Ecocell-System: Schweizer baut Häuser aus Altpapier
Extrem leicht, industriell herstellbar und ökologisch soll die Bauweise sein, die sich der Schweizer Architekt Fredy Iseli hat patentieren lassen. Die ersten Ecocell-Häuser entstehen jetzt am Bodensee. Die Bauelemente bestehen aus Holz, Recycling-Papier und Zement.
Hohe Wärme- und Schalldämmung, extrem guter Brandschutz, sehr geringes Gewicht sowie nachhaltige und zugleich schnelle Produktion: Die Ecocell-Bauweise klingt nach dem Ei des Kolumbus. Die Eigenschaften des Baumaterials, das der Schweizer Architekt und Bauunternehmer Fredy Iseli entwickelt hat, scheinen den bisher üblichen weit überlegen zu sein. Zehnmal leichter als Beton, entspreche die Wärmedämmung der von Massivholz, zudem sei die Feuerbeständigkeit doppelt so hoch wie üblicherweise vom Gesetzgeber verlangt. Eine unabhängige Bewertung dieser Daten gibt es allerdings bisher nicht.
Dabei wirkt das Prinzip durchaus simpel. Im Kern beruht sie auf einer Wellpappe, deren Struktur an Bienenwaben erinnert. Die in Deutschland hergestellten, unbehandelten Roh-Waben erhalten in Iselis eigener Fabrik im schweizerischen Sulgen eine mineralische Beschichtung aus Zement. Entscheidend ist dabei, dass die Beschichtung gleichmäßig erfolgt und die Hohlräume in den Waben erhalten bleiben.
Mehrere Schichten Altpapier und Holz
Die fertigen Bauteile entstehen aus mehreren Schichten dieser Altpapier-Platten, die jeweils mit Holz beplankt werden – am Ende gibt es eine Art Sandwich. Einzelne Wand- und Deckenelemente werden schließlich beim Hausbau nach dem Prinzip Nut und Feder miteinander verbunden.
Zum allergrößten Teil bestehen die Konstruktionen also aus nachwachsenden beziehungsweise häufig recycelbaren Rohstoffen. Iseli hat eigens ein Werk errichten lassen, in dem die Bauteile bereits jetzt in industriellem Maßstab produziert werden.
Hohe statische Belastbarkeit
Iseli experimentiert seit vielen Jahren mit Papier als Baumaterial. Vor 35 Jahren gründete er sein Bauunternehmen, wenige Jahre später übernahm er zudem eine Verpackungsfirma, in der naturgemäß mit Kartonagen gearbeitet wurde.
Das geringe Gewicht der Bauteile von 230 kg pro Kubikmeter Raum soll eine schnelle Errichtung der Häuser ermöglichen – auch deshalb, weil große Maschinen kaum notwendig sind. In nur zwei Monaten will Iseli ein Einfamilienhaus entstehen lassen. Die Ecocell-Platten sollen dank ihrer Wabenkonstruktion dennoch extrem belastbar sein: 240 Tonnen pro Quadratmeter Fläche halten sie laut Iseli aus.
Mieter bekommen ein Elektroauto dazu
Ob die „Baurevolution“, von der der Architekt spricht, Wirklichkeit wird, hängt indes auch davon ab, wie viele Investoren sich von dem Konzept überzeugen lassen. Iseli will die Technik vorerst nur für eigene Bauprojekte nutzen: Die ersten Häuser entstehen gerade, bis zu 500 Wohneinheiten in der Nähe des Bodensees plant der Architekt in den nächsten fünf Jahren.
Alle Häuser sollen eine eigene Solaranlage erhalten und mindestens Passivhaus-Standard erfüllen, also nicht mehr Energie verbrauchen, als sie selbst erzeugen. Um das notwendige Geld einzusammeln, will das Unternehmen 160.000 Aktien zum Preis von je 185 Schweizer Franken (derzeit etwa 195 Euro) ausgeben. Alle Wohnungen sollen schließlich direkt vermietet werden – zu einem Preis, der die Nutzung eines Elektroautos einschließt.
Ein Beitrag von: