Interview 02.08.2024, 08:28 Uhr

Baustelle vor Diebstählen schützen – das sagt der Experte

Nicht nur die schwache Konjunktur macht der Bauwirtschaft zu schaffen. 80 Millionen Euro Schaden entstehen jährlich durch Baustellenkriminalität. Wir sprechen mit einem Experten darüber, wie Baustellen besser vor Diebstahl geschützt werden können.

Industriebaustelle

Die Bauindustrie klagt über wachsende Baustellenkriminalität, wie lässt sich diese besser vor dem Klau von Kupferkabeln oder schwerem Gerät schützen?

Foto: PantherMedia / levkro

Wie lassen sich Baustellen vor Diebstahl schützen? Welchen Schaden verursacht Baustellenkriminalität? Darüber sprechen wir mit Klaus Maskort, Geschäftsführer von BauWatch. Das Ratinger Unternehmen hat sich auf die Überwachung von Baustellen, aber auch von Lagerplätzen, Industrieanlagen oder Hafenarealen spezialisiert. Mit Kameras, Echtzeit-Kontrolle und Polizei-Alarm verhindert BauWatch den Klau von Kupfer, Kabeln und schwerem Gerät. Jährlich veröffentlicht das Unternehmen zudem seinen Crime Report. Dieser gibt einen Überblick über die Entwicklung der Baukriminalität in den letzten 12 Monaten.

Ausmaß und Art der Baustellenkriminalität

Ingenieur.de: Können Sie uns einen Überblick über das Ausmaß der Baustellenkriminalität geben?

Klaus Maskort: Die Baustellenkriminalität in Deutschland ist ein ernsthaftes Problem, das jährlich Schäden von rund 80 Millionen Euro verursacht. Es gibt eine hohe Dunkelziffer nicht gemeldeter Diebstähle. Unsere Umfrage „Baustellen im Visier“ mit 500 Baustellenverantwortlichen zeigt, dass 64 Prozent der Befragten im letzten Jahr eine Zunahme der Baustellenkriminalität beobachtet haben und 80 Prozent mindestens einen Diebstahl pro Jahr verzeichnen. Besonders alarmierend ist die Professionalisierung der Täter, die zunehmend Drohnen und soziale Medien zur Auskundschaftung und für optimal geplante Diebstähle nutzen. Dies führt nicht nur zu erheblichen finanziellen Verlusten, sondern auch zu Bauverzögerungen und Rufschädigungen für die betroffenen Unternehmen.

Welche Arten von Kriminalität kommen auf Baustellen am häufigsten vor?

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Neben Diebstahl und Vandalismus, die auf Baustellen weit verbreitet sind, beobachten wir zunehmend eine Technologisierung der Kriminalität. Organisierte Verbrechen machen 30 Prozent der Vorfälle aus, während Gelegenheitsdiebstähle 28 Prozent und Insiderdelikte 21 Prozent der Fälle ausmachen. Besonders besorgniserregend ist die Professionalisierung der Täter: Sie setzen vermehrt Drohnen zur Auskundschaftung ein und nutzen soziale Medien zur strategischen Planung ihrer Diebstähle. Hier braucht es fortschrittliche Überwachungstechnologien. Der Einsatz mobiler Videotürme und KI-gestützter Bildanalytik hat die Genauigkeit der Detektion signifikant verbessert, was zu einer wirksameren Prävention und Reaktion auf kriminelle Aktivitäten führt.

Was wird gestohlen, wo wird gestohlen?

Was wird besonders gerne von Baustellen gestohlen?

Am häufigsten werden Kabel (47 Prozent) und Kupfer (46 Prozent) gestohlen, gefolgt von kleinen Werkzeugen (41 Prozent) und Elektrowerkzeugen sowie Handmaschinen (38 Prozent). Im Jahr 2023 gab es 450 Kupferdiebstähle bei Eisenbahnen, die zu Schäden von 7 Millionen Euro und 3.200 Ausfällen oder Verspätungen im deutschen Schienennetz führten. Überraschenderweise machen teure Maschinen nur 8 Prozent der gestohlenen Güter aus, da Diebe oft weniger offensichtliche, aber wertvolle Materialien bevorzugen.

Gibt es bestimmte Regionen oder Arten von Baustellen, die besonders anfällig von Kriminalität sind?

Baustellen im Bereich der Eisenbahn- und Telekommunikationsanlagen sind besonders gefährdet. In Baden-Württemberg und Bayern ist der Anteil der videoüberwachten Baustellen vergleichsweise gering. Gleichzeitig sehen wir eine steigende Nachfrage nach effektiven Sicherheitslösungen und Videoüberwachung. Sicherheitsunternehmen verzeichnen hier ein starkes Wachstum, wobei lokale als auch ausländische Anbieter zunehmend in den Markt drängen. Zudem richten sich zukünftige Sicherheitsmaßnahmen verstärkt auf Bauprojekte im Bereich erneuerbarer Energien und kritischer Infrastruktur, die ebenfalls einem hohen Risiko ausgesetzt sind.

Klaus Maskort

Klaus Maskort, Geschäftsführer von BauWatch.

Foto: BauWatch

Auswirkungen der Baustellenkriminalität

Welche finanziellen Schäden entstehen durch Baustellenkriminalität jährlich?

Die finanziellen Schäden durch Baustellenkriminalität belaufen sich jährlich auf etwa 80 Millionen Euro. In 53 Prozent der Fälle liegen die Kosten für gestohlene Gegenstände zwischen 585 und 4.650 Euro. Nur in 6 Prozent der Fälle übersteigen die Kosten 11.500 Euro pro Vorfall. 2023 erfasste das Bundeskriminalamt rund 26.000 Diebstähle auf Baustellen, mit einem Gesamtschaden von etwa 90 Millionen Euro, verglichen mit 65 Millionen Euro im Jahr 2021.

Neben den finanziellen Schäden, welche weiteren Auswirkungen hat Baustellenkriminalität auf die Bauprojekte, die betroffenen Unternehmen und deren Arbeitsabläufe und Zeitpläne?

Mangelnde Sicherheit beeinträchtigt die Arbeitsmoral der Mitarbeiter erheblich. Bauverzögerungen, Produktivitätseinbußen und finanzielle Verluste sind häufige Folgen. Projekte geraten durch Kriminalität oft in Verzug, was zu erheblichen Kostensteigerungen und negativen Auswirkungen auf den Ruf und die Geschäftsbeziehungen des Unternehmens führt.

Lösungen zum Schutz der Baustelle

Welche traditionellen und modernen technischen Lösungen werden heute eingesetzt, um Baustellen zu schützen, und welche präventiven Maßnahmen minimieren das Risiko von Kriminalität?

Traditionelle Sicherheitsmaßnahmen umfassen Kamera-Türme, temporäre Zäune, Warnhinweise, Sicherheitskameras und gute Ausleuchtung. Diese Methoden bilden die Basis für den Schutz von Baustellen. Moderne technische Lösungen haben sich weiterentwickelt und integrieren ein mehrstufiges Abschreckungs- und Sicherheitskonzept. Kamera-Türme gewährleisten rund um die Uhr Überwachung, während temporäre Zäune und Sicherheitskameras als physische und visuelle Abschreckung dienen. Effiziente Ausleuchtung eliminiert dunkle Ecken und verbessert die Aufnahmen der Sicherheitskameras, was die Identifizierung von Tätern erleichtert.

Wesentlich ist auch die Schulung des Personals: Regelmäßige Schulungen und klare Kommunikationsstrategien sorgen dafür, dass Sicherheitsprotokolle verstanden und umgesetzt werden. Investitionen in leistungsstarke Sicherheitssysteme sind unerlässlich, um Material und Mitarbeiter zu schützen. Unternehmen sollten die Bedrohungslage individuell bewerten und flexibel anpassen, etwa durch ein Ampelsystem, das auf potenzielle Gefahren hinweist, besonders an Feiertagen oder während längerer Abwesenheiten.

Unser Bericht zeigt, dass das Gefühl mangelnder Sicherheit einen erheblichen Einfluss auf die Arbeitsmoral und das Wohlbefinden der Mitarbeiter hat. Die persönliche Sicherheit und der Schutz des Eigentums auf Baustellen sind entscheidend für Effizienz und Produktivität. Diese Maßnahmen tragen erheblich dazu bei, das Risiko von Kriminalität auf Baustellen zu minimieren und die Sicherheit zu gewährleisten.

Welche neuen Technologien oder Ansätze sehen Sie am Horizont, die die Sicherheit von Baustellen in Zukunft verbessern könnten?

Zukünftige Technologien und Ansätze zur Verbesserung der Baustellensicherheit umfassen innovative Überwachungssysteme und flexible Sicherheitsmaßnahmen, die auf die spezifischen Bedürfnisse jeder Baustelle abgestimmt sind. Ein Ampelsystem könnte beispielsweise die aktuelle Bedrohungslage anzeigen und frühzeitig auf potenzielle Gefahren hinweisen.

Wir bedanken uns für das Gespräch!

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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