Brandschutz von Brücken
Ein Feuer unterhalb einer Betonbrücke der linksrheinischen A 57, Düsseldorf-Köln bei Dormagen, wirft neue Fragen auf und Brandabwehr unter Straßenbrücken gilt jetzt als ein neues Aufgabengebiet für Straßenbauverwaltungen. Eine Bestandsaufnahme.
Als die Nachricht schockierte, dass in der Nacht zum 14. Februar 2012 auf der viel befahrenden A 57 ein Feuer unter einer nahe Dormagen gelegenen Autobahnbrücke zu Personen- und Sachschäden geführt hat, erinnerten sich viele an den 26. August 2004, als bei Gummersbach auf der Autobahn A 4 zwischen Köln und Olpe ein mit 32 000 l Kraftstoff beladener Tanklastwagen die Wiehltalbrücke hinabgestürzt war und nach dem Aufschlag in Brand geriet.
Während durch den Absturz von der A-4-Brücke der Fahrer des abgestürzten Lkw ums Leben kam, starb auf der A 57 ein zufällig vorbeikommender Verkehrsteilnehmer, 13 andere wurden verletzt, acht davon schwer. Ursache war eine Massenkarambolage auf der A 57, verursacht durch die Rauchentwicklung oberhalb der Brücke, die den Fahrern jegliche Sicht nahm. Unbekannte hatten unter der Brücke lagernde Kunststoffrohre in Brand gesetzt.
„Beton brennt nicht“, so ein Slogan des Bundesverbandes der Deutschen Zementindustrie. Doch Flammen können – wie jetzt der Brandfall unter der Brücke bei Dormagen lehrt – auch ein Betontragwerk ruinieren. Außer der verheerenden Rauchentwicklung gab es allerdings kein Übergreifen der Flammen auf das Bauwerk und auch kein plötzliches Versagen der Konstruktion.
Doch wie beim Brandfall unter der Wiehltalbrücke der A 4, die aus Betonstützen und einem Stahltragwerk besteht, büßte auch die Betonbrücke der A 57 wegen der Hitzeeinwirkung ihre Tragfähigkeit ein. Beide Bauten mussten zunächst für den Verkehr gesperrt und später aufwendig repariert oder ersetzt werden.
Bei der Instandsetzung der Wiehltalbrücke ließ die Straßenbauverwaltung ein 600 m² großes Teilstück des aus Stahl gefertigten Tragwerks entfernen und durch ein neues ersetzen. Kosten: 30 Mio. €. Die vollständig in Betonbauweise errichtete Autobahnbrücke bei Dormagen hingegen muss ganz abgerissen und neu errichtet werden. Derzeit geschätzter Gesamtschaden: 7,5 Mio. €.
Unmittelbar nach dem nächtlichen Brand zum 14. Februar bei Dormagen hofften viele, das Bauwerk sei noch zu retten. Doch dann nahmen Stahlbetonfachleute zwei Tage lang die Autobahnbrücke unter die Lupe, suchten unter Einsatz von Hebebühnen die Unterseite des Tragwerks ab und kamen zu dem Ergebnis: „Totalschaden“.
Laut Messungen muss der Brand unter der A-57-Brücke eine Hitze von 1000 °C entfacht haben. Beton platzte ab und legte Teile der Stahlbewehrung frei. Das bedeutet: Die Stahleinlagen verformten sich, verloren die Haftung und büßten ihren Korrosionsschutz ein. Bis zu einer Temperatur von rund 200 °C sinke im Brandfall die Festigkeit eines Betonbauwerks nur unwesentlich, räumen Fachleute für Massivbau ein. Im Falle höherer Temperaturen aber werde es kritisch.
