Technikversagen 19.04.2025, 12:00 Uhr

15 schlimme Brückeneinstürze und ihre Lehren daraus

Wir schauen uns 15 Brückeneinstürze der vergangenen 100 Jahre an und welche Lehren für die Ingenieurpraxis gezogen wurden.

Eingestürzte Morandi-Brücke in Genua

Eingestürzte Morandi-Brücke in Genua. Hier war ein schweres Unwetter Ursache des Einsturzes.

Foto: PantherMedia / izanbar

Brücken sind derzeit ein großes Thema in Deutschland. In Dresden ist im Jahr 2024 die Carolabrücke teilweise eingestürzt. Es herrscht ein riesiger Sanierungsstau, allein 14.000 Brückenbauwerke in Bundeseigentum sind sanierungsbedürftig. In diesem Beitrag beleuchten wir 15 der schwerwiegendsten Brückeneinstürze und analysieren die technischen Ursachen.

Firth-of-Tay-Brücke (Schottland, 1879)

Die erste Katastrophe der Eisenbahngeschichte im großen Maßstab ereignete sich am 28. Dezember 1879 in Schottland. Während eines schweren Sturms stürzte ein mittlerer Abschnitt der Firth-of-Tay-Brücke ein, just in dem Moment, als ein Zug die Brücke überquerte. Alle 75 Passagiere und Besatzungsmitglieder kamen ums Leben.

Technisch gesehen war das Unglück ein Resultat aus mehreren Faktoren: Konstruktionsmängel, fehlerhafte Materialwahl, und ein Versagen der Verbindungselemente unter starkem Seitenwind. Die genieteten Gusseisenkonstruktionen, kombiniert mit zu schwachen Querträgern, konnten den auftretenden Windlasten nicht standhalten. Zudem hatte der Brückenbauleiter Sir Thomas Bouch die Stabilität der Pfeiler und das Verhalten der Struktur bei Extremwetter massiv unterschätzt.

Stellenangebote im Bereich Bauwesen

Bauwesen Jobs
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Bauingenieur (w/m/d) als Bauwerksprüfer Die Autobahn GmbH des Bundes
Bayreuth Zum Job 
Kölner Verkehrs-Betriebe AG-Firmenlogo
Bauleitung Fahrweg Gleisoberbau Kölner Verkehrs-Betriebe AG
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Bauingenieur als Bauwerksprüfer (m/w/d) Die Autobahn GmbH des Bundes
Darmstadt Zum Job 
TenneT-Firmenlogo
Teilprojektleiter Bau (m/w/d) TenneT
Bayreuth Zum Job 
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Ingenieur Straßenbaubehörde (m/w/d) Die Autobahn GmbH des Bundes
Hamburg Zum Job 
Hamburger Wasserwerke GmbH-Firmenlogo
Ingenieur (m/w/d) Claim Management Hamburger Wasserwerke GmbH
Hamburg Zum Job 
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Bauüberwachungsingenieur (w/m/d) Die Autobahn GmbH des Bundes
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Bauingenieur (w/m/d) für die Projektleitung von Lärmschutz- und Brückenbauwerken Die Autobahn GmbH des Bundes
Nürnberg Zum Job 
GEWOBA Nord Baugenossenschaft eG-Firmenlogo
Bau- und Projektleiter (m/w/d) GEWOBA Nord Baugenossenschaft eG
Schleswig Zum Job 
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
BIM-Managerin oder BIM-Manager (w/m/d) Die Autobahn GmbH des Bundes
Hannover Zum Job 
Bezirksamt Pankow von Berlin-Firmenlogo
Gruppenleitung (m/w/d) der Gruppe Bau und stellvertretende Fachbereichsleitung im Fachbereich Hochbau Bezirksamt Pankow von Berlin
Staatliche Gewerbeaufsicht Niedersachsen-Firmenlogo
Ingenieur / Naturwissenschaftler (m/w/d) für den Einsatz im Arbeitsschutz / Umweltschutz / Verbraucherschutz (Bachelor of Science / Bachelor of Engineering / Diplom / FH) Staatliche Gewerbeaufsicht Niedersachsen
verschiedene Standorte Zum Job 
Staatliche Gewerbeaufsicht Niedersachsen-Firmenlogo
Ingenieur / Naturwissenschaftler (m/w/d) für den Einsatz im Arbeitsschutz / Umweltschutz / Verbraucherschutz (Master, Diplom Uni) Staatliche Gewerbeaufsicht Niedersachsen
verschiedene Standorte Zum Job 
Reif Bauunternehmung GmbH & Co. KG-Firmenlogo
Projektleiter (m/w/d) im Tief- und Straßenbau Reif Bauunternehmung GmbH & Co. KG
Mannheim Zum Job 
Stadtwerke Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main mbH-Firmenlogo
Bauingenieur:in konstruktiver Ingenieurbau (d/m/w) Stadtwerke Verkehrsgesellschaft Frankfurt am Main mbH
Frankfurt am Main Zum Job 
Stadtwerke München GmbH-Firmenlogo
Vertragsmanager*in Großprojekte Mobilität (m/w/d) Stadtwerke München GmbH
München Zum Job 
Grotemeier Ingenieure-Firmenlogo
Bauingenieur / Tragwerksplaner / Statiker (m/w/d) Grotemeier Ingenieure
Bielefeld Zum Job 
TenneT TSO GmbH-Firmenlogo
Teilprojektleiter Tiefbau im Infrastrukturprojekt (m/w/d) TenneT TSO GmbH
Bayreuth Zum Job 
Die Autobahn GmbH des Bundes Niederlassung Nord-Firmenlogo
Abteilungsleiter Betrieb und Verkehr (m/w/d) Die Autobahn GmbH des Bundes Niederlassung Nord
Lüneburg Zum Job 
EMSCHERGENOSSENSCHAFT und LIPPEVERBAND-Firmenlogo
Gruppenleiter*in Elektrotechnik (m/w/d) EMSCHERGENOSSENSCHAFT und LIPPEVERBAND
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Bauingenieur (w/m/d) als Bauwerksprüfer Die Autobahn GmbH des Bundes
Bayreuth Zum Job 
Kölner Verkehrs-Betriebe AG-Firmenlogo
Bauleitung Fahrweg Gleisoberbau Kölner Verkehrs-Betriebe AG
Die Autobahn GmbH des Bundes-Firmenlogo
Bauingenieur als Bauwerksprüfer (m/w/d) Die Autobahn GmbH des Bundes
Darmstadt Zum Job 
TenneT-Firmenlogo
Teilprojektleiter Bau (m/w/d) TenneT
Bayreuth Zum Job 
Lehre für die Ingenieurpraxis:
Der Einsturz der Firth-of-Tay-Brücke führte zu einem Paradigmenwechsel im Brückenbau. Seither gelten Windlasten – insbesondere bei Eisenbahnbrücken – als zentrale Entwurfsgröße. Außerdem rückte die Qualitätssicherung bei der Materialauswahl, der Ausführung und der statischen Berechnung stärker in den Fokus. Der Fall zeigt eindrücklich, wie essenziell es ist, äußere Einwirkungen realistisch zu modellieren und mit ausreichenden Sicherheitsreserven zu kalkulieren.

Québec-Brücke (Kanada, 1907 & 1916)

Die Québec-Brücke gilt als eines der tragischsten Kapitel in der Geschichte des Brückenbaus – und als Lehrstück für die Notwendigkeit von interdisziplinärer Zusammenarbeit. Zwei schwere Unglücke ereigneten sich während ihrer Bauzeit: Beim ersten Einsturz am 29. August 1907 stürzte der südliche Ausleger der im Bau befindlichen Brücke in den Sankt-Lorenz-Strom. 75 Arbeiter kamen ums Leben. Neun Jahre später, 1916, brach beim zweiten Bauversuch ein 5.000 Tonnen schwerer Mittelteil beim Einheben ab und forderte 13 weitere Todesopfer.

