Bauboom und Grundwasserentnahme zeigen Folgen: Chinas Großstädte versinken im Boden
Durch den enormen Bauboom der letzten Jahre und die übermäßige Entnahme von Grundwasser hat China ein riesiges Problem: Seine Großstädte versinken im Boden.
China hat in den letzten Jahrzehnten einen beispiellosen Bauboom erlebt. Gleichzeitig stieg der Bedarf an Grundwasser. Das hat nun Folgen: Chinas Großstädte – gerade auch Shanghai und Peking – sinken immer weiter ab. Vor allem für die dicht besiedelten Küstengebiete könnte dies katastrophale Folgen haben. Durch geeignete Gegenmaßnahmen könnte die Katastrophe jedoch verhindert werden, das Beispiel Tokio macht hier Mut.
Sinkende Städte sind ein grundsätzliches Problem
In Venedig ist das Absinken der Stadt ein bekanntes Problem, aber auch andere Städte wie Jakarta, Bangkok und New Orleans sind davon betroffen. Diese Küstenmetropolen sind doppelt bedroht: Während der Meeresspiegel steigt, sinkt gleichzeitig der Boden. Das führt zu immer dramatischeren Überschwemmungen, wenn nicht gegengesteuert wird.
Wenn der Boden absinkt, können Häuser, Straßen, Schienen und Pipelines beschädigt werden. In manchen Gebieten besteht sogar die Gefahr, dass das Grundwasser oder die Kanalisation absinken und ständig abgepumpt werden müssen. Die Kosten solcher Schäden sind enorm. Allein in China werden sie auf 1,5 Milliarden Dollar pro Jahr geschätzt.
Die Gründe für die Absenkung sind vielfältig. Dazu gehören die massive Entnahme von Grundwasser, Setzungen durch schwere Bebauung und die Entwässerung feuchter Böden. Auch der Abbau von Rohstoffen, wie der Steinkohlebergbau in Dortmund und anderen Ruhrgebietsstädten, trägt dazu bei. Ein chinesisches Forschungsteam hat sich die Situation bei Chinas Großstädten nun einmal etwas genauer angeschaut.
Peking und Shanghai gehen langsam unter
Der Boden unter vielen chinesischen Städten sinkt immer weiter ab. Dadurch steigt die Gefahr von Überschwemmungen in den großen Küstenstädten. Fast die Hälfte der städtischen Gebiete Chinas – rund 45 Prozent – sinkt jährlich um mehr als drei Millimeter, berichtet ein Forscherteam im Fachmagazin „Science“. Bei 16 Prozent der Gebiete beträgt der jährliche Rückgang sogar mehr als zehn Millimeter. Besonders betroffen ist die Megacity Peking.
Auch in Shanghai sind Gebiete bekannt, die sich im vergangenen Jahrhundert um bis zu drei Meter abgesenkt haben. Zurui Ao und sein Team von der South China Normal University in Foshan haben Satellitenmessungen von 82 chinesischen Großstädten ausgewertet. In diesen Städten leben 74 Prozent der städtischen Bevölkerung des Landes.
Die Messungen, die zwischen 2015 und 2022 durchgeführt wurden, zeigen, dass etwa ein Drittel (29 Prozent) der Bevölkerung dieser Städte auf Böden lebt, die sich jährlich um mehr als drei Millimeter absenken. Für das Jahr 2020 gehen die Forscherinnen und Forscher von insgesamt 920 Millionen Menschen in den urbanen Gebieten Chinas aus. Davon sind rund 270 Millionen Menschen von Bodensenkungen betroffen.
Massive Grundwasserentnahme ein riesiges Problem
In vielen Metropolen der Welt führt die massive Entnahme von Grundwasser zu Bodensenkungen. Wird das Wasser zwischen den Sedimentpartikeln durch Luft ersetzt, verdichten sich die Partikel stärker und der Boden sackt ab.
Besonders auffällig ist dieses Phänomen in Jakarta. In einigen Stadtteilen sinkt der Boden um zehn Zentimeter pro Jahr, in anderen sogar um bis zu 25 Zentimeter. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen. Auf der Suche nach sauberem Wasser werden viele illegale Brunnen gebohrt, die die Stadt weiter absenken. Die Folgen sind gravierend: Salzwasser dringt in küstennahen Gebieten ins Grundwasser ein, Leitungen brechen und schätzungsweise 40 Prozent des Trinkwassers gehen verloren. Viele Stadtteile liegen unter dem Meeresspiegel und müssen ständig trocken gepumpt werden.
Jakarta ist die am schnellsten absinkende Megacity der Welt. Aber auch andere Städte wie Manila, Bangkok oder Ho-Chi-Minh-Stadt kämpfen mit ähnlichen Problemen. Bei den chinesischen Städten wird das Problem durch den Bauboom der vergangenen Jahrzehnte verstärkt. Die in Massen gebauten Wolkenkratzer drücken mit ihrer Masse zusätzlich nach unten und sorgen dafür, dass die Städte noch schneller sinken.
Schutz ist möglich
Das Absinken des Grundwassers ist vermeidbar. Nachdem Tokio rund vier Meter an Höhe verloren hatte, stoppte die Stadt in den 1960er Jahren die Grundwasserentnahme. Seit über 40 Jahren ist der Grundwasserspiegel stabil. Forscher wie das Team des niederländischen Deltares-Projekts plädieren für einen integrierten Ansatz zur Lösung des Problems. Durch genaue Messungen und Modellierungen lässt sich feststellen, wo die Absenkung am stärksten ist und wie sie sich in Zukunft entwickeln könnte.
Gegenmaßnahmen sind erforderlich, meist in Form eines Verbots der Wasserentnahme. Außerdem müssen Alternativen entwickelt werden, um die Wasserversorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Außerdem sind Bauwerke wie Dämme und Pumpen in ausreichender Größe erforderlich, um einen langfristigen Schutz zu gewährleisten. Untätigkeit führt zu weiteren Bodenabsenkungen. Ein chinesisches Forscherteam kommt in seiner Studie zu einem ähnlichen Schluss: „Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit, die Schutzmaßnahmen zu verstärken und die Grundwasserentnahme streng zu kontrollieren“. (Mit Material der dpa)
Ein Beitrag von: