Düsseldorfer U-Bahn wurde durch vereisten Boden gebohrt
Das war kein leichtes Stück Arbeit: 3,4 km U-Bahn bauen quer unter der Düsseldorfer City. Wenn am Wochenende die ersten Bahnen fahren, sind neun Jahre voller Herausforderungen vorbei. Eine 1300 t schwere Bohrmaschine fräste sich durch den vereisten Untergrund, das vom Rhein unter Druck stehende Grundwasser musste in Schach gehalten werden.
Das Ziel der meisten Düsseldorfer wird am Wochenende unter der Erde liegen. 3,4 km lang ist die neue Wehrhahn-Linie, davon knapp 2,3 km unterirdisch mit sechs U-Bahnhöfen und zwei oberirdischen Haltestellen. Erstaunlich: Die Ingenieure haben es geschafft, das Großprojekt fast pünktlich zu übergeben.
Ende 2007 entschied die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt, diesneue U-Bahn-Strecke zu bauen. Für die beteiligten Ingenieurunternehmen war dieser U-Bahn-Bau kein Tagesgeschäft. Zahlreiche technische Herausforderungen galt es zu meistern. So sind die Platzverhältnisse in der Düsseldorfer Innenstadt extrem eng, es herrscht wegen der Nähe zum Rhein ein hoher Grundwasserstand. Und die historischen Gebäude sind ausgesprochen empfindlich und mussten gegen Erschütterungen geschützt werden.
Teilstück am Kaufhof war besonders schwierig
Vor allem aber mussten die Tunnelröhren den Kaufhof an der Königsallee passieren. Dieses imposante Gebäude mit seiner denkmalgeschützten Jugendstil-Außenfassade ist über 100 Jahre alt und entsprechend gefährdet, wenn darunter ein Tunnel gebohrt wird.
Das war eine Aufgabe für die Tunnelbohrspezialisten von Herrenknecht, die sich auch schon beim Bohren des neuen Gotthardtunnels bewährt haben. Die Bohrmaschine mit dem netten Namen Tuborine – immerhin fast 10 m im Durchmesser und 1300 t schwer – fraß sich durch den Untergrund. Jeden Tag 10 bis 15 m, erst 2,3 km in die eine Richtung, dann zurück in Gegenrichtung.
Der gerne eingesetzte Schildvortrieb kam am hochsensiblen Kaufhof-Abschnitt mitten in der Innenstadt aber nicht in Frage. Die kaum zu vermeidenden Erschütterungen hätten zu Setzungen und somit zur Beeinträchtigung der Gebäudestatik führen können. „Dieses Teilstück hat uns vor besondere Herausforderungen gestellt“, erklärt Dipl.-Ing. Ulrich Pöggeler, Geschäftsführer von ZETCON Ingenieure, die für die komplette Bauoberleitung und Bauüberwachung des Tunnel-Rohbaus und -Ausbaus verantwortlich waren.
Der Boden unter der Düsseldorfer Innenstadt wurde vereist
Die Ingenieure sind an dieser Stelle fast so vorgegangen, wie es an der Ruine des Atomreaktors in Fukushimas geschah. Dort wurde der Boden vereist, um eine Grundwasser-Barriere zu errichten. In Fukushima soll dadurch verhindert werden, dass kontaminiertes Wasser in den Pazifik strömt.
Auch in Düsseldorf wurde unter dem Kaufhof der komplette Boden eingefroren, um das Gebäude gegen Grundwasser abzudichten und den Boden zu stabilisieren.
Allein diese Boden-Vereisung dauerte rund 60 Tage. In diesen Eispanzer wurde dann in bergmännischer Weise innerhalb eines Jahres in 22 m Tiefe ein Tunnel von rund 75 m Länge gebaut. Dafür kamen große Hydraulikbagger mit so genannten Fräsbohrern zum Einsatz, die den Boden in mehreren Abschnitten innerhalb des Eiskörpers gelöst haben.
Hochpräzises Kontrollsystem an der Fassade
500 Temperaturfühler kontrollierten während dieser Bauphase die Eisschicht kontinuierlich, um sicherzustellen, dass diese nicht taut. Der Eispanzer mit einer Dicke von 2,5 m hielt insgesamt zwei Jahre. Dazu kam ein hochpräzises Kontrollsystem mit über 150 Einzelsensoren sowie Prismen an der Außenfassade des Kaufhofs zum Einsatz, die schon geringste Bewegungen der Bausubstanz erfassten und online meldeten.
Genau an dieser Stelle entstehen auch die tiefsten Bahnsteige am Knotenpunkt Heinrich-Heine-Allee. Unter dem bereits bestehenden Bahnhof ist ein Zugang zur Wehrhahn-Linie entstanden. Dieser neue U-Bahnhof und alle anderen Haltestellen wurden vom Darmstädter Designteam Netzwerkarchitekten gestaltet.
Daher folgen alle Bahnhöfe der Wehrhahn-Linie einem klaren Designkonzept. Dazu gehören markante Lichtschächte, die das natürliche Tageslicht bis zu den Bahnsteigen vordringen lassen, und eine dem Sicherheitsmuster des Reisepasses nachempfundene Gestaltung der Betonflächen.
Gesamtinvestitionen von 843 Millionen Euro
So ein Aufwand treibt natürlich die Kosten in die Höhe. „Ursprünglich sollte die Wehrhahn-Linie 650 Millionen Euro kosten, 2011 stiegen die Kosten auf 748 Millionen. Ende 2012 dann auf 782 Millionen Euro“, kritisiert Andrea Defeld vom Steuerzahlerbund NRW. Nun sind es 843 Millionen Euro Investitionskosten geworden.
Aber wenn man auf den Flughafen Berlin Brandenburg BER schaut, sind die Kostensteigerungen doch geradezu marginal. Und vollem: Die U-Bahn ist pünktlich. Ursprünglich sollte sie Ende 2015 anrollen. Jetzt ist es Februar. Das ist verzeihlich.
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