Die Ursache der ersten Katastrophe lag in einer massiven Fehlkalkulation der Traglasten: Das Eigengewicht der Konstruktion war erheblich unterschätzt worden, und eine drohende Überlastung wurde zu spät erkannt. Zudem gab es gravierende Kommunikationsprobleme zwischen dem Bauherrn, dem Chefingenieur und den Planern. Kritische Hinweise von Baustelleningenieuren wurden ignoriert oder unzureichend weitergegeben. Der zweite Einsturz war auf einen Versagenspunkt im Hebemechanismus zurückzuführen – ebenfalls ein Planungsfehler, der auf mangelnde Abstimmung zurückgeht.

Lehre für die Ingenieurpraxis:
Die Québec-Brücke offenbarte, wie fatal eine Kombination aus Selbstüberschätzung, mangelnder Kontrolle und schlechter Kommunikation sein kann. In der Folge wurde die Einführung unabhängiger Prüfstatiken bei Großprojekten zur Regel. Interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Statikern, Bauingenieuren und Projektverantwortlichen sowie transparente Kommunikationswege gelten seither als unverzichtbare Säulen eines erfolgreichen Brückenbaus.

Tacoma-Narrows-Brücke (USA, 1940)

Am 7. November 1940 stürzte die Tacoma-Narrows-Brücke in Washington nur vier Monate nach ihrer Eröffnung spektakulär in den Puget Sound. Der Einsturz wurde durch eine aeroelastische Instabilität ausgelöst – ein Phänomen, das zu diesem Zeitpunkt noch wenig erforscht war. Die schlanke und flexible Hängebrücke geriet bei relativ moderaten Windgeschwindigkeiten in heftige Torsionsschwingungen, die sich selbst verstärkten, bis die Struktur schließlich versagte.

Die Ursache lag in der unzureichenden Berücksichtigung aerodynamischer Effekte und Eigenfrequenzen im Entwurf. Die Brücke hatte ein vergleichsweise schmales Profil und war nicht ausreichend gegen dynamische Windlasten stabilisiert. Die daraus resultierenden Schwingungen führten zu einer massiven Torsion, die das Tragwerk innerhalb kürzester Zeit zerstörte.

Lehre für die Ingenieurpraxis:
Der Fall der Tacoma-Narrows-Brücke gilt bis heute als Wendepunkt in der Brückenbaugeschichte. Er führte zur Entwicklung moderner Windkanaltests und zur systematischen Einbindung aerodynamischer Berechnungen in die Planung großer Brückenkonstruktionen. Seitdem gehört die Analyse aeroelastischer Effekte zum Standardrepertoire im Brückenbau – insbesondere bei Hänge- und Schrägseilbrücken mit langen Spannweiten.

Silver Bridge (USA, 1967)

Am 15. Dezember 1967 brach die Silver Bridge über den Ohio River zwischen West Virginia und Ohio während des Feierabendverkehrs zusammen. Innerhalb weniger Sekunden stürzte das gesamte Bauwerk ein und riss 46 Menschen in den Tod. Der Unfall war ein Weckruf für die amerikanische Infrastruktur – und ein Wendepunkt in der Brückeninspektion.

Die Silver Bridge war 1928 gebaut worden und bestand aus einer Hängekonstruktion mit sogenannten „Augenstäben“. Einer dieser Stäbe – ein kritisches Verbindungsglied – wies eine mikroskopisch kleine Materialunregelmäßigkeit auf, die im Laufe der Jahre zu einem Spannungsriss führte. Die Versagensstelle war nur 2,5 Millimeter groß, konnte jedoch aufgrund der Bauweise visuell nicht inspiziert werden. Es kam zum katastrophalen Bruch des Bauteils, woraufhin die gesamte Konstruktion – ohne Redundanz – einstürzte.

Lehre für die Ingenieurpraxis:
Der Einsturz der Silver Bridge war ein Schlüsselmoment für die Entwicklung moderner Brückeninspektionsprogramme. In der Folge wurde in den USA ein nationales Inspektionssystem eingeführt, das regelmäßige, standardisierte Prüfungen aller Brücken fordert. Der Fall zeigt auch die Gefahren nicht-redundanter Tragwerke und verdeutlicht die Notwendigkeit zerstörungsfreier Prüfmethoden sowie einer vorausschauenden Instandhaltung bei alternder Infrastruktur.

