Deutscher Beton für World Trade Center in New York hält Bomben stand
Ein neuartiger Stahlbeton kann Gebäude wesentlich besser vor Bombenanschlägen schützen als bisher. Mit einer von Forschern ermittelten mathematischen Formel kann jetzt die notwendige Dicke des Betons sehr schnell berechnet werden. Zum Einsatz kommen Baustoff und Formel im One World Trade Center auf dem Ground Zero in New York.
Wem sind sie nicht im Gedächtnis haften geblieben, die Bilder der einstürzenden Zwillingstürmen des World Trade Centers (WTC) am 11. September 2001, allgemein als 9/11 im kollektiven Gedächtnis der Menschheit abgespeichert. An diesem Tag rasten zwei gekaperte Passagierflugzeuge zuerst in den Nord- und dann wenige Minuten später in den Südturm des WTC. In der Folge rasselten die gewaltigen Hochhäuser in sich zusammen, übrig blieb eine gigantische Staubwolke und eine riesige Trümmerwüste.
Neuer Sicherheitsbeton für One World Trade Center
An diesem Ort des Schreckens schraubt sich inzwischen ein neues, das One World Trade Center in New York in schwindelerregende Höhe von 542,30 Metern, dieses neue Hochhaus ist das höchste Gebäude der USA und das vierthöchste der Welt. Das Hochhaus ruht auf einem 20-geschossigen, bombensicheren Fundament, das über 60 Meter tief in die Erde reicht.
Innerhalb des Wolkenkratzers sind an besonders sicherheitskritischen Stellen insgesamt über mehrere tausend Quadratmeter neuartiger Sicherheitsbeton verbaut. Und dieser Sicherheitsbeton wurde entwickelt von der DUCON Europe GmbH & Co KG. mit Sitz im hessischen Mörfelden-Walldorf. Schützenhilfe bekam Geschäftsführer Dr. Stephan Hauser bei der Berechnung des speziellen Sicherheitsbetons vom Freiburger Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik, auch gern Ernst-Mach-Institut (EMI) genannt.
Neuer Beton fliegt nicht auseinander
Der neu entwickelte Beton hat die Eigenschaft, unter solchen drastischen Belastungen wie dem Anschlag vom 11. September 2001 nicht zu brechen. Es ist eine besondere Mischung aus sehr festem Hochleistungsbeton und einem feinmaschigen Bewehrungsgitter aus Stahl. Dadurch verformt sich dieser Beton lediglich, er fliegt nicht auseinander.
Das hat einen ganz entscheidenden Vorteil: „Bei Detonationen ist für den Menschen im größeren Abstand zum Detonationsort weniger die Druckwelle gefährlich. Darauf ist unser Körper ganz gut eingestellt. Gefährlicher sind herumfliegende Trümmerteile“, erklärt Dr. Alexander Stolz aus der Abteilung Sicherheitstechnologie und Baulicher Schutz am Standort Efringen-Kirchen des EMI.
Genau das passiert mit herkömmlichem Stahlbeton, wenn dieser von der Druckwelle einer Explosion erfasst wird: Der Beton ist so spröde, dass einzelne, zum Teil richtig große Trümmer, herausgerissen werden und vollkommen unkontrolliert durch die Luft fliegen und auch für vom Detonationsort entfernt stehende Personen zur tödlichen Gefahr werden.
Autobombe erzeugt Druck von mehreren tausend Megapascal
Es sind gigantische Kräfte, die bei Explosionen oder gar Erdbeben entstehen. So machen sich in der Nähe einer durchschnittlichen Autobombe Spannungen im Bereich von mehreren Tausend Megapascal bemerkbar, weiter entfernt können immer noch mehrere Hundert Kilopascal an Druckbelastung entstehen. Ein gut aufgepumpter Fahrradreifen liefert einen Luftdruck von 300 Kilopascal, das entspricht einem dreifachen Atmosphärendruck oder ganz banal drei Bar.
Der neue Beton wurde in aufwendigen Versuchsreihen mit einer neuen Stoßrohranlage am EMI-Standort Efringen-Kirchen getestet. „Wir können hier Explosionen unterschiedlicher Sprengkraft simulieren – von 100 bis 2500 Kilogramm TNT in Abständen von 35 bis 50 Metern vor Gebäuden“, erklärt Stolz. Das Prinzip dieses Stoßrohrs: Es besteht aus einem Kompressions- und einem Expansionsteil, die durch eine feste Stahlmembran getrennt sind. Im Kompressionsteil können die Explosionsforscher den Druck auf den 30-fachen Atmosphärendruck erhöhen.
„Es gab keine Trümmerteile“
Stimmt der Druck, stechen die Wissenschaftler die Stahlmembran an. Als Folge entweicht die komprimierte Luft schlagartig. Sie läuft dann durch das Expansionsteil hindurch und trifft wuchtig als ebene Stoßfront auf das zu prüfende Betonelement, das die Forscher am Ende des Stoßrohrs befestigt haben. „Bei herkömmlichem Beton riss das Rohr Teile heraus und die Wand versagte nahezu schlagartig“, schildert Stolz. „Bei der duktilen, also der dehnbaren Variante hat sich der Beton lediglich verformt. Es gab keine Trümmerteile, der Baustoff blieb in sich geschlossen.“
Der neue Beton ist zwar wesentlich filigraner, aber gleichzeitig sehr viel fester als gewöhnlicher Stahlbeton. So sind dünnere Bauteile möglich. „Als Faustformel gilt: selbe Festigkeit bei halber Dicke“, erklärt Stolz.
„Jetzt können wir einen allgemeingültigen Algorithmus nutzen“
Ein sehr wichtiger Nebenaspekt all der Sprengungen ohne Sprengstoff: Die Wissenschaftler haben den neuen Werkstoff charakterisiert, sie haben Kennlinien zu dessen Bemessung errechnet. Dabei haben sie eine mathematische Formel ermittelt, mit deren Hilfe sich die für jede gewünschte Anforderung nötige Dicke des neuen Betons berechnen lässt. Bisher war so etwas eine Sache von Erfahrung. „Jetzt können wir einen allgemeingültigen Algorithmus nutzen“, erklärt Stolz.
Die Kombination macht es nun aus: Die Kombination aus dem sehr hohen Tragepotenzial des neuen Werkstoffs, der allgemeingültige Algorithmus und auch die genaue Kenntnis über die Belastungsgrenzen des Materials und Explosionsbelastung ermöglichten den Einsatz des Sicherheitsbetons beim neuen One World Trade Center in New York. „Mit Hilfe unserer Formel kann nun die Dicke des Betons exakt für die Sicherheitsanforderung eines solchen speziellen Gebäudes errechnet werden“, sagt Alexander Stolz.
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