Bausparen nicht nur für den Häuslebau
Auch „Spießer“ können „cool“ sein. Das hat die LBS mit ihrem „Spießer“-Werbespot bewiesen. Darin erzählt das kleine Mädchen ihrem Vater, der als Aussteiger in einer Bauwagen-Kolonie lebt
Auch „Spießer“ können „cool“ sein. Das hat die LBS mit ihrem „Spießer“-Werbespot bewiesen. Darin erzählt das kleine Mädchen ihrem Vater, der als Aussteiger in einer Bauwagen-Kolonie lebt, von Klassenkameraden, die schon ein eigenes Zimmer oder eine eigene Dach-Wohnung haben. „Alles Spießer“, meint der Vater verächtlich. Daraufhin sagt das Mädchen trotzig: „Wenn ich groß bin, will ich auch Spießer werden.“
Der Spot sorgte für viele Lacher – und half der Bausparbranche, ihr angestaubtes Image aufzupolieren. Nun soll die „coole“ Marketingoffensive fortgesetzt werden. Im neuesten LBS-Spot geben Harley-Davidson-Fahrer Gas und verkünden die Botschaft „Born to be Bausparer“. Bei den Jungen scheint die Zeitgeist-Werbung anzukommen. Von den neuen Kunden im vergangenen Jahr seien mehr als ein Drittel aus der Altersgruppe der bis 25-Jährigen gekommen, berichtet Wolfgang Ludwig von der LBS Hessen-Thüringen.
Mit speziellen Paketen zum Beispiel für Azubis umgarnen LBS, Debeka und BHW junge Berufseinsteiger. Die Debeka bietet jungen Menschen bis 27 Jahren einen Ausbildungsbonus. Er decke, so das Unternehmen, in etwa die Abschlussgebühr eines Bausparvertrags. „Junge Sparer suchen vor allem Beständigkeit und Einfachheit bei der Geldanlage“, meint Rüdiger Grimmer von der BHW. Denn das Prinzip des Bausparens ist simpel: Man spart fünf Jahre bis acht Jahre und erhält dann einen Kredit für die eigenen vier Wände, der innerhalb von bis zu zehn Jahren wieder getilgt werden muss. Der entscheidende Vorteil: Schon beim Abschluss des Bausparvertrags wird der Darlehenszins festgelegt – egal wie sich später die Zinsen entwickeln.
Diese Zinssicherheit bescherte vor allem in den Jahren hoher Zinsen den Bausparkassen viel Neukundschaft. Als die Zinsen wieder fielen, sorgte das Ende der Eigenheimzulage für eine neue Sonderkonjunktur. Seither sank die Zahl der abgeschlossenen Bausparverträge. Laut dem Statistischen Bundesamt verzeichnete die Branche 2006 nur noch 3,5 Mio. neue Verträge. Dagegen stiegen die Bausparsummen. 2006 erreichten sie mit 27 000 € einen neuen Durchschnitts-Rekord.
„Bauspareinlagen und Bauspardarlehen entwickeln sich im Bestand auseinander“, erklärt Werner Spies von der Geschäftsleitung der LBS Hessen-Thüringen. Auf die schwierige Situation haben die Kassen mit einer Niedrigzins-Offensive reagiert. LBS, Schwäbisch Hall, Wüstenrot, BHW und Allianz Dresdner Bauspar locken inzwischen mit Darlehenszinsen von nominal unter 2 %.
Schwäbisch Hall bietet seit letztem Jahr den Tarif „Fuchs-Spezial“ mit einem Darlehenszins von 1,95 %. Verträge mit dem neuen Tarif „machen einen Großteil des Neugeschäfts aus“, erklärt ein Sprecher der führenden privaten Bausparkasse. Vorher lagen die Darlehenszinsen mit 4 % bis 5 % deutlich über den allgemeinen Zinsen. „Die Bausparbranche musste handeln“, erinnert sich Max Herbst von der FMH-Finanzberatung.
Fachleute sehen die Niedrigzins-Tarife jedoch skeptisch. Bevor das Darlehen zugeteilt wird, müsse oft erst einmal die Hälfte der Vertragssumme eingezahlt haben. Und selbst das reiche noch nicht. „Wer 50 % bei der Schwäbisch Hall eingezahlt hat, muss 44 Monate warten“, bis das Baugeld fließe, hat Herbst ausgerechnet. Deshalb beschränken sich die Bausparkassen nicht nur auf Niedrig-Zins-Tarife. Um sich von den Wettbewerbern abzuheben, bieten sie verstärkt Verbundkonzepte an.
So lockt die Postbank-Tochter BHW Sparer mit einem kostenlosen Girokonto oder einem Riester-Vertrag in Verbindung mit einem Bausparvertrag. „Die Verbundprodukte sind sehr gefragt“, weiß BHW-Sprecher Grimmert.
Längst buhlen BHW, LBS, Schwäbisch Hall & Co nicht mehr nur um die Häuslebauer. Die Finanzierung von Haus- und Wohnungsrenovierungen gewinnt immer mehr an Bedeutung. „Von 40 Mio. Wohneinheiten in Deutschland sind 34 Mio. älter als 20 Jahre“, weiß Dirk van Issem, Sprecher der Allianz Dresdner Bauspar. „Da besteht massiver Renovierungsbedarf.“
Bei der LBS spricht man von einem „Sanierungsstau“. Schon jetzt entfielen rund 50 % des Neugeschäfts auf Bausparverträge für die Modernisierung und energetische Sanierung von Häusern und Wohnungen, heißt es bei der BHW und der Schwäbisch Hall. Um hier weiter zu punkten, hat die BHW in dieser Woche ein neues Öko-Darlehen mit der KfW gestartet. Die Sparer können die niedrigen KfW-Zinsen für die ökologische Modernisierung ihrer eigenen vier Wände nutzen. Die Allianz Dresdner Bauspar lockt mit dem Sofort-Finanzierungsprodukt „Renova“. Es ist für Modernisierungen von bis zu 50 000 € vorgesehen.
NOTKER BLECHNER
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