West Gate Bridge (Australien, 1970)

Am 15. Oktober 1970 stürzte ein 112 Meter langes Segment der im Bau befindlichen West Gate Bridge in Melbourne während Montagearbeiten ab. 35 Bauarbeiter kamen dabei ums Leben – bis heute einer der schwersten Arbeitsunfälle in der Geschichte Australiens. Die Brücke sollte mit über 2,5 Kilometern Länge das industrielle Herz der Stadt mit den westlichen Vororten verbinden. Doch Planungs- und Kommunikationsmängel führten zur Katastrophe.

Der technische Hintergrund: Während des Hängens eines Stahlkastensegments wurden Gewichte zur Stabilisierung entfernt, um eine Durchbiegung auszugleichen. Diese Maßnahme wurde jedoch nicht mit den Statikern abgestimmt. Durch das asymmetrische Heben und das plötzliche Entlasten geriet das Segment in Instabilität – es kippte und riss mehrere andere Bauteile mit sich. Die Brücke war zu diesem Zeitpunkt noch nicht komplett verbunden, was die Stabilität zusätzlich verringerte.

Lehre für die Ingenieurpraxis:
Der Einsturz der West Gate Bridge verdeutlichte eindrücklich, wie wichtig eine vollständige Analyse aller Bauzustände ist – nicht nur im Endzustand der Konstruktion. Darüber hinaus zeigte sich, wie gefährlich unkoordinierte Eingriffe in tragende Systeme während der Bauausführung sein können. Seitdem gilt: Bauabläufe müssen statisch überprüft und laufend überwacht werden, und Kommunikationswege zwischen Baustelle und Planungsteam müssen klar geregelt sein.

Reichsbrücke (Wien, 1976)

Am 1. August 1976 versagte die Reichsbrücke in Wien plötzlich und stürzte auf einer Länge von über 190 Metern in die Donau. Zum Glück geschah das Unglück in den frühen Morgenstunden, sodass es keine Todesopfer gab – dennoch war der Vorfall ein schwerer Schock für die österreichische Hauptstadt. Die 1937 fertiggestellte Stahlbetonbrücke verband den zweiten mit dem 22. Wiener Gemeindebezirk und war eine zentrale Verkehrsader über die Donau.

Die Ursache des Einsturzes lag in der fortgeschrittenen Materialermüdung von Lager- und Tragelementen. Über Jahrzehnte hinweg waren diese Bauteile – insbesondere die Stahllager – durch Dauerbelastung geschwächt worden. Risse bildeten sich unbemerkt. Die Brücke war zwar regelmäßig begutachtet worden, doch die Kontrollen hatten den schleichenden Schaden nicht erkannt. Der Einsturz geschah ohne jede Vorwarnung – eine typische Folge von Ermüdungsversagen.

Lehre für die Ingenieurpraxis:
Die Reichsbrücke zeigte eindringlich, dass Alterung und Materialermüdung von Tragwerken unterschätzt werden können – insbesondere bei Brücken, die in einem Zeitalter gebaut wurden, in dem moderne Prüfverfahren noch nicht existierten. Der Fall führte in Österreich zu einer grundsätzlichen Überprüfung der Brückeninfrastruktur und zur Entwicklung moderner Inspektionsprogramme mit engeren Intervallen und besserer Dokumentation. Für heutige Ingenieure ist klar: Inspektion allein genügt nicht – sie muss systematisch, datenbasiert und regelmäßig erfolgen.

Mianus River Bridge (USA, 1983)

In den frühen Morgenstunden des 28. Juni 1983 stürzte ein 30 Meter langes Teilstück der Mianus River Bridge in Connecticut plötzlich ein. Drei Menschen starben, mehrere wurden verletzt. Die Brücke war Teil der stark befahrenen Interstate 95 – einer der wichtigsten Verkehrsachsen der US-Ostküste. Der Einsturz kam scheinbar ohne Vorwarnung, doch die Ursache lag tief im Inneren der Tragstruktur.

Technisch gesehen war das Versagen auf die Korrosion eines tragenden Verbindungselements zurückzuführen – eines sogenannten „Pin and Hanger“-Gelenks, das zwei Brückensegmente miteinander verband. Durch den fortschreitenden Rost hatte sich ein Haltebolzen gelöst, wodurch das angrenzende Segment ungehindert abstürzen konnte. Zwar waren regelmäßige Inspektionen vorgesehen, doch die schwer einsehbare Position des Bauteils und unzureichende Prüfmethoden führten dazu, dass der kritische Schaden unentdeckt blieb.

Lehre für die Ingenieurpraxis:
Die Mianus-River-Katastrophe machte deutlich, wie wichtig es ist, schwer zugängliche oder verdeckte Bauteile in Inspektionskonzepte einzubeziehen. Der Vorfall trug dazu bei, moderne Zustandsüberwachungssysteme („Structural Health Monitoring“) zu etablieren und digitale Inspektionen mit Sensorik und Datenanalyse einzuführen. Außerdem zeigte sich: Redundanz in der Tragstruktur ist ein entscheidender Sicherheitsfaktor, um den plötzlichen Ausfall einzelner Komponenten abzufangen.

Big Bayou Canot (USA, 1993)

Am frühen Morgen des 22. September 1993 entgleiste ein Amtrak-Passagierzug in Alabama, als er eine Eisenbahnbrücke über den Big Bayou Canot überquerte. Die Lokomotive und mehrere Waggons stürzten in das Gewässer, wobei 47 Menschen starben und über 100 verletzt wurden. Es war der bis dahin schwerste Eisenbahnunfall in der Geschichte der Vereinigten Staaten.

Die Ursache war nicht ein strukturelles Versagen im klassischen Sinne, sondern eine Verkettung technischer und organisatorischer Schwächen: Ein Schleppkahn, der auf dem Bayou unterwegs war, kollidierte in dichtem Nebel mit einem Brückenpfeiler – der Schiffsführer hatte keine Erfahrung mit Radar und war von der vorgesehenen Route abgekommen. Die Brücke verschob sich durch den Aufprall um mehrere Zentimeter. Obwohl die Brückenkonstruktion selbst nicht einstürzte, sorgte die Verlagerung der Gleise für die Entgleisung des nachfolgenden Zuges mit katastrophalen Folgen.

Lehre für die Ingenieurpraxis:
Der Unfall am Big Bayou Canot zeigt, wie wichtig es ist, auch externe Risiken wie Schiffsverkehr in die Sicherheitskonzepte von Brücken zu integrieren – insbesondere bei Bauwerken über Wasserstraßen. Der Vorfall führte zur Überarbeitung der Navigationshilfen für Binnenschiffe sowie zur Entwicklung sensorgestützter Frühwarnsysteme, die Bewegungen oder Erschütterungen an Brückenpfeilern erkennen und sofort melden. Die Kombination aus Verkehrswegen – Wasser, Schiene, Straße – verlangt in Zukunft noch stärkere interdisziplinäre Risikoanalysen.

Seongsu-Brücke (Südkorea, 1994)

Am 21. Oktober 1994 brach ein 48 Meter langes Segment der Seongsu-Brücke über den Han-Fluss mitten im morgendlichen Berufsverkehr ein. Sieben Fahrzeuge stürzten in die Tiefe, 32 Menschen starben, viele weitere wurden verletzt. Der Einsturz der vielbefahrenen Straßenbrücke erschütterte die südkoreanische Öffentlichkeit und löste eine landesweite Überprüfung der Infrastruktur aus.

Die technische Ursache war ein Versagen der Verbindungsnähte an einem tragenden Querträger. Bei späteren Untersuchungen stellte sich heraus, dass die Schweißnähte nicht fachgerecht ausgeführt worden waren. Zudem wurde billiges Material verwendet, das nicht den geforderten Spezifikationen entsprach. Ein weiterer Faktor: Trotz offensichtlicher Rissbildung waren keine Gegenmaßnahmen ergriffen worden – Warnzeichen wurden schlicht ignoriert.

Lehre für die Ingenieurpraxis:
Der Fall Seongsu zeigt, wie entscheidend eine lückenlose Qualitätssicherung in allen Phasen des Bauprojekts ist – von der Planung über die Materialprüfung bis zur Ausführung. Auch die Kontrolle von Nachunternehmern und die Qualifikation von Fachkräften spielen dabei eine zentrale Rolle. In Südkorea führte der Einsturz zur Einführung strengerer Normen und zu einem deutlich erhöhten staatlichen Überwachungsdruck bei Infrastrukturprojekten. Ingenieure weltweit erinnern sich: Mängel in der Bauausführung sind genauso gefährlich wie Planungsfehler – oft sogar noch tückischer.

Eschede (Deutschland, 1998)

Am 3. Juni 1998 ereignete sich nahe dem niedersächsischen Ort Eschede das schwerste Zugunglück in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland – mit direkter Beteiligung einer Brückenkonstruktion. Ein ICE 1 entgleiste bei Tempo 200, nachdem ein Radreifen des ersten Wagens gebrochen war. Der entgleiste Zug prallte gegen eine Straßenüberführung, die daraufhin einstürzte. 101 Menschen starben, über 100 wurden verletzt.

Die technische Hauptursache war das Versagen eines Radreifens, der als sogenannte „Radreifen-Verbundkonstruktion“ ausgeführt war. Diese Bauweise hatte sich bei Hochgeschwindigkeitszügen als problematisch erwiesen. Nach dem Bruch des Reifens drang ein Teil der beschädigten Komponente durch den Wagenboden und riss eine Weiche auf. Die Folge: Der Zug entgleiste und kollidierte mit einem Pfeiler der unmittelbar folgenden Brücke, die dadurch vollständig einstürzte und mehrere Waggons zerdrückte.

Lehre für die Ingenieurpraxis:
Der Fall Eschede steht beispielhaft für die Bedeutung ganzheitlicher Sicherheitskonzepte – insbesondere bei der Verzahnung von rollendem Material und Infrastruktur. Die Wartung von Hochgeschwindigkeitszügen wurde nach dem Unglück grundlegend überarbeitet, das Radreifen-Design verboten. Zudem rückten dynamische Überwachungssysteme, wie Achszähler, Weichenkontrolle und Gleisinspektion, stärker in den Fokus. Der Brückeneinsturz selbst war sekundär, zeigte jedoch: Auch Brücken müssen bei der Sicherheitsplanung von Bahnstrecken mit Hochgeschwindigkeit umfassend mitgedacht werden.

Talbrücke Schraudenbach (Deutschland, 2016)

Am 15. Juni 2016 kam es beim Neubau der Talbrücke Schraudenbach, einem Teilstück der A7 in Unterfranken, zu einem folgenschweren Unfall: Während des Querverschubs eines 70 Meter langen Betonüberbaus stürzte ein Brückenabschnitt ein. Dabei wurden 14 Arbeiter verletzt, ein Mann kam ums Leben. Der Brückeneinsturz ereignete sich nicht im fertigen Zustand, sondern mitten während der Bauausführung – ein tragisches Beispiel für die Bedeutung temporärer Bauzustände.

Die technische Ursache war ein Versagen der Hilfsunterstützung während des Querverschubs – also jenes Verfahrens, bei dem der Brückenüberbau von einem Widerlager zum anderen seitlich verschoben wird. In diesem Fall hatte man unzureichend berücksichtigte Horizontalkräfte und Spannungen im temporären Bauzustand nicht korrekt kalkuliert. Die resultierende Instabilität ließ das Bauteil kippen und versagen.

Lehre für die Ingenieurpraxis:
Die Schraudenbach-Katastrophe macht deutlich, dass Bauwerke nicht nur im Endzustand sicher sein müssen – auch jede Bauphase stellt eigene statische Anforderungen. Gerade beim Taktschieben, Einschieben oder Querverschub von Überbauten sind detaillierte Lastanalysen, Echtzeitüberwachung und eine kontinuierliche Prüfung von Montageelementen essenziell. Dieser Vorfall hat in Deutschland zu einer intensiven Debatte über Bauüberwachung, temporäre Zustände und Schnittstellen zwischen Planung und Ausführung geführt.

