Bauschutt lässt sich wiederverwenden
Um Beton, Mauersteine oder Putz herzustellen, benötigt man große Mengen Kies, Gesteine und Bausand. Wissenschaftler haben eine Methode entwickelt, mineralische Baustoffe aus Abbruchmaterialien herauszufiltern – zur Wiederverwendung.
Die Fraunhofer-Institute für Bauphysik (IBP), für Materialfluss und Logistik (IML), für Optronik, Systemtechnik und Bildauswertung (IOSB) und für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (Umsicht) kooperierten beim Projekt „BauCycle“, das drei Jahre laufen soll. Sie beschäftigten sich gemeinsam mit der Verwertung von mineralischen Baustoffen aus Bauschutt. Der Hintergrund: Wir erleben weltweit einen Bauboom. Dafür sind Rohstoffe wie Sand und Kies notwendig. Ähnlich wie andere Rohstoffe, beispielsweise seltene Metalle oder Erdöl, sind sie endlich und werden bereits heute in einigen Ländern knapp.
Primärrohstoffe einsparen durch recyceltes Material
Das Konsortium verfolgte das Ziel, eine ganzheitliche Recyclingstrategie für ein nachhaltigeres Bauen zu erforschen. Die Gruppe testete neue Methoden, mit denen sie Bauschutt sortierte, und entwickelte ein Produkt aus dem recycelten Material, mit dem sie Primärrohstoffe einsparen wolle. Für ihr Projekt wurden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach Abschluss ihres Projektes von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB e.V.) in der Kategorie „Forschung“ mit dem ersten Preis ausgezeichnet.
Jedes Jahr werden zahlreiche Gebäude abgerissen. Dabei entstehen etwa 54 Millionen Tonnen Bauschutt. Bereitet man diesen auf, zum Beispiel mithilfe mechanischer Methoden, entstehen rund fünf Millionen Tonnen sogenannte Feinfraktionen. Das sind Schuttteile, die kleiner sind als zwei Millimeter. Diese Reste setzen sich aus ganz unterschiedlichen Bestandteilen zusammen. Aus diesem Grund werden sie bis heute entsorgt – ohne Ausnahme. Auf der anderen Seite steht die Nachfrage nach Baurohstoffen, denn Ressourcen in den deutschen Steinbrüchen neigen sich dem Ende, neue Abbauflächen sind knapp. Neue effiziente und kostengünstige Materialien könnten einen Lösungsweg aufzeigen.
Neue Produkte und Vermarktungsplattform entwickeln
Zu Beginn konzentrierte sich das Projektteam darauf, den Bauschutt zu sortieren. Dafür konzipierte es ein Verfahren zur optischen Sortierung, mit dem die Hauptbestandteile Beton, Ziegel, Kalksandstein und Gips zielgerichtet und sauber voneinander getrennt werden können. Als Sortierparameter stellte sich die mineralische Zusammensetzung des Bauschutts heraus. Das funktionierte mithilfe einer Hyperspektralkamera, die den Bauschutt spektroskopisch nach chemischen Kriterien analysierte. Ein anderer Teil der Forschergruppe erarbeitete Rezepturen, mit denen Rohstoffe wie Sand zu etwa einem Drittel durch recyceltes feinkörniges Material aus dem Schutt ersetzt werden können. Dem Team gelang es, zementfreie Baustoffe aus den „Baustellenabfällen“ herzustellen. Auch speziellen Akustikputz für Innenanwendungen produzierten die Forscher, dessen akustische Qualität vergleichbar ist mit den am Markt erhältlichen Produkten. Er besteht mehr als zur Hälfte aus dem Rohstoff, der im Recyclingprozess gewonnen wurde. Alle Produkte, welche die Forscher im Rahmen des Projekts „BauCycle“ entwickelten, mussten sich einer Nachhaltigkeitsbewertung unterziehen.
Neben den Recyclingmöglichkeiten beschäftigte sich die Forschergruppe außerdem mit einer Marktplattform, über die wiederverwendbare Materialien gehandelt werden können. Dabei ging es ihnen besonders darum, die Ausgangs- und Endpunkte von Primär- und Sekundärrohstoffen intelligent miteinander zu vernetzen. Das Modell dafür entstand im letzten Schritt des Projektes.
Forschungsprojekt bietet Basis für weitere Vorhaben
Die Ergebnisse der Projektgruppe „BauCycle“ sollen nun als Basis für weitere Forschungen dienen. Konkret wollen sie an der Funktionalisierung von zementfreien Baustoffen sowie an der Erhöhung des sogenannten Rezyklat-Anteils bei der Herstellung von Porenbeton und an innovativen Bauprodukten weiterarbeiten. Rezyklat beschreibt das Produkt, das im Rahmen des Recyclingprozesse herauskommt. Auch zementfreie und korrosionsbeständige Bauprodukte stehen künftig im Fokus der Forscher.
Hinzu kommen weitere mögliche Verwertungswege für Bauschutt-Feinfraktionen sowie die weitere Optimierung der sensorbasierten Sortiersysteme. Diese könnten auch abseits des Bauschutts sinnvolle Inspektionsaufgaben übernehmen. Deshalb richten die Forscher ihre Aufmerksamkeit auf die Untersuchung, Nutzung und Fusion problemspezifischer Spektralbereiche sowie die Anwendung von sogenannten „Hyperspectral Imaging“ für eine materialerkennende Bildverarbeitung. Die Marktplattform wollen die Forscher auch Kunden anbieten, die mit vorwärts- und rückwärtsgerichteten Wertschöpfungsketten arbeiten und dadurch die Chance bekommen, die Logistik effizienter zu gestalten und eine echte Kreislaufwirtschaft aufzubauen.
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