhaltungsarbeiten abnehmbare Betonfertigteile montiert, der Gleisbereich dazwischen und die Randbereiche sind in Ortbeton hergestellt. „Damit ist der zweiröhrige Katzenbergtunnel einer der modernsten und zugleich sichersten Eisenbahntunnel in Europa“, so das Bauunternehmen Max Bögl.
Die „Feste Fahrbahn Bögl“ gilt als Wunderwerk an Präzision, erläutert Bauleiter Carsten Hampe: „Die rund 8 t schweren Fahrbahnplatten werden industriell und damit in hoher Qualität vorgefertigt. Jede der zunächst gleichen Rohplatten erhält im Werk die exakte Streckengeometrie am Schienenstützpunkt eingeschliffen. Die benachbarten Platten werden mit Spannschlössern und vorgegebenem Drehmoment gekuppelt. Schließlich werden die Fugen mit hochwertigem Beton verfüllt, womit die „endlose“ Fahrbahn entsteht.“
Fertigstellung der Strecke Karlsruhe – Basel kann noch lange auf sich warten lassen
Alle technischen Glanzlichter können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Fertigstellung der Strecke Karlsruhe – Basel noch lange auf sich warten lassen wird. Zu den Finanzierungsproblemen sind verstärkte Widerstände der Bevölkerung hinzugekommen. Die kaum noch abweisbaren Forderungen, die Eisenbahn auch an anderer Stelle unter die Erde zu verlegen, bedeuten Verzögerungen durch die nötige Anpassung der Planung, aber auch signifikante Kostensteigerungen.
Als Ende August 2012 endlich die Finanzierung des rund 16 km langen nördlichen Abschnitts Karlsruhe – Rastatt für insgesamt 693 Mio. € zwischen Bund und Bahn vereinbart werden konnte, gehörte dazu auch die Untertunnelung von Rastatt. In Offenburg kann die Strecke ebenfalls nur unterirdisch geführt werden. Allein hier ist von Kostensteigerungen um 700 Mio. € die Rede.
So erklärte der Bundesverkehrsminister im September auf einem Kongress in Basel, er könne nicht zusichern, dass das Projekt bis 2020 abgeschlossen sein wird. Und Bahn-Chef Rüdiger Grube erwartet, dass die Arbeiten spätestens 2022 zu Ende sein werden. Für einen durchgehend leistungsfähigen Korridor Rotterdam – Genua ist also auch mit dem Mosaikstein Katzenberg noch kein Licht am Ende des Tunnels erkennbar.
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