Morandi-Brücke (Italien, 2018)

Am 14. August 2018 stürzte ein rund 200 Meter langer Abschnitt der Morandi-Brücke in Genua während eines schweren Unwetters ein. 43 Menschen verloren ihr Leben, zahlreiche Fahrzeuge wurden mit in die Tiefe gerissen. Der Einsturz dieses bedeutenden Autobahnviadukts, der Teil der A10 war, erschütterte Italien – auch, weil die Warnungen vor einem möglichen Versagen des Bauwerks jahrelang ignoriert worden waren.

Die Morandi-Brücke, benannt nach ihrem Erbauer Riccardo Morandi, wurde in den 1960er-Jahren als innovative Schrägseilbrücke mit Spannbeton-Elementen errichtet. Technisch besonders war der Einsatz vorgespannter Stahlseile, die in Beton eingegossen waren – was Inspektionen im Inneren nahezu unmöglich machte. Über Jahrzehnte hinweg wurden Schäden dokumentiert: Spannungsrisse, Korrosionserscheinungen und abplatzender Beton. Der tragende Pfeiler Nummer 9 wies massive Chloridkorrosion in den Spannseilen auf, was schließlich zum Versagen der Tragstruktur führte.

Lehre für die Ingenieurpraxis:
Die Katastrophe von Genua steht sinnbildlich für die Herausforderungen beim Umgang mit alternder Infrastruktur. Unsichtbare Schäden, wie innere Korrosion in Spannbetonbauteilen, erfordern neue Prüfmethoden, wie Radar-, Ultraschall- oder Faseroptik-Monitoring. Der Fall zeigte auch, wie gefährlich politische und wirtschaftliche Verzögerungen bei der Sanierung kritischer Infrastruktur sein können. Für Ingenieure gilt seither: Wenn Bauwerke mit unzugänglichen tragenden Elementen altern, muss mit probabilistischen Modellen gearbeitet und vorbeugend verstärkt werden – nicht erst nach dem sichtbaren Verfall.

FIU-Fußgängerbrücke (USA, 2018)

Am 15. März 2018 stürzte eine noch nicht freigegebene Fußgängerbrücke auf der Florida International University (FIU) in Miami während der Bauarbeiten ein. Sechs Menschen kamen ums Leben, als das 950 Tonnen schwere Tragwerk auf die darunterliegende Straße krachte und mehrere Fahrzeuge unter sich begrub. Die Brücke war erst wenige Tage zuvor als Fertigteilkonstruktion über die Straße geschoben worden.

Die Konstruktion basierte auf einem innovativen Design mit schrägen Betonstreben und einem obenliegenden Hohlkastenträger, der auch als Gehweg fungieren sollte. Die Ursache des Einsturzes lag im Versagen eines diagonalen Betonstützelements und der Verbindung zur Deckplatte. Erste Risse waren bereits Tage zuvor entdeckt worden, galten jedoch als unbedenklich. Fatal: Noch während Maßnahmen zur Nachspannung einer Verbindung durchgeführt wurden, blieb die Straße unterhalb geöffnet. Die kritische Schädigung führte schließlich zum plötzlichen Versagen des gesamten Systems.

Lehre für die Ingenieurpraxis:
Der Fall FIU zeigt eindrucksvoll, dass neue Baumethoden – in diesem Fall „Accelerated Bridge Construction“ (ABC) – besondere Aufmerksamkeit bei Planung, statischer Auslegung und Bauüberwachung erfordern. Beschleunigter Bau darf nicht auf Kosten der Sicherheit gehen. Zudem unterstreicht der Einsturz, wie entscheidend eine saubere Risikobewertung in jeder Bauphase ist – insbesondere, wenn Schäden wie Risse auftreten. Frühzeitige Warnzeichen müssen ernst genommen und systematisch bewertet werden, bevor Maßnahmen getroffen oder Arbeiten fortgesetzt werden.

