Das Heilbronner Skaio und die Herausforderungen des Holzbaus
Das aktuell höchste Holzhaus Deutschlands wurde in Hybridbauweise in nur 11 Monaten errichtet. Welche Vorteile Holzhäuser haben, wie der Brandschutz geregelt ist und warum Hybride derzeit einfacher umzusetzen sind, lesen Sie hier.
Mit 34 Metern Höhe, 60 Wohneinheiten und einer gemeinschaftlichen Dachterasse ist Skaio als Teil eines neuen grünen Stadtviertels in Heilbronn das höchste Holzhochhaus in Deutschland. Es löst den vorherigen Spitzenreiter H8 der oberbayerischen Stadt Bad Aibling ab, ist aber das Erste seiner Art in Deutschland. Denn es überschreitet sogar die Hochhausnorm, die Gebäude ab einer Höhe von 22 Metern erfasst. Ursprünglich plante das Architektenbüro Kaden + Lager GmbH (Berlin) das Gebäude sogar mit 14 statt den heutigen 10 Stockwerken. Das war aber durch die Vorgaben der Stadt nicht umsetzbar.
Das gesamte Haus gilt als recycelbar. Doch aus dem klimafreundlichen Werkstoff Holz ist Skaio nur teilweise. Der Hybrid besteht aus einer Konstruktion aus etwa 1.500 Kubikmeter heimischem Fichtenholz und Stahlbeton sowie Stahlträgern. Das Holz wurde hauptsächlich in Decken und Wänden verbaut und erreichte bereits in einzelnen fertigen Modulen die Baustelle. Die wurden dann am Betonkern verankert. So entstand in nur einer Woche ein gesamtes Stockwerk. Zwischen Vergangenheit und Moderne bieten Holzhäuser, die zumeist nur 3 bis 4 Etagen hoch sind, nachhaltigen Wohnraum. Doch es gibt strenge Auflagen, um Projekte dieser Art umzusetzen.
Holzhäuser vs. nachhaltige Hybridbauweise
Es ist zwar klimaschonender, Gebäude gänzlich aus Holz zu errichten, aber auch mit strengeren Auflagen und längeren Planungsphasen verbunden. Die Hybridbauweise hingegen ist nicht nur kostengünstig und einfacher umzusetzen, sondern hilft auch dabei, die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Holz gewährleistet nämlich eine hohe Wärmedämmung, was eine hohe Energieeffizienz nach sich zieht. Das Hybridgebäude Skaio, das aus Holz, Stahl und Beton besteht, wird von einer Aluminium-Außenfassade umgeben, die das Holz vor äußeren Einflüssen wie Feuchtigkeit schützt. Zudem dient sie auch dem Brandschutz. Das Treppenhaus besteht aus Stahlbeton. Durch permanenten Überdruck der darin herrscht, können Feuer und Rauch nicht eindringen. Deshalb gilt es als unbrennbar.
Brandschutz in Holzhäusern
Gebäude, die aus Holz bestehen, unterliegen strengen Brandschutzauflagen, die Architekten bei der Planung berücksichtigen müssen. Laut § 14 der Musterbauordnung (MBO), der DIN 4102 zu „Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen“ sowie der europäisch geltenden DIN EN 13501-1 zur „Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten“ müssen verwendete Materialien eine gewisse Feuerwiderstandsfähigkeit aufweisen. Zum einen darf sich das Feuer im Falle eines Brandes möglichst langsam bis gar nicht ausbreiten und zum anderen muss sich das Material wie eine entsprechende mineralische Massivbaustruktur verhalten, um den Flammen mindestens 60 Minuten Stand halten zu können.
Natürlich werden bei Holzhäusern – wie bei anderen Gebäuden auch – Fluchtwege und Feuerwehrzufahrten im Brandfall vorausgesetzt. Lassen sich diese Auflagen durch die Beschaffenheit des Materials nicht erfüllen, müssen Abweichungen und Kompensationsmaßnahmen in einem individuellen Brandschutzkonzept festgehalten und genehmigt werden. Es umfasst neben der Feuerwiderstandsdauer des Bauteils über die Mindestabstandsflächen von Gebäuden bis hin zu selbstschließenden Türen alle Maßnahmen, um im Notfall handeln zu können.
Wegen dieser ganzen Richtlinien, die eingehalten werden müssen, brennen moderne Holzhäuser auch nicht häufiger als andere Gebäude. Ganz im Gegenteil: Durch die Karbonisierung der Oberfläche bildet sich um das Holz eine schützende Schicht und die einzelnen Bauteile sind teilweise in der Lage, den Brand zu verlangsamen.
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Holzbauprojekte in ganz Europa
Durch Bauprojekte wie Skaio gewinnt der Werkstoff Holz wieder an Bedeutung. Nicht nur das derzeit höchste Holzhaus unterstreicht diese These. Andere Wohnhäuser und ganze Siedlungen bestehen aus großen Teilen aus dem nachwachsenden Rohstoff. Die Stadt Hamburg etwa plant ein weiteres Vorzeigeprojekt im Holzbau und zwar mit dem Namen Wildspitze. Das gigantische Bauwerk soll 19 Etagen umfassen und bis auf das Treppenhaus gänzlich aus Holz bestehen. Das Projekt soll rund 100 Millionen Euro kosten und 26.000 Tonnen Kohlenstoffdioxid einsparen.
Ein weiteres sehr populäres Beispiel ist das HoHo. Wir berichteten 2015 über das Holzhochhaus in Wien. Der 84 Meter hohe gigantische Holzhybridbau mit 24 Etagen soll noch dieses Jahr fertiggestellt werden und wird den deutschen Skaio in den Schatten stellen.
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