BER-Skandal: Auch 15 Ingenieure sind vom Dienst suspendiert
Nach dem Technikchef des Berliner Hauptstadtflughafens (BER), Jochen Großmann, sind nun auch 15 Ingenieure vom Dienst suspendiert. Sie arbeiteten für Großmanns Ingenieurbüro auf der BER-Baustelle und hatten die Aufgabe, die Entrauchungsanlage den Hauptterminals in Schuss zu bringen. Unterdessen kommt am heutigen Dienst erstmals die Taskforce zusammen, die den Korruptionsskandal um Großmann aufklären soll.
Die erst am Montag vom BER-Aufsichtsrat einberufene Ermittlergruppe soll so schnell wie möglich klären, wie groß der Korruptionsskandal des Berliner Flughafens ist. Dem bisherigen neuen Technikchef Jochen Großmann, der das Ingenieurbüro Gicon – Großmann Ingenieur Consult in Dresden unterhält, wird vorgeworfen, Unternehmen bei Ausschreibungen gegen die Zahlung von einer halben Million Euro bevorzugt zu haben.
rbb: Großmann ist für Bauverzögerungen verantwortlich
Nach einem Bericht des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb) soll Großmann sogar für Bauverzögerungen verantwortlich sein. So soll er bereits vorhandene Planungen ein zweites Mal ausgeschrieben haben, um ein neues Ingenieurbüro in das Projekt einzuführen. Eine entsprechende Anzeige ging nach rbb-Informationen bei der Cottbuser Staatsanwaltschaft ein. In dem Schreiben, das dem rbb vorliegt, werden drei Ausschreibungen konkret benannt, bei denen es um Ingenieurplanungen für die Entrauchungsanlage geht.
Die Anzeige liegt bereits seit März in Cottbus vor, wie die Staatsanwaltschaft dem rbb bestätigte. Man habe zunächst die Zuständigkeit geprüft und die Unterlagen inzwischen an die Brandenburgische Schwerpunktabteilung für Korruption nach Neuruppin weiter geleitet. Dort liegen die detaillierten Unterlagen aber erst seit kurzem vor.
Taskforce soll bis Ende Juni ersten Zwischenbericht vorlegen
Die Ermittler sollen bis zur nächsten Sitzung des Aufsichtsrats am 30. Juni einen Zwischenbericht vorlegen. Schon am heutigen Dienstag kommt die Taskforce erstmals zusammen. Sie soll alle fünf Auftragsvergaben Großmanns unter die Lupe nehmen. In der Ermittlungsgruppe arbeiten Mitarbeiter des Flughafens und externe Experten zusammen.
Die Ermittlungen leitet der Ingenieur Peter Oettel, Experte für die Vergabe öffentlicher Aufträge. Oettel hatte schon seit 2005 als Mitglied von Transparency International die Einhaltung eines „Integritätspaktes“ für den Berliner Flughafen überwacht. Seitdem müssen Unternehmen eine Zusatzvereinbarung unterzeichnen, die sie zu Schadensersatz verpflichtet für den Fall der Korruption. Im Gremium vertreten sind zudem das Berliner Anwaltsbüro CMS Hasche Sigle, das auf Bestechlichkeit spezialisiert ist, und Juristen des Flughafens .
Minister Dobrindt fordert externes Controlling für den BER
„Alles kommt auf den Prüfstand. Beim leisesten Verdacht werden wir wieder die Staatsanwaltschaft auf den Plan rufen“, sagte BER-Chef Hartmut Mehdorn am Montag nach der Sondersitzung des Aufsichtsrates. Die Bundesregierung scheint allerdings wenig Vertrauen in die Maßnahme Mehdorns zu haben. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) fordert ein externes Controlling. Unabhängige Experten sollen über Baufortschritt, Kosten und Termine zukünftig direkt an die Eigentümer berichten – sprich an den Bund sowie die Länder Berlin und Brandenburg. Angesichts immer neuer Probleme denke man zwar, es gehe nicht mehr schlimmer. „Aber es geht immer noch schlimmer“, zitiert die Tageszeitung Die Welt einen Ministeriumssprecher.
Mehdorn hat Eröffnungstermin angeblich in der Tasche
Ein Sonnenstrahl zwischen den dunklen Wolken ist der angeblich feststehende Eröffnungstermin des Berliner Hauptstadtflughafens. „Es gibt einen sehr präzisen Zeitplan, der quasi tagesgenau ist“, erklärt Mehdorn in einem Bericht der Welt. „Ist allerdings ein interner.“ Mehr ließ sich der 71-Jährige auf der Pressekonferenz nicht aus der Nase ziehen. Die Konferenz fand direkt im Anschluss an eine Krisensitzung statt, bei der der Aufsichtsrat die Einführung der Taskforce beschlossen hat.
Die Suspendierung Großmanns und seiner 15 Ingenieure könnte allerdings den Zeitplan kräftig durcheinander wirbeln und die Eröffnung des Flughafens erneut verzögern. „Wir überprüfen derzeit mögliche Auswirkungen des Korruptionsverdachtsfalls auf den BER-Zeitplan“, räumt Mehdorn ein. „Die Suche nach einem Nachfolger für den unter Verdacht stehenden Mitarbeiter ist angelaufen.“
Noch im April sammelte Großmann 5,25 Millionen Euro öffentliche Mittel ein
Großmann selbst, der seit dem 28. Mai seinen Job los ist, scheint allerdings die Ruhe weg zu haben. Auf seiner Firmenhomepage findet sich kein Wort zum Skandal. Stattdessen meldet Großmann, dass er Fördermittel in Höhe von 5,25 Millionen Euro vom Land Mecklenburg-Vorpommern für ein schwimmendes Offshore-Fundament erhalten hat. Dieses Fundament soll Offshore-Windanlagen tragen und schwimmt im offenen Meer. Am 1. Juli 2014 beginnt der Bau einer Pilotanlage auf der Volkswerft Stralsund. Und die letzte Pressemeldung vom 22. Mai jubelt: „32 GICON-Mitarbeiter nehmen erfolgreich am Firmenlauf teil.“
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