Chirajara-Brücke (Kolumbien, 2018)

Am 15. Januar 2018 stürzte während der Bauphase ein Pylon der Chirajara-Brücke in den kolumbianischen Anden ein – mitsamt einem Großteil des bereits errichteten Brückendecks. Neun Arbeiter verloren bei dem Unglück ihr Leben. Die Brücke sollte Teil einer neuen Schnellstraße zwischen Bogotá und Villavicencio werden und war als Schrägseilbrücke mit zwei großen Pylonen geplant, von denen nur einer fertiggestellt war, als die Katastrophe geschah.

Die technische Ursache: Der Zusammenbruch erfolgte infolge eines strukturellen Versagens im Pylon. Eine unabhängige Untersuchung ergab, dass eine ungünstige Kräfteverteilung und mangelhafte Detailausbildung im Bereich des Knotenpunkts – also dort, wo sich verschiedene Spann- und Druckkräfte konzentrieren – zu einer schleichenden Schwächung führten. Der verwendete Stahlbeton war qualitativ zwar ausreichend, konnte die nicht vorhergesehenen Schubkräfte an dieser kritischen Stelle jedoch nicht dauerhaft aufnehmen.

Lehre für die Ingenieurpraxis:
Die Chirajara-Katastrophe verdeutlicht die zentrale Bedeutung der Knotenpunkte in komplexen Brückenkonstruktionen. Insbesondere bei vorgespannter Infrastruktur müssen Lastverläufe exakt vorhergesagt und lokale Spannungskonzentrationen erkannt und entschärft werden. Der Fall zeigt auch, wie wichtig es ist, Bauzustände nicht nur in der Endgeometrie zu betrachten, sondern auch bei Zwischenphasen auf Stabilität, Redundanz und Qualitätssicherung zu achten – insbesondere bei asymmetrischem Baufortschritt.

Francis Scott Key Bridge (USA, 2024)

Am 26. März 2024 kollidierte das Containerschiff „Dali“ mit einem Pfeiler der Francis Scott Key Bridge in Baltimore. Innerhalb von Sekunden stürzte ein großer Abschnitt der Brücke ein – direkt vor den Augen von Rettungskräften und der Öffentlichkeit. Mehrere Menschen kamen ums Leben, Fahrzeuge und Brückenteile wurden in den Patapsco River gerissen. Die Brücke war eine der wichtigsten Verkehrsverbindungen der Stadt und Teil des Beltway-Rings um Baltimore.

Der Grund für den Einsturz war kein Konstruktionsfehler im engeren Sinne, sondern eine unzureichende Absicherung gegen extreme äußere Einwirkungen. Der Brückenpfeiler, der durch das Schiff gerammt wurde, war nicht durch Schutzstrukturen („Fenderanlagen“ oder „Schiffsschutzbauwerke“) gesichert, wie es bei moderneren Brücken häufig der Fall ist. Obwohl das Schiff einen technischen Defekt hatte und die Crew versuchte, das Manöver abzufangen, reichten die vorhandenen Maßnahmen nicht aus, um die Kollision zu verhindern oder die Brücke zu schützen.

Lehre für die Ingenieurpraxis:
Der Einsturz der Key Bridge rückt das Thema Kollisionssicherheit in den Fokus – besonders an verkehrsreichen Wasserstraßen. Ingenieure müssen bei der Planung von Brücken über schiffbare Gewässer mögliche Extremereignisse wie Schiffskollisionen, Strömungseinwirkungen oder Havarien mitdenken. Der Fall zeigt zudem, dass bestehende Brücken durch nachträgliche Schutzbauwerke ertüchtigt werden sollten – insbesondere, wenn sich Verkehrsaufkommen oder Schiffsgrößen im Laufe der Jahre verändert haben.

Hier finden Sie eine ausführliche Liste von Brückeneinstürzen der Geschichte

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

Themen im Artikel

Zu unseren Newslettern anmelden

Das Wichtigste immer im Blick: Mit unseren beiden Newslettern verpassen Sie keine News mehr aus der schönen neuen Technikwelt und erhalten Karrieretipps rund um Jobsuche & Bewerbung. Sie begeistert ein Thema mehr als das andere? Dann wählen Sie einfach Ihren kostenfreien Favoriten.