Bereits bei einer Hitzeeinwirkung von 500 °C büßten Betonteile ihre Druck- und Zugfestigkeit schon bis zu 50 % ein, warnen Fachleute. Und besonders hart treffe es in diesem Zusammenhang den Bewehrungsstahl. Schon bei verhältnismäßig geringen Brandtemperaturen beginne der Stahl sich auszudehnen. Durch diese Verformung komme es zum Abplatzen der Betondeckung, wodurch das Eisen dann direkt der Brandeinwirkung ausgesetzt sei.
Brandschutz von Brücken derzeit nicht klar geregelt
Kein Wunder, dass jetzt in Straßenbauverwaltungen über Brandschutz von Brücken nachgedacht wird. Für Gebäude ist dieser klar geregelt. Während man in Versammlungsstätten und Fluchtwegbereichen die Verwendung brennbarer Baustoffe untersagt, gilt es jetzt zu überlegen, entflammbare Materialien auch von Verkehrsbauten fernzuhalten.
Das bedeutet: Die Lagerung von Brennbarem unter Brücken muss vermieden werden. NRW-Verkehrsminister Harry K. Voigtsberger (SPD): „Wir haben veranlasst, alle Brücken, die vom Landesbetrieb Straßenbau NRW betreut werden, dahingehend zu überprüfen, ob sich unter ihnen brennbares Material befindet.“ Falls ja, müsse die Brandlast sofort entfernt werden.
Das 67 m lange, vier Fahrstreifen tragende Betonbauwerk der A 57 bei Dormagen ist 1963 für den Verkehr freigegeben worden. Bis zur Schadensnacht rollten täglich 70 000 Fahrzeuge über diese Brücke, die jetzt über Ausweichstrecken rollen. Ergo muss schnell Ersatz her. Da für die nächsten Jahre aber ohnehin vorgesehen war, die A 57 zwischen Düsseldorf und Köln auf sechs Fahrstreifen nebst zwei Standspuren zu erweitern, werde an der Schadensstelle der Brückenneubau für die verbreiterte Fahrbahn vorgezogen, so Voigtsberger. Der Bund verfüge bereits über die entsprechenden Mittel.
Brand auf Brücke der A 57 bei Dormagen löst Diskussion aus
Schon in wenigen Tagen soll das zerstörte Bauwerk abgerissen werden, so der Landesbetrieb Straßenbau NRW. Danach wolle man die Lücke zunächst mit zwei Behelfsbrücken aus Stahl schließen. Die Teile für das Interimsbauwerk kommen aus einem Brückenlager, das die Straßenbauverwaltung im Auftrag des Bundes für Notfälle bereithält.
„Wir wollen in der Woche nach Ostern den Verkehr auf der A 57 zwischen Düsseldorf und Köln auf je zwei Fahrstreifen in jede Richtung wieder freigeben“, hofft der Landesbetrieb. Die Höchstgeschwindigkeit in dem Abschnitt der jetzt zerstörten Brücke werde auf 60 km/h begrenzt, und für Lkw werde ein Überholverbot gelten.
Noch in diesem Jahr könne dann mit dem Bau der neuen Autobahnbrücke begonnen werden, versichert die Straßenbauverwaltung, wobei sie die Arbeiten europaweit ausschreiben muss. Als Bauzeit für die neue Brücke rechne man – so der dortige Brückenbauexperte Joachim Minten – mit eineinhalb bis zwei Jahren. Die Kosten für den Brückenneubau mit sechs Fahrstreifen und zwei Standspuren beziffert Minten auf rund 5 Mio. €.
Brandschutz spart Kosten, denn neue Brücken sind teuer
Hinzu kommen dann noch die Aufwendungen für Abriss, bauliche Interimslösungen und deren Demontage, einschließlich Rekultivierung des für einen Bypass in Anspruch zu nehmenden Geländes. Die hieraus resultierenden Kosten sind nur schwer abschätzbar. Mit 30 Mio. € gilt der Brand unter der Wiehltalbrücke zwischen Köln und Olpe als der bis dahin teuerste Verkehrsunfall in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.
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